Als der amerikanische Historiker Douglas Valentine 1990 sein Buch "The Phoenix Program" veröffentlichte,
war er binnen kurzem auf der schwarzen Liste sämtlicher großer
Verlagshäuser. Weitgehend (und offenbar konzertiert) ignoriert, verlieh
ihm die einzige Rezension in der New York Times das Etikett
"Verschwörungstheoretiker", mit dem man jeden Autor und vor allem
Opponenten augenblicklich mundtot machen kann. Fortan war er als
Historiker und Publizist erledigt. Nach einem Jahr war auch das Buch aus
dem Handel verschwunden. Und lange vergessen, ehe es 2014 neu
aufgelegt wurde. Es ist auch heute noch erhältlich.
Denn mittlerweile gibt es waschkorbweise Quellen und Literatur, die sich mit dem "Phoenix Program"
befaßt, und es ist offensichtlich, daß Valentine das Thema in seinem
penibel recherchierten, durch zahlreiche Zeugenaussagen belegten Buch
wahrheitsgemäß aufgedeckt hat. Es ist für uns deshalb von großem
Interesse, weil es Rückschlüsse für heute zuläßt, die mancher wohl ahnt,
aber noch kaum jemand wirklich in ihrer Dimension wahrnimmt: Es gibt
Kräfte und Gruppierungen in den USA (wobei der VdZ diesen Begriff längst
erweitert sieht: als Anglo-Amerika), die einen totalen, alle
Lebensbereiche umfassenden und vor keinem Mittel zurückschreckenden
Krieg gegen die Welt führen.
Worum geht oder ging es dabei? Im "Phoenix Program"
versuchte der CIA ab 1967 in den Vietnam-Krieg einzugreifen. Und er tat
es, indem er die intellektuelle, geistige, moralische und politische
Infrastruktur des Landes zerstörte und sich völlig außerhalb aller
Gesetze und Moral stellte. Denn dazu waren ihm alle Mittel recht, und
zwar alle heißt, wirklich: alle. Die Schätzungen der
Todesopfer reichen von 20.000 (zugegeben) und 40.000 (nicht zugegeben),
wie die vietnamesische Regierung erklärte. Der Kollateralschaden - ein
schwer traumatisiertes, gezielt terrorisiertes, jeder politischen, und
intellektuellen Infrastruktur beraubtes Volk - ist gar nicht zu
beziffern.
Mit
bis zu 1.800 Agenten und Kollaborateuren wurde ein System des Terrors
und der beständigen Lebensangst über Südvietnam verhängt. Vorgeblich, um
so die materielle, vor allem aber die ideologische Basis für den Feind,
den Vietcong, zu zerstören und das "Heilige Ziel - Kampf gegen den
Kommunismus!" - anzustreben. So manchem dämmerte es freilich, daß man
genau damit den Boden für die Sympathie der Menschen mit dem Vietcong
als einziger Befreiung vom amerikanischen Terror aufbereitete.
Denn
da war auch jeder, der sich der amerikanischen Ideologie des "Kalten
Krieges" nicht unterwarf, unter dem auch Vietnam subsummiert wurde, der
also selbständig dachte, ein Todfeind. Zumindest ein potentieller
Todfeind, den es zu eliminieren galt. Folter, Todeslisten, die laufend
abgearbeitet wurden (erstmals voll computerisiert, übrigens), Tod und
Zerstörung über zivile Dörfer und ganze Landschaften waren die Mittel.
Um die "Waffe Drogen" nicht zu vergessen, über die sich der CIA seit
langem maßgeblich finanziert, was ihn zusätzlich von jeder politischen
Kontrolle praktisch unabhängig macht.* Aber auch vor der Beseitigung
mißliebiger, andersdenkender Amerikaner schreckte dieses System nicht
zurück.
Niemand
ist für diese schweren Verbrechen, die vom CIA organisiert in Vietnam
begangen wurden, jemals zur Verantwortung gezogen worden. Vielmehr wurde
alles vertuscht und die geheimen Akten bis heute nicht freigegeben.
Das ist aber nur ein Teil der Frage. Denn viel bedeutender ist, daß man
aus diesem Phoenix Program für Vietnam erkennen muß, daß die USA (und
CIA, NSA, militärische Geheimdienste, wobei Valentine die CIA in einem
weiteren Buch als "Organisierte Verbrechervereinigung" bezeichnet) diese
Vorgangsweise bis heute pflegen. Und DAS enthebt die Vereinigten
Staaten tatsächlich jeden Rechts, sich außenpolitisch als
"Moralinstitution der Welt" aufzuspielen - nicht wegen vergangener
Fehler, sondern weil eben dieselbe wie in Vietnam angewandte Unmoral und
Lüge bis heute Merkmal ihrer Politik (innen wie außen) ist.
Morgen Teil 2) Terror gegen das eigene Volk
*So nebenbei: Wie Eugen Kogon in seinem Buch über die SS zeigt, hat
sich auch die SS über die KZs selbst finanziert. Die
Konzentrationslager, der Terror waren für die SS - als Staat im Staat,
der keiner politischen Kontrolle unterlag - sogar das
Hauptfinanzierungsmittel. Parallelen zum CIA sind nicht nur nicht
zufällig, sondern hängen mit der Problematik zusammen, daß sich die USA
nach 1945 des "Know How" wie auch des (aus diesem Grund straffrei
gestellten, zu tausenden in die USA geholten) Personals von Gestapo und SS bediente,
um in den Kalten Krieg einzusteigen.
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