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Freitag, 27. Dezember 2019

Ein hoffnungsvolles Wort zum Zustand der Böden (1)

Kuh- und Hühnerweide in Utting/Ammersee
Der VdZ will nicht verhehlen, daß er aus dem Studium zahlreicher Schriften und Videos den Eindruck gewonnen hat, daß die Degradierung der Böden in hohem Maß ein Problem der "übrigen Welt" ist, weniger das der Landwirtschaft in unseren Ländern. Wenn er übers Land fährt staunt er immer wieder, wie häufig Techniken wie Dauerbedeckung durch Zwischensaaten bereits angewendet werden. 

Dies betrifft allerdings nur die Region südlich des Weißwurstäquators (Main). Die Ebenen des nördlichen Teiles unserer Länder sind mit Sicherheit (auch das kennt der VdZ aus eigener Anschauung) weit größerem Raubbau ausgesetzt, weil sie sich als Ebene für rücksichtslose Produktionsmethoden besser eignen.

In Österreich dürfte auch die Ausbildung auf den Landwirtschaftsschulen längst in diese Richtung weisen. Die Zeit der bloßen Mengenproduktion auf Teufel komm raus ist hier offenbar schon längst vorbei. Was sicher auch mit der im EU-Durchschnitt geringen Größe der Betriebe zu tun hat.

Hühner mit Stallwagen, der regelmäßig
den Platz mit den Kühen tauscht.
Zwar haben zum Beispiel  in Nieder-Österreich seit dem EU-Beitritt logischerweise gut ein Drittel der bäuerlichen Kleinbetriebe bereits das Handtuch geworfen (siehe dazu einen Artikel, den der VdZ 1995 für ein Monatsmagazin schrieb, das es heute nicht mehr gibt). Und das war als "Umstrukturierung" auch so gewollt und von Schreibtischfurzern über andere, hier über die Landwirte, verhängt.

Dennoch fällt der bemerkenswert hohe Anteil von kleineren Betrieben auf, die auf den Märkten der kleinen Ortschaften ihre Produkte anbieten, oder immer kundenfreundlicher ab Hof verkaufen. Der Beobachtung nach bekommt man heute in Österreichs Dörfern und (vor allem kleineren) Städten Lebensmittel in einer Qualität angeboten, die oft regelrecht überwältigt. Und das Gottseidank auch ohne Sonderlingsstatus, sondern als Ergebnis rundum vernünftigen, ökonomisch wie ökologisch sinnvollen Wirtschaftens. Den Sonderlingstypus, der oft mehr Ideologie verkauft statt sinnvolle Produkte, findet man zwar auch, aber eher in den Großstädten, dem Publikum entsprechend ...

Aber es macht wütend und resigniert, wenn man wie unlängst in Weitra, im nordwestlichen Waldviertel in Niederösterreich, einem kleinen Städtchen mit kaum 2.500 Einwohnern, sieht, daß es dort bis vor einigen Jahren noch fünf Fleischereien (Metzgereien) nur am oder rund um den Rathausplatz gab. Davon ist noch eine einzige übrig geblieben. Und auch die kämpft, wie die Inhaberin im Gespräch mit dem VdZ klagte. Denn die Supermärkte, die am Ortsrand entstanden sind, nehmen ihnen mit ihren Fleischtheken und Billigangeboten das Grundgeschäft weg. Es bleibt kaum noch eine Überlebenschance, denn nur mit Spezialitäten kann man nicht überleben, zumal immer weniger in den Haushalten selbst und raffiniert wie früher gekocht wird.

Nicht, daß es in den Großmärkten keine Qualität gebe. Fast muß man sagen: Leider, auch die gibt es dort mittlerweile, man hat enorm dazugelernt. Aber was die Supermärkte nicht erfüllen ist die eigentliche Basis der Wirtschaft - der symbiotische Raum, der Kunden wie Erzeuger und Händler zu einem Ganzen zusammenschließt, wo eine Hand die andere wäscht.

Gewiß, ohne Frage gibt es auch in Großmärkten eine Beziehungsebene. In den allermeisten Fällen erfüllen die Mitarbeiter diese Funktion. Aber es sind in Wahrheit große Lügen, die Kunden wie Mitarbeiter inszenieren, weil sie um den letzten Rest von Würde und Lebensfreude kämpfen. Das Menschliche wird hier zum technischen Nutzen ausgebeutet, und das ist in Wahrheit schändlich. So soll eine verbindliche Beziehungsdynamik vorgetäuscht werden, die in Wahrheit nicht existiert. Kein Kunde wird Einfluß nehmen können, ob die Menschen im Markt vor der Stadt angestellt oder entlassen werden, und den Gesamtnutzen zieht eine anonyme Investorengruppe, keine Unternehmerpersönlichkeit, die selbst in verbindlicher Beziehung zum Kunden steht, so daß beide Teile in einem Risiko stehen, das das einzige Ferment echter Verwurzelung ist.

Wem hat damit aber auch hier die EU-Totalregulierung - angeblich im "Konsumenteninteresse" ... - gedient? Richtig, den Großen, den Managerbetrieben, den reinen Gewinnschleudern. Aber weder den Tieren, noch den arbeitenden und vor allem lebenden Menschen. Dafür kann man heute ohne Auto kaum noch für den Alltagsbedarf einkaufen. Die in sich fast organisch funktionierenden Lebensräume aber sind überall verschwunden. Und diese sind es aber, denen alles Wirtschaften dient, wo dessen Platz ist, der soziale Verbindlichkeit braucht, nicht abstrakte Funktion einer rationalistisch-reduktiven Kaufentscheidung, die jedem ein Denken abverlangt, das die eigentliche Lebensdimension ausschließen muß, sonst funktioniert es nicht. Zynisch nennt man das "unternehmerisches Denken". Aber das ist eine Lüge. Es ist ein auf einige rationale Eckdaten reduzierter Begriff, der der Wirklichkeit der Wirtschaft als Lebensvollzug und vieldimensionales Arbeitsfeld gar nicht mehr entspricht.


Morgen Teil 2) Neulich in Bayern