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Mittwoch, 26. September 2018

Wer in die Grube steigt, wird keinen Himmel finden

Es war zu erwarten, sah man die Personen, die das ausführen und leiten sollten, und es spielt sich auch nun so ab: Die voriges Jahr vom Milliardär und Red Bull-Magnaten Dieter Mateschitz ins Leben gerufene "Denkplattform Addendum - Das was fehlt" ist am Scheitern. Sie liefert nicht das, was fehlt - was also in der öffentlichen Diskussion unter den Tisch fällt, nicht bedacht wird, etc. - oder tut das nur in gewissen Bereichen, sondern sie ist eine Plattform der Verblödung der Menschen geworden.

Warum? Das wird beim Ansehen dieses Videos deutlich, das sämtliche Mythen bemüht, die das heutige Denken in die Sackgasse geführt haben. Indem es von einer "Wissenschaftlichkeit" als einzig seriöser Grundlage ausgeht, die bestenfalls als reduktiv-rationalistisch gesehen werden kann, aber mit Denken und Wissenschaft nichts zu tun hat. Es gibt sie nämlich nicht, die auch in diesem Video behauptete "Voraussetzungslosigkeit", und das wird auch nicht besser, wenn man vom "Empirismus" ausgeht. Der so tut, als würde alles Wissbare ganz einfach aus empirischen Befunden hervorgehen.

Wenn etwas wissenschaftlich ist, dann die Erkenntnis, daß es kein voraussetzungsloses, also rein rationalistisches "Denken" gibt. Sondern, daß jedes Denken auf (durchaus subjektiven) Vorannahmen beruht. (Die im übrigen bis hin zu Massenpsychosen gehen, und das tut dieses Denken aus eben diesem Grund gar nicht selten, so daß als "Wissenschafts-Konsens" ausgegeben wird, was in Wahrheit ein Element der Massenpsychologie ist.) Damit sind wir aber bei der Metaphysik und dem Transzendenten, dazu genügt ein wenig Hineinarbeiten in den entsprechenden wissenschaftlichen, mathematischen Beweis, den Kurt Gödel schon vor 80 Jahren erbracht hat. (Der aus diesem Grund zum Spiritisten wurde.)

Stattdessen arbeitet dieses verlinkte Video von Addendum mit Altbekanntem - mit Eingrenzung des Denkens, mit Verleumdung eines anderen Denkens, dem einfach seine Substanz abgesprochen wird. Das ist der sicherste Weg zur Verdummung. Die diesmal noch den Makel hat, unter ach so hellem Mantelgeflitter aufzutreten und von Realitäten und Faktenerhebung spricht, denn die, die können ja nicht lügen.

Tatsächlich?

Es gibt keine "empirischen Daten", die an sich bereits Wahrheit enthielten oder enthüllten. Das tun sie erst, wenn ihnen eine denkerisch abgeklärte Metaphysik leitende Hand und ordnendes Bild gibt. Denn ohne dieses gibt es nicht einmal Fakten. Also auch keine Empirie. 

Wer aber bei der Metaphysik gelandet ist, wird sofort auf die Frage nach dem Ursprung stoßen. Denn ein Denken, daß keine Ursache kennt, landet in der Sinnlosigkeit. Und so befinden wir uns sofort bei der Frage nach Gott, dem unbewegten Beweger, als notwendigen Ursprung allen Seienden. Mit allen Fragen und Antworten, die sich daran anschließen. Ebenfalls von dort aus klärt sich dann auch der Begriff der Wahrheit als unverzichtbare Bedingung des Denkens überhaupt. Das heißt noch nicht, daß man gleich einmal auf die Erlösung und die Dreifaltigkeit kommen muß, aber es heißt auf jeden Fall, daß diese nicht mehr ausschließbar - und in einem nächsten Schritt: denknotwendig anzunehmen - sind.

Es ist deshalb verräterisch, wenn dieses erwähnte Video sofort alle möglichen abstrusen Theorien ins Spiel bringt. Die durchaus fragwürdig sind oder sein können, ja. Aber DAS ist nicht die Alternative zu jener Scheinwissenschaftlichkeit (die nur heißt, daß nie seriös gedacht, nie zu Ende gedacht wurde und wird), die im Video vorgeführt wird. Sondern die Alternative zu dieser Sichtweise angeblicher Wissenschaftlichkeit ist seriöse Metaphysik und logische Philosophie, die sich dessen gewahr wird, daß - und welche - Voraussetzungen für das Denken VOR ALLER FACHWISSENSCHAFT zu prüfen sind. Es heißt damit auch, daß man sich ernsthaft mit Gott und Seinsfragen auseinandersetzen muß. 

Und es heißt damit, daß man auch zu einem völlig anderen Begriff von Glaube und Religion gelangt, als es im Video regelrecht primitiv angesetzt wird. Wo der Glaube an Gott zu einer Angelegenheit der Dummen dargestellt wird, die halt einfach etwas nicht zu Ende denken wollen. Und diesen Schwachsinn kennen wir ja zur Genüge. In Wahrheit sind es solche reduktiven Rationalismen, die nicht zu Ende denken, weil sie noch gar nicht anfangen zu denken, sondern glauben mit ein paar Methoden, wie man sie halt an Universitäten lernen kann, wäre die Angelegenheit schon bereinigt. Was aber heißt dann überhaupt Wissen, wenn die Welt nicht eine logische Struktur (logos) hat? Und was ergibt, formt diese Struktur, und damit über sie den Menschen? Was ist überhaupt Erkennen? 

Was in vielen Fällen aber zu ignorieren ist - und diese Scheinwissenschaft ist gerade in Kreisen "Gebildeter" leider sehr verbreitet, wo Bildung zum bloßen Identitätsfaktor wurde und wird - nimmt schärfere Dimensionen an, wenn etwa in einem nächsten "Projekt" dieses Addendum der "Monogamie - Ein Konzept von gestern" auf den Grund gehen möchte. Und gleich in den ersten Stellungnahmen Schlimmes ahnen läßt. Dort schon davon spricht, daß sich ja in den letzten Jahrzehnten alles so geändert habe, daß die "alten Konzepte" nicht mehr griffen. Das läßt Schlimmes - und das heißt: ziemlich Dummes! - erwarten. So nach dem Motto: "Jetzt war ich im Weltall, aber dort habe ich keinen Gott gesehen. Ergo - es gibt keinen Gott." 

Wer so anfängt (und großsprecherisch mit dem Feitel der "Empirie" winkt), zeigt bereits, daß er so falsch an dieses Thema herangeht, daß am Ende nichts Gescheites, dafür lauter Blödsinn herauskommen wird. Denn der Dramatiker weiß, daß sich der letzte Akt bereits im ersten ankündigt, daß was nicht im ersten Akt da ist, auch nicht herausgeschält werden wird. Der Wirklichkeits-Erfahrene weiß also, daß er nach dem ersten Akt im Theater entscheiden kann, was ihn erwartet, und geht - oder nicht. Ist da nichts Gescheites drin, ist die Fragestellung bereits schwer mangelhaft, bleibt nur noch ein irrationaler Deus-ex-machina (oder ein Glücksspiellos) in der Peripetie zu Ende des 4. Akts, um doch noch irgendetwas Kluges dazuzuflicken.

Was Liebe, was Ehe, was Zwischenmenschlichkeit ist, läßt sich nicht "empirisch" finden, wenn ich nicht weiß, was sie überhaupt ist, also was an Daten diese und jene Information überhaupt ergeben. Wenn ich aber die tiefe, die ontologische, die metaphysische Dimension der Liebe gleich von vorneherein ausschließe, dann begehe ich gleich den nächsten fundamentalen Wissenschaftsfehler: Der nämlich da lautet, daß jedes Ding nur seiner Art nach (methodisch) untersucht werden kann. Ergo geht diese "Untersuchung" von einer Vorentscheidung aus, die dem primitivsten Materialismus zuzurechnen ist.

Schade um das Projekt. Schade deshalb, weil (wie frühere Zeiten wußten) ein Mäzen besser als der von diesem Geförderte, Finanzierte wissen muß, worum es geht. Hier sieht es so aus, als hätte Mateschitz voll guten Willens (den wollen wir ihm nicht abstreiten) gehofft hat, solidere, wahrhaftigere Wirklichkeitsbefunde zu erhalten. Wahrheiten, die auch die Erfahrung treffen. Vermutlich sogar durchaus aus tief persönlichem Interesse. Denn Addendum wurde ins Leben gerufen, nachdem sich der Salzburger Milliardär das erste Mal mit einer gesellschafts- und medienpolitischen Kritik an die Öffentlichkeit gewandt hatte.

Man darf nicht Mäzen für etwas spielen, das den Rahmen dessen übersteigt, von dem man wenigstens im Vorfeld des Durchdenkens etwas versteht. Nur Geld zu geben ist leider nicht nur zu wenig, es ist sogar das falsche Mittel, ja gefährlich. Denn damit befeuere ich unter Umständen Flammen, die genau das verbrennen, was jenes Übel bewirkt hat, unter dem ich leide, und das ich mit dem Geld beseitigen helfen möchte. Rationalismus ist nicht "freieres Denken", sondern es ist eine Blindenbrille. Die dem Denken eine Richtung gibt, die ganz sicher von der Wahrheit wegführt. Eine Diskussion um Freiheit kann nur vor dem Hintergrund des Menschenbildes, also der Anthropologie, und damit der Metaphysik stattfinden.

Rationalistische Neunmalkluge gibt es jedoch bereits wie Sand am Meer, auch in den Medien, was heißt: Wo sie auch Verantwortung übernehmen, weil wirken. Das hat also nicht gefehlt, Herr Mateschitz.

Wenn überhaupt, kann Addendum also nur Aspekte liefern, die der findet, der sich die Mühe macht, aus verdorrten, großen Büschen ein paar Beerchen herauszusuchen und auf Zufallsfunde zu hoffen, die im 5. Akt doch noch irgendetwas Brauchbares liefern. Kluges kann man aber viel leichter woanders finden. Der Rest an Addendum ist pure Geldverbrennung, wo ein dürrer Dornenbusch im Scheinfeuer von Millionen das Licht einer kleinen Funzel abgibt, die meist nicht einmal die Leuchtkraft eines Glimmens hat, wenn man viel draufbläst.

Schade.






*270818*