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Dienstag, 14. Juni 2022

Der Weise, der schon 1998 alles kommen sah (2)

Kurz und gut: Alexander Solschenizyns 1998 veröffentlichtes Buch "Rußland im Absturz" wirkt wie eine Brücke zur unmittelbaren Gegenwart. Gerade WEIL der Autor Vladimir Putin noch nicht kannte, und dieser noch nicht einmal am Radarschirm der Öffentlichkeit aufschien. 

Denn alle die Konzepte, die der vom Sowjetsystem so schwer bedrängte, schließlich ausgebürgerte Russe, alles das was zu fehlen schien, dürfte zu einem hohen Prozentsatz auf wunderbare Weise doch noch ihren Vertreter gefunden worden sein. 

Nicht, daß wir damit Putin verherrlichen wollen. Aber war ich bei aller persönlicher Sympathie für den Typ doch noch recht zurückhaltend, ja aus Verstandesgründen gar ablehnend ihm gegenüber geblieben, so könnte sich meine Haltung zu ihn korrigiert haben.

Nämlich hin zu dem Punkt wo ich sage: Was immer man ihm vorhalten mag, was immer an Korruption auch unter ihm geschehen sein mag - soweit ich das aus heutige Sicht überblicken kann, hätte Rußland nichts Besseres passieren können. Dahinter muß man sogar Gottes Fügung vermuten, auch wenn ich keine Verklärung vornehmen will.

Um alles, was, was sich an Erkenntnis aus "Rußland im Absturz" gewinnen läßt, wirklich so darzustellen, daß es der Leser verstehen könnte, müßte man eine Zusammenfassung mit Kommentar so umfassend machen, wie das ohnehin auch schon sichtlich stark geraffte Buch mit seinen 220 Seiten es tut. Zu komplex sind die Zusammenhänge, zu verwickelt, zu viele Handlungsstränge und involvierte Personen und Interessengruppen sind dabei zu erklären. Ich kann es dem Leser dieser Zeilen letztendlich nur empfehlen.

Aber dann wird ere etwas verstehen. Und vielleicht sich auch wieder eine Liebe zu den Russen gestatten, die für unsere Länder so viele Jahrhunderte doch so typisch war. Denn seit vierhundert Jahren, seit es zu einem zaristischen Rußland gekommen ist, das das "Tatarskowo Iga", das "Tatarenjoch" abwarf. Und diese turk-mongolische Unterdrückung und Auseutung, die durch "divide et impera" herrschte, und wesentlich dazu beitrug, daß sich das russische (einfache) Volk als wahren Leidensknecht selbst verstehen lernte, nur durch eine zentrale Führung abwerfen konnte.

Die energisch genug war, um die zahlreichen Provinz- und Stammesfürsten (grosso modo: die Bojaren) mit so fester Hand zu bezwingen, daß erstmals die wirkliche Kraft der Russen zum Tragen kam. Und sie in zahlreichen Schlachten udn Kriegen die Feinde nach und nach bezwang, aus dem Land warf, und umgekehrt die großen strategischen Ziele und Notwendigkeiten eines so großen Volkes (und Landes) verfolgen und verwirklichen konnte.

Es ist niemand geringerer als Solschenizyn, dessen Vision von einem Rußland der lokalen Selbstverwaltung in so vielem exakt jenen Vorstellungen entslricht, die auch ich und auch für unsere Länder und Völker für so notwendig und heilsam und einzig sinnvoll erachte, daß ich mich ganz sicher noch schreiben und ausführend damit befassen werden. Er hat mich dazu ermuntert, mir selbst diese Kunde aus dem Nuos, dem göttlichen Wissen, hervorzuholen, durch die wesentliche Tätigkeit - das entdeckende, das denkende Schreiben.

Wenn man will, kann man da von Demokratie sprechen, und in diesem Sinn (und ich weiß es ja) ist meine und Solschenizyns Vorstellung von ihr die Wiederanknüpfugn an eine Vergangenheit, die durch die umstützlerischen historischen Bewegungen der letzten 200 Jahre definitiv unterbrochen wurde, während man die dan losen, ungebundenen, aber so bindungswilligen Enden vollkommen falsch zusammenfügte.
Übrigens: Auch das Bild der Ukraine wird sich jedem, der das Buch aufmerksam liest, völlig neu formieren. Was Solschenizyn über die Russen sagt stimmt nämlich absolut auch für das Volk, das von Kiew beherrscht wird.  
Sodaß man noch mehr als bisher die Menschen in der Ukraine von dem, was uns als "ukrainische Staatspolitik" und -gebahren erscheint, zu trennen sind. Noch mehr auch wird uns der angebliche "ukrainische Nationalismus" als ein eigentümlischer Fremdkörper in einem Volk erkennbar, das wie die Brüder im Norden und Osten durch seine Duldens- und Leidensfähigkeit, seine Langmut und seine Treuherzigkeit, welche Eigenschaften alle so leicht zu mißbrauchen sind, so liebenswert ist. 
Ein zusammengewürfelste Schar von Völkern, die - fast zufällig! - von einer Schichte regiert werden, die nichts anderes tut als die Menschen dafür zu mißbrauchen, ihr Diebesgut hinter deren Leibern abzusichern.
Es ist eine Selbstbestimmtheit, die der Natur des Menschen entspricht, und zwar gerade in dessen sozialer Verfaßtheit, in der das Paradox gilt, daß alle sin dem Maß, in dem alles sich selbst wirklicht, auch das Ganze erst wirklicht. Daß in dem Maß, in dem der Mensch sich vergißt, sich selbst überschreitet, aus dem göttlichen Sein das wahre Selbstsein erst (und nur dann!) zurückgeschenkt wird. Sodaß der, der alles gibt es ist, der auch alles empfängt.

Aber diese Entwicklung braucht Jahrzehnte. Auch hierin stimme ich mit ihm überein, das würde es auch bei uns dauern. Vorerst muß gelten, was Solschenizyn schon 1998 sagt: Erst so, allmählich und aus voller Wirklichkeitsrezeption heraus, kann sich dann jenes Rechtsbewußtsein (wieder) entwickeln, das ein Volk in die Lage versetzt, durch direkte Wahlen der höchsten Repräsentanten des Staates auch Männer zu wählen, die wirkliche Volksvertreter sind, und keine Betrrüger und Lügner.

In nichts, wirklich in nichts sehe ich da einen Unterschied zwischen Ruland und unseren Ländern. Und es wäre auch bei uns höchst an der Zeit, endlich aufzuhören, sich durch ständiges, mantraartiges Herunterbeten von "Demokratie"-Sprüchen und verworrenen, neblichten "Mitbestimmungsillusionen" und unreflektierten Scheinkonzepten wie dem der "Direkten Wahlen" (vielleicht nach "Schweizer Vorbild", gell?) den Kopf noch blöder zu machen. 

Endlich zu akzeptieren, daß der Zustand der Politik tatsächlich damit zu tun hat, daß wir - wir in unseren Ländern! - NICHT IN DER LAGE SIND, in diesem System der "Demokratie" auch Volksvertreter zu wählen, die wirklich das sind: Vertreter von uns, dem Volk. Von Wahl zu Wahl wird bei uns stattdessen klarer, daß wir nur das eigene Unheil abnicken, daß wir zu wahren Mißbrauchsopfern geworden sind, die dem eigenen Untergang auch noch "freiwillig" zustimmen.

Aber genau so falsch wäre es quasi "als Übergang" den alten Mächten - die ohnehin wie aus der Zauberkiste aus den alten Kisten hervorsprangen und sich nun als Kräfte der Erneuerung präsentierten, dem Kommunismus Blumen zu streuen. Weil dieser angeblich das Land immerhin zusammengehalten habe, und somit das geringere Übel wäre.

Es ist ein langer Weg, schreibt Solschenizyn, und es ist ein mühsamer Weg, der Jahrzehnte dauern wird. Um aus den Russen wieder das zu machen, was sie sind und waren und was ihre Sendung ist. Könnten wir damit nicht erst recht eine Gemeinsamkeit mit den Russen entdecken und pflegen? Denn die Aufgabe ist verdächtig gleich, die vor uns liegt. Die Frage ist, ob sie jemand in Angriff nimmt. In Rußland wurde immerhin damit begonnen. 


Erstellung 11. Juni 2022 - Ein Beitrag zur