Dieses Blog durchsuchen

Mittwoch, 19. September 2018

Auch das ist keine Verschwörungstheorie (1)

Als der amerikanische Historiker Douglas Valentine 1990 sein Buch "The Phoenix Program" veröffentlichte, war er binnen kurzem auf der schwarzen Liste sämtlicher großer Verlagshäuser. Weitgehend (und offenbar konzertiert) ignoriert, verlieh ihm die einzige Rezension in der New York Times das Etikett "Verschwörungstheoretiker", mit dem man jeden Autor und vor allem Opponenten augenblicklich mundtot machen kann. Fortan war er als Historiker und Publizist erledigt. Nach einem Jahr war auch das Buch aus dem Handel verschwunden. Und lange vergessen, ehe es 2014 neu aufgelegt wurde. Es ist auch heute noch erhältlich

Denn mittlerweile gibt es waschkorbweise Quellen und Literatur, die sich mit dem "Phoenix Program" befaßt, und es ist offensichtlich, daß Valentine das Thema in seinem penibel recherchierten, durch zahlreiche Zeugenaussagen belegten Buch wahrheitsgemäß aufgedeckt hat. Es ist für uns deshalb von großem Interesse, weil es Rückschlüsse für heute zuläßt, die mancher wohl ahnt, aber noch kaum jemand wirklich in ihrer Dimension wahrnimmt: Es gibt Kräfte und Gruppierungen in den USA (wobei der VdZ diesen Begriff längst erweitert sieht: als Anglo-Amerika), die einen totalen, alle Lebensbereiche umfassenden und vor keinem Mittel zurückschreckenden Krieg gegen die Welt führen.

Worum geht oder ging es dabei? Im "Phoenix Program" versuchte der CIA ab 1967 in den Vietnam-Krieg einzugreifen. Und er tat es, indem er die intellektuelle, geistige, moralische und politische Infrastruktur des Landes zerstörte und sich völlig außerhalb aller Gesetze und Moral stellte. Denn dazu waren ihm alle Mittel recht, und zwar alle heißt, wirklich: alle. Die Schätzungen der Todesopfer reichen von 20.000 (zugegeben) und 40.000 (nicht zugegeben), wie die vietnamesische Regierung erklärte. Der Kollateralschaden - ein schwer traumatisiertes, gezielt terrorisiertes, jeder politischen, und intellektuellen Infrastruktur beraubtes Volk - ist gar nicht zu beziffern. 

Mit bis zu 1.800 Agenten und Kollaborateuren wurde ein System des Terrors und der beständigen Lebensangst über Südvietnam verhängt. Vorgeblich, um so die materielle, vor allem aber die ideologische Basis für den Feind, den Vietcong, zu zerstören und das "Heilige Ziel - Kampf gegen den Kommunismus!" - anzustreben. So manchem dämmerte es freilich, daß man genau damit den Boden für die Sympathie der Menschen mit dem Vietcong als einziger Befreiung vom amerikanischen Terror aufbereitete.

Denn da war auch jeder, der sich der amerikanischen Ideologie des "Kalten Krieges" nicht unterwarf, unter dem auch Vietnam subsummiert wurde, der also selbständig dachte, ein Todfeind. Zumindest ein potentieller Todfeind, den es zu eliminieren galt. Folter, Todeslisten, die laufend abgearbeitet wurden (erstmals voll computerisiert, übrigens), Tod und Zerstörung über zivile Dörfer und ganze Landschaften waren die Mittel. Um die "Waffe Drogen" nicht zu vergessen, über die sich der CIA seit langem maßgeblich finanziert, was ihn zusätzlich von jeder politischen Kontrolle praktisch unabhängig macht.* Aber auch vor der Beseitigung mißliebiger, andersdenkender Amerikaner schreckte dieses System nicht zurück.

Niemand ist für diese schweren Verbrechen, die vom CIA organisiert in Vietnam begangen wurden, jemals zur Verantwortung gezogen worden. Vielmehr wurde alles vertuscht und die geheimen Akten bis heute nicht freigegeben. Das ist aber nur ein Teil der Frage. Denn viel bedeutender ist, daß man aus diesem Phoenix Program für Vietnam erkennen muß, daß die USA (und CIA, NSA, militärische Geheimdienste, wobei Valentine die CIA in einem weiteren Buch als "Organisierte Verbrechervereinigung" bezeichnet) diese Vorgangsweise bis heute pflegen. Und DAS enthebt die Vereinigten Staaten tatsächlich jeden Rechts, sich außenpolitisch als "Moralinstitution der Welt" aufzuspielen - nicht wegen vergangener Fehler, sondern weil eben dieselbe wie in Vietnam angewandte Unmoral und Lüge bis heute Merkmal ihrer Politik (innen wie außen) ist.


Morgen Teil 2) Terror gegen das eigene Volk


*So nebenbei: Wie Eugen Kogon in seinem Buch über die SS zeigt, hat sich auch die SS über die KZs selbst finanziert. Die Konzentrationslager, der Terror waren für die SS - als Staat im Staat, der keiner politischen Kontrolle unterlag - sogar das Hauptfinanzierungsmittel. Parallelen zum CIA sind nicht nur nicht zufällig, sondern hängen mit der Problematik zusammen, daß sich die USA nach 1945 des "Know How" wie auch des (aus diesem Grund straffrei gestellten, zu tausenden in die USA geholten) Personals von Gestapo und SS bediente, um in den Kalten Krieg einzusteigen.





*250818*