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Dienstag, 4. September 2018

Warum der Erzbischof alles erzählte (3)

Teil 3) Übertragung eines Berichts auf OnePeterFive, in dem der italienische Journalist und Publizist Aldo Maria Valli darstellt, wie und warum ihn Erzbischof Viganò kontaktierte, um seinen Skandal-Bericht über Zustände in Vatikan und Weltkirche an die Öffentlichkeit zu geben.


Wie mir Erzbischof Viganò seine Erinnerungen übergab. Und warum ich mich entschied, sie zu veröffentlichen.  

Übertragung in die deutsche Sprache von Eberhard J. Ambrosius Wagner

Fortsetzung von gestern

Der Erzbischof erscheint diesmal mit Sonnenbrille und einer Baseball-Mütze am Kopf.  Er bittet mich, daß ich das Dokument das erste Mal während seiner Anwesenheit lese, direkt vor ihm, und zwar so, wie er meint, "daß, wenn Sie irgendetwas nicht überzeugt, wir das sofort besprechen können."
Ich lese das ganze Ding. Es hat elf Seiten. Er ist erstaunt wie rasch ich damit durch bin, und dann sieht er mich an: "Nun?"
Ich sage: "Es ist stark. Detailliert. Gut geschrieben. Ein dramatisches Bild."
Er fragt: "Werden Sie es veröffentlichen?"
"Monsignore, ist Ihnen klar, daß das eine Bombe ist? Was sollten wir tun?"
"Das zu entscheiden überlasse ich Ihnen. Denken Sie darüber nach."
"Monsignore, wissen Sie, was man sagen wird? Daß Sie sich rächen wollen. Daß Sie voller Groll über ihre Entlassung als Verwaltungschef sind, und alle solche Sachen. Daß Sie die Krähe sind, die die Vatileaks-Papiere an die Öffentlichkeit gebracht hat. Sie werden sagen, daß sie psychisch instabil und ein Konservativer der schlimmsten Sorte sind." (Genau das ist übrigens mittlerweile passiert; Anm. d. Ü.)
"Ich weiß, das ist mir klar. Aber das kümmert mich nicht. Das einzige was mich kümmert ist, die Wahrheit an die Oberfläche zu bringen, damit die Reinigung beginnen kann. An dem Punkt, den wir heute erreicht haben, gibt es keinen anderen Weg."
Ich habe keine großen inneren Kämpfe. In meinem Inneren habe ich längst entschieden, daß ich es veröffentlichen werde. Denn ich hatte stets das Gefühl, daß ich diesem Mann vertrauen kann. Ich stelle mir nur eine Frage: "Welche Auswirkungen wird das auf die einfachen Seelen haben? Auf brave Katholiken? Besteht nicht das Risiko, damit mehr Böses als Gutes anzurichten?"
Mir wird bewußt, daß ich diese Frage in ziemlich lautem Ton gestellt habe, der Erzbischof beantwortet sie. "Denken Sie darüber nach. Treffen Sie in Ruhe ihre Entscheidung." Wir geben uns die Hände. Er nimmt seine dunklen Brillen ab, und wir sehen uns in die Augen.
Der Umstand, daß er mich nicht zwingt, daß er keineswegs besorgt bei dem Gedanken scheint, alles an die Öffentlichkeit zu tragen, läßt mich ihm noch mehr vertrauen. Oder ist das ein Manöver? Will er mich manipulieren?

Zuhause spreche ich mit Serena und den Mädchen. Ihr Rat ist mir immer sehr wichtig. Was soll ich tun?

Es sind Tage der Fragen. Ich lese wieder und wieder das Memorandum. Es ist detailliert, aber es ist natürlich Viganòs Version von Ereignissen. Ich glaube, daß die Leser das verstehen werden. Ich bevorzuge die Version des Erzbischofs, und wenn jemand andere Versionen hat, kein Problem, dann soll er diesen folgen. 

Meine Frau erinnert mich. "Wenn Du es aber veröffentlichst, denn werden sie denken, und zwar schon nur weil Du es veröffentlicht hast, daß Du auf seiner Seite stehst. Kannst Du damit leben?"

Ja, das kann ich.  Werden sie mir vorwerfen, daß ich voreingenommen bin? Ja, nach alledem bin ich tatsächlich voreingenommen. Wenn ich Reporter bin, dann berichte ich über Neuigkeiten, und das reicht dann auch. Ich versuche immer so neutral wie möglich zu sein. Aber in meinem Blog nehme ich längst und deutlich erkennbar eine Position ein, und die Leser wissen sehr gut was ich über die Wende denke, die in der Kirche in den vergangenen Jahren vorgefallen ist.  Sollte mir irgendjemand zu einem späteren Zeitpunkt Dokumente präsentieren, die belegen, daß Viganò lügt, oder daß seine Version der Geschichte unvollständig oder unrichtig ist, werde ich mehr als glücklich sein, diese Richtigstellungen ebenso zu veröffentlichen. 

Ich rufe den Erzbischof auf seinem Handy an, und teile ihm meine Entscheidung mit. Wir haben dieselben Ansichten über den Tag und die Stunde der Veröffentlichung. Er teilt mir mit, daß an eben diesem Tag und zu eben dieser Stunde auch die anderen Blogger ihre Artikel hinausstellen werden. Er bestimmt den Sonntag, den 26. August 2018, denn zu diesem Zeitpunkt kommt der Papst aus Irland zurück, und er hat damit die Chance, noch im Flugzeug auf die Fragen von Journalisten zu antworten. 
Er warnt mich aber, denn mittlerweile ist zur Liste der Veröffentlicher auch eine Tageszeitung, die La Veritá, dazugekommen. Er teilt mir mit, daß er bereits ein Flugticket gekauft habe. Er wird das Land verlassen. Aber er kann mir nicht sagen, wo er hinfliegen wird. Ich soll ihn aber nicht suchen. Seine alte Handynummer wird nicht mehr länger aktiv sein. Wir verabschieden uns, zum letzten Mal.

So hat sich alles zugetragen. Nein, nicht daß die inneren Zweifel verschwunden wären. Habe ich das Richtige getan? Oder das Böse? Ich frage mich das noch immer. Aber ich bin recht ruhig. Und ich habe erneut die Worte des Erzbischofs gelesen, die er als Konklusio des Memorandums geschrieben hat. "Laßt uns alle für die Kirche und den Papst beten, und uns daran erinnern, wie viele Male er uns selbst gebeten hat, für ihn zu beten. Laßt uns alle den Glauben an unsere Mutter Kirche neu aufleben. Ich glaube an die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche! Christus wird diese Kirche nie verlassen! Er hat sie aus seinem Blut hervorgerufen, und er belebt sie unaufhörlich mit seinem Geist. Maria, Mutter der Kirche, bitte für uns! Maria, jungfräuliche Königin, Mutter des Königs der Ehren, bitte für uns!"

Aldo Maria Valli 




*290818*