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Mittwoch, 22. Juni 2022

AND THE WINNER IS ... (2)

Und die Wallstreet? Oder England? Vielleicht dann doch Deutschland?In Sachen der Finanzen gab es für die USA schon einen Vorteil - sie sind alle ihre Schulden losgeworden, die im 19. Jhd. angehäuft worden waren. Als sich die USA von vielleicht 5 Millionen Einwohnern zu ihren nun 100 Millionen entwickelte, tat es das durch Kredite aus dem Finanzzentrum London. Bis 1914 ist Amerika deshalb bei England hoch verschuldet. Aber schon in den ersten beiden Kriegsjahren waren diese Schulden durch Lieferungen von Kriegsmaterial beglichen, ohne auch nur einen Schuß abgegeben zu haben, nur durch Warenlieferungen. 

Als sie dann in den Krieg eintraten begannen sie, den Briten Geld zu leihen. Die wiederum liehen den Franzosen Geld, und diese wiederum den Russen. Keiner von ihnen würde je sein Geld wiedersehen. Die Russen unter Lenin dachten nicht daran, die 20 Mrd. Francs an die Franzosen zurückzuzahlen, die diese dem Zaren geliehen hatten. Das war später der Grund, warum die Franzosen Reparationen von Deutschland forderten. Nicht, um seine zerstörte Industrie wieder aufzubauen, sondern um ihre Schulden an England bezahlen zu können. Und England - die an Amerika. Das Ende der Geschichte: Keiner konnte die Schulden zurückzahlen, und was immer die Amerikaner investiert hatten, die USA haben es nie zurückerhalten. Sie hatten zwar den Krieg also gewonnen - aber haben sie davon profitiert?

Sie hatten nur ein Interesse erreicht - Frieden und Demokratie in Europa. Denn sie hatten begriffen, daß wann immer Europa in einem Krieg verssank, es keine Handelsbeziehungen mehr gab, weil Europa durch U-Boote blockiert war und Amerika hineingzeogen wurde. Wilson hatte 1914 sogar vorhergesagt, daß in dem Moment, in dem Amerika NICHT in den Krieg eintreten würde, es binnen kurzer Zeit mit den Briten im Krieg sein würde. Weil die mit militärischen Mitteln die US-Handeslbeziehungen mit den Mittelmächten blockieren würden. 

Immer also nahm Amerika Schaden. Sodaß Wilson mit den Briten - tatsächlich! - schon 1914 vereinbarte, daß weil nun keine Baumwolle und kein Getreide mehr nach Deutschland exportiert werden könnten, England immer, sobald der Baumwollpreis unter 10 Cents fiel, als Aufkäufer einsprang. Diese Handelsbeziehungen waren auch dann die Grundlage für den Völkerbund (in dem die USA dann gar nicht Mitglied wurden) und diese Völkerverbrüderungsideen Wilsons - als Ieen für Europa, damit der Markt erhalten blieb. Aber v. a. die Republikaner in Amerika wollten keinesfalls Polizei der Welt spielen, in alles mögliche hineingzeogen werden, und vielleicht für Saudi Arabien in den Krieg ziehen.

Wie nun mit den Englädern? Immerhin hatte des Empire ein paar Kolonien (von Deutschland) geerbt. Im Nahen Osten haben sie noch dazu (von den Türken) einige Mandate erhalten, die sich später noch als ziemlich problematisch herausstellen sollten. Schon gar nicht wollten die britischen Militärs den Irak. Ja, den Hafen von Basra und das Öl rundherum, aber wozu den Rest? Der Gewinn war also fragwürdig. Nicht einmal von der deutschen Flotte (die Churchill "Luxusflotte" nannte, die ohne Imperium sinnlos war) hatte man etwas, die hatte sich bei Scapa Flow selbst versenkt.

Und das war nicht unwichtig für Deutschland, denn wenn eines klar ist dann das, daß Kolonien Geld kosten, NICHT bringen, wie die meisten meinen. Jeder Finanzminister in Berlin würde fortan also auf die Knie sinken und Gott dafür danken, daß er nicht mehr Geld für die Kolonien ausgeben mußte. Selbst die Diamanten Namibias hatten die Kosten für die Kolonie nicht hereingespielt. Deutschland hatte also keinen Verlust durch den Verlust der Kolonien, außer Prestige.

Den vielleicht größten, effektivste Gewinn hatte England durch den Wegfall des Zaren! Deshalb kümmerten sie sich (wie die Japaner) auch nicht um Lenin, Stalin oder den Kommunismus. Der Zar war die viel größere Gefahr gewesen, weil der geostrategische Interessen verfolgt hatte, während sich die nun entstehende Sowjetunion defensiv verhielt.

Die Anglo-Amerikanischen Länder hatten also zwar den Krieg gewonnen, aber wirklich vom Krieg profitiert hatte keines der Länder.

Klarer ist die Frage, stellt man sie nach den Verlierern. Die Türkei und Österreich-Ungarn. Beide Länder gab es nicht mehr, beide waren auf Reste reduziert, die nur die Türken noch halbwegs vergrößern konnten. Im Fall Österreich hatte die Entscheidung gar nicht London oder Washington oder St. Germain getroffen, sondern die einzelnen Nationalitäten selber. Sie hatten die Gelegenheit beim Schopf gepackt und sich zu eigenen Staaten erklärt. Dabei waren sich viele Politiker nicht sicher, ob es eine gute Idee wäre, die Zentralmacht in Europa zu zerschlagen. Aber sie hätten den Zug nicht aufhalten können, der in Budapest, Bratislava, Prag, Agram, Marburg, Krakau oder Lemberg losgefahren war. 

Der Zerfall Österreichs ist "einfach geschehen" noch ehe Clemanceau oder sonst wer sich hätte überlegt, was mit der Habsburger Monarchie nun geschehen sollte, sobald der Krieg sich im Spätsommer 1918 zu ungunsten von Wien neigte. Bis dahin hatten sie einzelnen Nationalitäten ohc abgewartet, nun war klar, wer der Sieger war, und auf dessen Seite sprangen sie alle nun. Sogar die Österreicher und die Ungarn waren eher geneigt, sich als eigene Nationen zu versuchen, Österreich dabei sofort in der nationalen weil völkischen Zugehörigkeit zu Deutschland, was ihnen dann aber von der Entente untersagt wurde.

Noch eine Macht hatte ganz offenbar verloren, und das war Rußland. Es hatte Finnland, das Baltikum, Polen, eine Zeit land sah es so aus als auch die Ukraine, Transkaukasien, Moldawien verloren, anteilig mehr als Deutschland. Und das waren alles sehr produktive Gegenden gewesen! Außerdem stand es mitten in einem Bürgerkrieg, der drei, vier Jahre dauerte und weitere viele Millionen Tote nach sich zog. Und danach war es total isoliert, weil es kommunistisch war. Es gab als zwei klare Verlierer - Österreich und Rußland. 

Alles in allem gab es aber vor 1914 eine Balance in Kontinental-Europa, die aber von Rußland entschieden wurde. Das war nun vorbei. Überrachend hatte das viel größere Deutschland gegen Frankreich zwar verloren, aber Rußland besiegt, und das hieß nun strategisch eine völlige Neuordnung. Denn erstmals hatte Deutschland keine Front im Osten mehr zu befürchten, ja erstmals war es sogar ein Pro-deutshes Rußland, das heimlich Berlin half, ein neues Militär aufzubauen. Für Frankreich waren plötzlich Boches und Bolchevic ein Wort. Erst Hitler hat das unterbrochen, weil er, als Österreicher, ein Anti-Russe war. 

Und das hat die Verträge von Versailles und St. Germain zu Verteidigungspakten gemacht, in denen die Westmächte Frankreich und England die Grenzen dieser beiden Staaten als Puffer zu Rußland möglichst festzurren wollten. Weil sie wußten, daß es keinen Sicherheitskordon mehr zu Rußland geben würde, weil die Staaten zu Rußland zu, sämtlich neu, untereinander viel zu uneinig waren um als Alliierte zu taugen. 

Nur Frankreich und England sahen die Stunde der Gelegeheit, denn sie mußten zusehen, wie die militärische Macht des Westens durch Abrüstung rapide zurückging, während die Rote Armee Rußlands sprunghaft anwuchs. Also meinte man, rasch handeln zu sollen, und versuchte ein Land nach dem anderen zu überreden, in Rußland zugunsten der Reasturation einer Zaren-Monarchie zu intervenieren. Bulgarien, Rumänien, Griechenland ... Aber alle lehnten ab. Auch kein Franzose oder Engläner wollte nun noch sein Leben riskieren, wo doch der Krieg gewonnen und vorbei war, sodaß die Weißen in Rußland verloren, und die Bolschewiken den Bürgerkrieg gewannen.

Für die Franzosen, die es vermieden hatten, mit den Kommunisten Kontakte zu knüpfen oder gar sie anzuerkennen, hieß das nun aber, daß sie ihre Kredite abschreiben mußten, und jeden Einfluß im Osten verloren hatten. Auf dem Papier hatten sie zwar den Krieg gewonnen, fanden sich abe rnun als Land eingekeilt zwischen fremden, nicht wirklich freundlichen und starken Mächten (Spanien, England, Deutschland, Italien), isoliert in Europa, und abgestiegen zu einer zweitklassigen Macht. 

Sogar Deutschland beginnt sich wieder aufzurichten, mit der Hilfe von englischen und ameirkanischen Krediten, damit auch die Reparationen gezahlt werden können, die von Frankreich aus sofort über den Atlantik fließen. Seine Armee ist defacto aufgelöst, und es hat keine militärische Macht mehr. 1923/24 akzeptiert das Land das auch, und beginnt sich mit der Maginot-Linie einzuigeln. Die für Deutschland aber das Signal gab, daß es in Osteuropa tun und lassen konnte, was es wollte - von den Franzosen würde es nicht mehr angegriffen werden. Sogar 1939 hat Frankreich zwar den Krieg erklärt, aber nie seine Armee aus der Verteidiungslinie hinaus bewegt. 

Es gibt aus dem 1. Weltkrieg also ein paar Sieger, ja, ohne daß die aber viel profitiert hätten. Es gibt klare Verlierer, wie Österreich-Ungarn und weitestenteils Rußland. Aber obwohl auf dem Papier Frankreich den Krieg gewonnen hatte, war in strategischer Hinsicht DEUTSCHLAND der Sieger des 1. Weltkriegs. Die 10 Millionen Kriegstoten hatten also gar keinen eindeutigen Sieger hervorgebracht. Vor 1914 hatten alle gedacht, daß Deutschland ZU MÄCHTIG im Konzert der europäischen Mächte wäre. Um Deutschland zu schwächen, hätte man Rußland stärken müssen. Aber es ist das Gegenteil passiert. Auch wenn das Deutschland nicht begriffen hat.