Teil 2) Der Mensch steht wirklich gegen die Natur - aber anders, als es heute erzählt wird
Das reale Leben hat sich aus verschiedenen Gründen auf eine Weise entwickelt, daß es von unserem Verstand nicht mehr geborgen wird. Was wir offiziell "glauben", was wir als "so ist die Welt" aussprechen, hat sich von der ontologischen Struktur der Welt so weit entfernt, daß wir uns mit Recht immer weiter "von der Natur" (natus = geboren, und das heißt: "geboren (um) zu") entfernt haben. DAS ist der Grund, warum wir uns heute und zunehmend seit vielen Jahrzehnten als "Gegner der Natur" empfinden. Erinnern wir uns: Alles begann mit der Aufklärung, als erstmals das Verstandesgerüst die Natur eben NICHT mehr fassen konnte, sondern in den Irrtum abdriftete. (Ratio hatte ab da nichts mehr mit der inneren natürlichen Struktur der Welt als Dingwelt zu tun.) Plötzlich wurde auch der Mensch als der Natur fremd, als ihr feindlich gegenüberstehend gesehen. Plötzlich war es möglich, daß der Mensch reale Dinge schuf, die die Natur "zerstörten".
Es ist diese Vorstellung, die uns dorthin gebracht hat, wo wir heute stehen. Der Mensch ist in unseren Augen der Natur Todfeind. Aber es ist nicht der Mensch. Es ist der Irrtum, der sich über uns ausgebreitet hat wie eine dunkle Decke. Denn die Ontologie - das Sein (und damit Gott) - ist uns tatsächlich näher, als wir selbst es uns sind.
Also werden wir in Wahrheit von unserer eigenen (gefühlten, geahnten) Verdrehtheit geplagt und setzen dieses Verfehltheitsgefühl auch prompt in Ersatztheater um. In Prozesse, Dinge wie das Plastik also, das wie Sündenböcke unsere Verfehlung symbolisch trägt und als Katharsis in der Bekämpfung wirken soll. Wir wollen aber von etwas ganz anderem, viel tiefer Liegendem befreit werden! Nur daran, an den Irrtum, daran klammern wir uns. Aber das ist schon das nächste Faß, das wir an dieser Stelle nicht (noch einmal) aufmachen wollen. In jedem Fall ist es kein Zufall, daß mit dem Verdunsten der Katholischen Kirche (was heißt: Dem Verdunsten des Rituals, des Kultes) andere Kulte diese Reinigung übernehmen müssen oder sollen.
Die Ökologie, die von ihr unseren Köpfen induzierte ständige Katastrophenstimmung ist unbestreitbar eine religiöse Veranstaltung. Oder besser. Pseudoreligiös. Eine Veranstaltung des Heidentums. Was immer wir für Rationalisierungen beifügen, sie sind legitimieren sollende Begründungen und mit Rubrikenbüchern zu vergleichen, Geheimlehren, die nur Priester ("Wissenschaftler"; spätestens seit Newton ist die Naturwissenschaft eine Fortführung der Alchemie, sind ihre Grundlagen magische Vorstellungen*) kennen.
Aber Tatsache bleibt auch hier, daß wir eigentlich keine Ahnung haben, warum Plastik (das nun die ganze Welt "verseucht" hat - siehe die Erfahrung des VdZ als Bauarbeiter) schädlich sein sollte. So sehr wir das "erklären". Die Gründe, die wir dafür angeben, sind rational nicht haltbar. Sie sind einfach eine irrational bleiben sollende Argumentekette (das Wort Gift eignet sich für sehr vieles!), die diese Ersatzfunktion legitimieren soll. Kommt der Tag, wo aus irgendwelchen Gründen uns jemand vertrauenswürdig mitteilt, daß diese Angst unbegründet war, etwa weil dies oder das doch kein Gift war, machen wir einen fliegenden Wechsel. Und springen auf die nächsten angeblich dräuenden, vor allem aber menschengemachten Katastrophenpferde auf. Wie es bei vielen Ängsten ja schon war; man denke ans Waldsterben, wo wir einen völlig natürlichen Prozeß, den wir einfach nicht mehr kannten, für eine Apokalypse hielten.
Wir brauchen Katastrophen, wir brauchen vor allem dräuende Katastrophen. Ist es die nicht, ist es eine andere. Das ist der eigentliche Kern des Problems. Nichts sonst. Während wir die wirklichen Katastrophen, die sämtlich mit der Sittlichkeit und damit der Kultur zu tun haben, ganz sicher nicht sehen. Denn das ist eine Katastrophe, wenn es unsere Bestimmung als Mensch schädigt, und DAMIT der Natur also zuwiderläuft. Die gesamte Natur ist dem Menschen zugeordnet und beigetan, er muß sie mit seinen Händen, mit seiner Vernunft in jene Ordnung und Höherführung stellen, die sie sich selbst nicht geben kann. Denn es ist das Leben ohne Geist, das alles in Entropie und Unordnung fallen läßt. Und es ist menschliche Zulassung - aus Schwäche des Königs - wenn wir der Natur gestatten, in diese Unordnung zu fallen. Aber nicht das Ding selbst.
Deshalb ist auch jeder "Kampf gegen das Plastik" nur dort und nur insofern sinnvoll, wo die Menschen die Sittlichkeit nicht haben, die Artefakte in ihre Lebensordnung zu integrieren. Und sie einfach wegschmeißen. Daß es vor allem die (heidnischen) Entwicklungsländer sind, die den allergrößten Beitrag zu dieser Unordnung liefern - die wir als "Umweltverschmutzung" bezeichnen; es ist Unordnung! - und ihre Umwelt nicht als zu ordnende wahrnehmen. Es ist also eine Kulturerscheinung, ein Problem der Sittlichkeit, damit ein Problem der Religion (sic!), und kein "Zerstören der schönen guten Welt." Denn die Welt ist groß und wunderbar genug, um mit ihren Dingen selbst fertigzuwerden. Indem sie sie in Entropie fallen läßt, wenn sich der Mensch nicht darum kümmert und sie in den Kulturzustand hineinführt. Etwa, indem er sie zu Produkten und Artefakten veredelt.
Letztlich sind somit alle "Umweltprobleme" reine Probleme der Ästhetik, Kulturprobleme, keine "wissenschaftlich bewiesenen Katastrophen" einer "Naturmechanik". Der bloßen unmenschlichen Natur (die es ohne Menschen selbst nur noch rudimentär gibt) wieder überlassen (wie beim Müll, den aus einer Kultur desintegrierten Dingen), gibt es nichts, das nicht zerfällt, verrottet etc. Und nur insofern zeigen diese Probleme den Kampf des Menschen gegen die fortwährende Apokalypse an. Die eine stets präsente geistige Apokalypse ist. Als Ringen der Seele des Menschen um Sein und Geist - gegen das stets dräuende Chaos, für die diesem entrissene Kultur als dinglicher Raum des Menschen, als Weg der Erfüllung des Sinns der Welt. Mit dem einzigen Siegrezept: Dem der Schönheit. Dem des Königs.
*Sie glauben das nicht? Wußte der Leser, daß die heutigen kosmologischen Modelle über 70 sogenannte "Naturkonstante" haben weil brauchen? Vergleichbar den "blackboxes" der Evolutionstheorien, sind das willkürlich gesetzte Zahlen- oder Formelgrößen, von denen man zwar nicht weiß, was sie sind, die es aber geben muß, weil sonst das ganze kosmische Modell (als Baustelle von "partiell Gewußtem") zusammenbrechen würde. Wo immer das Röckchen der Theorie zu kurz wurde, wird ein nächstes "aber dann muß das halt irgendwie so sein" eingeführt. Der Münchner Astrophysiker Alexander Unzicker kämpft deshalb seit langem für eine Re-Rationalisierung der Astrophysik und verlangt, diese Naturkonstanten zu entfernen, um so einen neuen, frischen Blick auf die Physik wiederzugewinnen, deren Gesamtgebäude wie eine willkürlich zusammengeschusterte Bretterbude wirkt. Was freilich manche "Gewißheiten" und feste Annahmen neu zu hinterfragen verlangte.
*080818*