Dieses Blog durchsuchen

Sonntag, 30. September 2018

Der Verzicht aufs Sein

Also wenn man eines sagen kann, dann das, daß dieser Neymar da Silva Santos - kurz: Neymar, sagt Wikipedia - sehr sehr gute PR-Berater hat. Und Gillette einen tollen Coup gelandet hat, diesen PR-Zug des nächsten brasilianischen Wunderfußballers (und das ist er wohl) in seine eigene Kampagne einzubauen. Mehr will der VdZ dazu gar nicht sagen. Außer, daß solche Art des Reagierens den faktischen Gegebenheiten unserer medial-propagandahaften Gegenwart perfekt entspricht. Außer, daß uns dieses Video zeigt, woran wir wirklich kranken, und das ist ... fundamental.

Das ist ein Agieren auf rein faktischer Ebene (Hegel), das auf das Sein selbst verzichtet, ja das ihm sittlich unerträglich ist. Nicht, wie Heidegger meint, weil man das Sein vergißt. Sondern weil man nicht mehr sittlich zu handeln vermag, denn darum geht es beim "Seinsverzicht". Der mit Emotion, Gefühl, momentaner Gedankenlandschaft auszukommen meint, um sein zu können. Sich so zu einer Art "Befindlichkeits-Metaphysik" aufschwingt.

Genug gesagt. Klicke der Zuseher unten im Video den Untertitel-Button an, wo wenigstens auf Englisch (Portugiesisch werden ja noch weniger Leser sprechen) nachvollziehbar wird, was Neymar hier sagt. Und man sollte es durchaus sehen, denn gemacht, gemacht wie gedacht, ist es phantastisch.






Wer aber Zweifel am Attribut "Wunderfußballer" hat, sollte sich einmal diese Szenen* anschauen. Und sich dann fragen, ob es nicht stimmt: Daß sich der geistige Horizont eines Menschen von seinem Ort her definiert. Und damit von der Art seines Tuns. Und die ist hier zweifellos: Die Beherrschung des Balls, als Fußballer und damit Herrscher des Orts, an dem er am Feld steht. Mehr kann, ja mehr DARF von so einem Menschen auch gar nicht verlangt werden. Der sich erfüllt, wenn er sich an seinem Ort an dessen Anforderungen hingibt und darüber Mensch wird.

Die Größe, die Dimension eines Menschen ergibt sich eben aus seiner Aufgabe, die sich wiederum aus seinem Ort ergibt. Dort, in der Hingabe an diesen Ort, an den er festgenagelt ist (Neymar als Schrauber am Mercedes-Fließband in Sao Paolo wäre vielleicht eine lächerliche Durchschnittsfigur geblieben, aber vielleicht auch zum flottesten Schrauber in der Geschichte von Mercedes Brazil geworden) liegt sein Wesen und der Positionswert, der wiederum kulturell, sozio-ökonomisch etc. bestimmt wird.

Der vom menschlichen Wert insofern unabhängig ist, als sich menschlicher Wert (und damit auch sein Heilswert) NUR über die Hingabe an den wesensbestimmenden Ort ergibt. Wenn überhaupt, dann kann man erst hier über die Gleichheit aller Menschen sprechen. Die über die Verschiedenheit erst wirklich und vor allem Welt wird. Das obige Video aber vernichtet eben diese Unterschiedlichkeit, um nun doch mehr gesagt zu haben als beabsichtigt war.






*So nebenbei: Solche Videos ließen sich von sehr sehr vielen Fußballern dieser Welt anfertigen, der Zuseher möge es dem VdZ glauben. Unvergeßlich war ihm ein Auftritt des österreichischen Nationalteams 1978 (also kurz vor der sensationellen Weltmeisterschaft in Argentinien in eben diesem Jahr) im Amstettener Stadion im Zuge eines Testspiels. Da beobachtete er vor dem Spiel Spieler wie Walter Schachner (der immerhin noch eine beachtliche Karriere hingelegt hat), die beim Aufwärmen mit dem Ball jonglierten. Oder der Leser sollte sich einmal die im Netz verfügbaren Videos der Großtaten eines Andreas Ivanschitz (aus Österreich) zu Gemüte führen. Von dem er vermutlich noch nie etwas gehört hat. Oder wer erinnert sich eines Herbert Prohaska, der es sogar noch zu einer beachtlichen internationalen Karriere geschafft hat. Und solche gibt es viele, sehr viele. In allen Ländern, unter allen Völkern.

Was fehlt allen zu Neymar? Etwas anderes als Talent, etwas anderes als die technische Fähigkeit, einen Ball zu streicheln, mit ihm zu spielen. Es fehlt die sittliche Haltung der dauerhaften Hingabe ans Sachliche. 

Die Güte eines "Spielers" im Leben entscheidet sich nicht in der Spitzenleistung, sie entscheidet sich an seiner schwächsten Leistung, die immer noch ... guter Durchschnitt ist. Das gilt am Theater genauso wie im Fußball. Deshalb ist eine "Kultur" sehr sehr gefährlich, ja tödlich, die da meint, es hinge alles am "Talent". Nein. Alles hängt an der Sittlichkeit. Und diese Sittlichkeit hat mit dem Tätigkeitsfeld zu tun, das einem Menschen zugeordnet ist. Ja, das seinen Platz in der Ordnung der Vorsehung bestimmt. Dann, ja dann kommt manchmal sogar noch göttliche Inspiration dazu.




*300718*