Das hier jüngst in einem Radiointerview
mit E. Michael Jones besprochene, von diesem verfaßte Buch "Dionysos rising - The birth of cultural revolution out of the spirit of music" ist zwar
schon 25 Jahre alt, aber es hat nichts von seiner Aktualität eingebüßt.
Auch wenn Jones heute meint, daß er die Hauptconclusio damals noch nicht
in der Schärfe gesehen hat wie heute - daß hinter den Entwicklungen in
der Musik des 20. Jahrhunderts konkrete Personen und Personengruppen standen - so hält seine These
über das, was sich in der Musik abgespielt hat. Denn auch dort hat sich
ein Kulturbruch abgespielt. Ja, vor allem dort nahm er seinen Ausgang.
Und
er nahm ihn bei Richard Wagner, führte von dort über
Nietzsche hin zu Schönberg und Michel Foucault. Signalpunkt war die
Wagnersche Beschwörung der dunklen Kräfte, des Chaos gewissermaßen, wie es in
"Tristan und Isolde" programmatisch (man beachte die Rolle des Venusbergs) vor Augen kommt. Wo die Befreiung des Menschen anhebt, wenn er sich
den Leidenschaften hingibt. Die sich aber direkt gegen die Ordnung der
Welt, gegen die Kultur wenden.
Nietzsche war von Wagner (zuerst; später hat er sich von ihm abgewandt) so beeindruckt, daß er sein erstes Buch "Die Geburt der Tragödie aus dem Geist der Musik" verfaßte (und sich in der Erprobung dieser Freiheit gleich die Syphilis holte). In dem er die durch Wagners Musik gemachte Erfahrung in eine Kulturtheorie ummünzte: Erst hat die Auslieferung an die Mächte der Nacht, des Chaos, des Erdinneren (Höhle), des weiblichen Uterus zu erfolgen, dann ersteigen daraus jene (rhythmischen; man beachte die Zusammenhänge mit der Architektur) Kräfte, die die Musik als noch bildlose, aber umso wirkmächtigere Grundverfaßtheit der Welt im Menschen hervorbringen.
Nietzsche war von Wagner (zuerst; später hat er sich von ihm abgewandt) so beeindruckt, daß er sein erstes Buch "Die Geburt der Tragödie aus dem Geist der Musik" verfaßte (und sich in der Erprobung dieser Freiheit gleich die Syphilis holte). In dem er die durch Wagners Musik gemachte Erfahrung in eine Kulturtheorie ummünzte: Erst hat die Auslieferung an die Mächte der Nacht, des Chaos, des Erdinneren (Höhle), des weiblichen Uterus zu erfolgen, dann ersteigen daraus jene (rhythmischen; man beachte die Zusammenhänge mit der Architektur) Kräfte, die die Musik als noch bildlose, aber umso wirkmächtigere Grundverfaßtheit der Welt im Menschen hervorbringen.
Nicht
logos, Sinn, Ordnung und Gerichtetheit auf diese vorgegebene,
vorzufindende Ordnung (in Gott, also in der Vorsehung*) ist das
zutiefst, innerste, grundlegendste Wesen der Welt, sondern die frei aus
dem Chaos aufsteigenden Mächte. Und das ist auch die Grundaussage
Wagners, die er in seinen Opern immer mehr herausschält. Die Welt selbst
ist letztlich sinnlos, Moral hat nur pragmatischen und kulturbezogen
relativen Charakter. Ein im logos fundiertes Wesen der Dinge gibt es
nicht. Es hängt umso mehr davon ab, wozu sich der Mensch als Heroe
(jener "Übermensch", der den "Willen zur Macht hat") entscheidet und
ermannt, um die Welt nach seinem Bilde zu gestalten.
Diese
Sichtweise öffnete die Tore zu dem 20. Jahrhundert, wie wir es erlebt haben.
Das als Kampf des logos mit dem Chaos, als Kampf von Dionysos mit Apollo
begriffen werden kann. Und Dionysos hatte mächtige Verbündete, die
vorerst auch gesiegt haben. Denn hinter ihm stehen alle menschlichen
Leidenschaften und deren Entbindung, Entfesselung. Die Geschichte der
Musik spiegelt es exemplarisch.
Denn
von Wagner geht die Linie direkt weiter auf Arnold Schönberg, dessen
Zwölftonmusik - so meint Jones aufzeigen zu können - ein Racheimpuls
gegen die Ordnung der Welt war. Der er eine willkürliche,
"übermenschliche" Ordnung (in seiner mathematischen Beziehung der Töne)
entgegensetzte. Die aber damit auch das Schöne verlor, und es durch
Beeindruckung und Sentiment ("Verklärte Nacht" ersetzte. Schönberg,
ursprünglich Jude, hatte sich zum Christentum bekehrt und als Protestant
taufen lassen. Bis er erlebte, daß ihn seine Frau mit einem
Komponistenkollegen betrog. Das hat ihn ins Mark getroffen.
Fortan
war sein Schaffen nur noch von dieser Verletztheit geprägt. Und in
einem nächsten Schritt hat er eine Anti-Ordnung konstituiert - seine
Zwölftonmusik. Die eine fundamentale Wende in der abendländischen Musik
bedeutete, in der er Wagner bis zur letzten Konsequenz weiterführte und
den Boden für den Jazz (als Vorläufer) und die dionysische Rockmusik
(später) bereitete. Sie stehen völlig logisch in dieser
Entwicklungslinie. Und in dieser Linie steht die Entfesselung der
Leidenschaften und Begierden der Menschen.
Die
Zwölftonmusik wirft jedes menschliche Harmonieempfinden über Bord und
ersetzt es durch eine neue Dissonanz, die rein menschliches Werk ist.
Aus dieser "Musik ohne Hören" wurde ein Hören ohne Musik. Es hatte
tiefgreifende Auswirkungen. Denn in sehr rascher Folge gewöhnte es sich
das Publikum ab, von der Klassik noch etwas - Schönheit! - zu
erwarten.
Am kommenden Montag Teil 2)
*Es wäre schon lange an der Zeit, einen wichtigen Punkt herauszustreichen, der seltsamerweise in der ganzen Diskussion noch nie berührt scheint: Nämlich die Analogie zwischen dieser Vorsehung Gottes "als Chaos" und dem dionysischen Chaos zu zeigen. Denn auf eine Weise verlangt auch der göttliche logos jenen entscheidenden Punkt, an dem die transzendenten Mächte (also die Gnade), in deren Händen alles (Gelingen, also alles Ordnende, Vernunftgemäße) liegt - Gott also, konkret sogar: Gott Vater (in dem alles Wissen ist) - über das Tor der Hingabe an diesen göttlichen Willen erst einzubrechen vermag. Der Unterschied zum Dionysischen liegt also nicht in diesem "Chaos", dem zu überantworten es ultimativ gilt. Das oft so rigoros abzulehnen hat der abendländischen Kultur (man betrachte vor allem den Protestantismus) nicht gut getan und vieles in eine kaum lösbare Aporie und Erstarrung geführt.
Der an sich gar nicht so falsche Versuch über die "nouvelle theology", der im 20. Jahrhundert (parallel zu den Entwicklungen in der Musik) stattfand und heute die Theologie der katholischen Kirche zu überschwemmen droht, dieses Chaos wieder "hereinzubringen", diese Ganzhingabe, dieser "Steuerungsverlust" (durch letzthinnige Übergabe des Steuers an Gott), mußte aber insofern scheitern, als es vielen nicht gelang, dieses Geschehen, diese Akte in die göttliche Vernunft bzw. Vernunft überhaupt einzubetten. Damit endet auch diese Theologie dort, wo sie im Heidentum (Dionysos) endete, und in der Musikkultur des 20. Jahrhunderts sich exemplarisch zeigt: In einer Götzenanbetung, ja in der Dämonie der Verantwortung "an das nicht Gekannte und nicht zu Kennende". In einer Verneinung des dreifaltigen Gottes zugunsten anonymer (dämonischer) Mächte des Chaos. Wenn sich überhaupt Linien im theologischen Denken dieses Papstes (der VdZ bestreitet das) zeigen lassen, dann gehört diese dämonische, heidnische und letztlich nihilistische, weil vernunftverneinende Linie eindeutig dazu.
Die Hineingabe in den Willen Gottes ist genau NICHT der Verzicht auf Vernunft, sondern ist die Hineingabe an die ultimative Vernunft, ist somit deren "Entfesselung" in die Welt hinein - aus Gott kommt nur Ordnung, niemals Chaos, das wäre ein Wesenswiderspruch. Chaos läßt er aber freilich zu, und es hat dann den Charakter einer Strafe, einer Gnadenlosigkeit aus menschlichem Abwenden und Versagen heraus. Wie sagt der VdZ in einem seiner Stücke ("Keiner hört auf Harvey") auf der Grundlage von Erlebnissen in Obdachlosenheimen? "Das ist die Hölle - wenn es keine Vernunft mehr gibt." Die Geschichte des 20. Jahrhunderts zeigt es eindrücklich.
Der an sich gar nicht so falsche Versuch über die "nouvelle theology", der im 20. Jahrhundert (parallel zu den Entwicklungen in der Musik) stattfand und heute die Theologie der katholischen Kirche zu überschwemmen droht, dieses Chaos wieder "hereinzubringen", diese Ganzhingabe, dieser "Steuerungsverlust" (durch letzthinnige Übergabe des Steuers an Gott), mußte aber insofern scheitern, als es vielen nicht gelang, dieses Geschehen, diese Akte in die göttliche Vernunft bzw. Vernunft überhaupt einzubetten. Damit endet auch diese Theologie dort, wo sie im Heidentum (Dionysos) endete, und in der Musikkultur des 20. Jahrhunderts sich exemplarisch zeigt: In einer Götzenanbetung, ja in der Dämonie der Verantwortung "an das nicht Gekannte und nicht zu Kennende". In einer Verneinung des dreifaltigen Gottes zugunsten anonymer (dämonischer) Mächte des Chaos. Wenn sich überhaupt Linien im theologischen Denken dieses Papstes (der VdZ bestreitet das) zeigen lassen, dann gehört diese dämonische, heidnische und letztlich nihilistische, weil vernunftverneinende Linie eindeutig dazu.
Die Hineingabe in den Willen Gottes ist genau NICHT der Verzicht auf Vernunft, sondern ist die Hineingabe an die ultimative Vernunft, ist somit deren "Entfesselung" in die Welt hinein - aus Gott kommt nur Ordnung, niemals Chaos, das wäre ein Wesenswiderspruch. Chaos läßt er aber freilich zu, und es hat dann den Charakter einer Strafe, einer Gnadenlosigkeit aus menschlichem Abwenden und Versagen heraus. Wie sagt der VdZ in einem seiner Stücke ("Keiner hört auf Harvey") auf der Grundlage von Erlebnissen in Obdachlosenheimen? "Das ist die Hölle - wenn es keine Vernunft mehr gibt." Die Geschichte des 20. Jahrhunderts zeigt es eindrücklich.
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