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Donnerstag, 6. September 2018

Die Antwort ist doch viel einfacher (1)

Wer die Diskussion um die Einführung von Kindergeld in den Jahren nach dem Krieg verfolgt - der VdZ stieß auch darauf, als er die seinerzeit von seinem Vater herausgegebene Wochenzeitung in den Archiven der Nationalbibliothek aushob - wird erkennen, was hinter diesem Gedanken stand:

Es war die Solidarerklärung der Arbeitnehmer gegenüber Alleinerhaltern, denen ein Teil der geleisteten Steuern ZURÜCKBEZAHLT werden sollte, weil sie über die Kinder den Beitrag zum Gemeinwesen erfüllt haben, den andere nur über Geld leisten. 

Nicht übersehen werden sollte nämlich, daß diese Steuern nur zu einem Drittel aus Löhnen abgeführt werden. Ein weiteres Drittel lukriert der Staat über den Konsum (Mehrwertsteuer, Verbrauchsabgaben etc.), und das letzte Drittel stammt aus den Sozialversicherungsbeiträgen und Beiträgen zur Altersvorsorge. (Bei letzterer wird speziell den Familienerhaltern die nächste Keule der Ungerechtigkeit ins Gesicht gedroschen, aber das hier nur nebenbei.) Weil das heute noch mehr der Fall ist als 1945, hätte sich also das Kindergeld als Steuerrückführung viel mehr erhöhen müssen, als es der Fall war.*

Zumal die österreichischen Sozialpartner - sämtliche Kammern, Arbeitnehmerorganisationen usw. usf. - gemeinsam beschlossen, durch eine speziell eingeführte Einkommensabgabe (denn der Staat konnte auf Steuereinnahmen nicht wirklich verzichten, und damals wußte man noch, daß was ausgegeben wurde auch hereinkommen mußte) einen sogenannten Familienlastenausgleichsfonds zu etablieren, aus dem diese Steuerrückzahlungen finanziert werden sollten. Und das ist im Prinzip bis heute der Fall.

Noch präziser, war dies sogar als Solidarleistung gegenüber den ALLEINVERDIENERN, den FAMILIENERHALTERN also gedacht, man möge nachlesen. Denn sie sind die "Quelle" der für Kinder und Ehefrau zur Verfügung stehenden Gelder. Und daran hat sich bis heute nichts geändert, das wird meist ein wenig vergessen. Wobei der Staat, der vergißt es natürlich nicht. Selbst die Zahlungen für Alimente und Unterhalt sind nämlich auf diesen Grundtatbestand, wie er in der Nachkriegszeit resümiert wurde, ausgerichtet.

Es kam erst  mit dem Sozialstaat der Prägung der sozialistischen Parteien, die ab den 1970ern Europa fast zur Gänze in die Hände bekamen, Geldausschüttungen einzuführen, die in keinem direkten Zusammenhang mit Steuern und Abgabenaufkommen standen, sondern nur das ideologisch motivierte Ziel hatten, um jeden Preis soziale Gefüge zu verändern, indem man die Abhängigkeiten von den sozialen Gefügen "herausnahm" und ... auf den Staat hinlenkte.

Ab hier begann das Wesen eines sozialen Staates zu verschwimmen. Ab hier trat der Staat als großzügiger Onkel auf, der er natürlich nie war und sein kann, wie uns die Staatsschulden lautstark erzählen. Und ab hier begannen die Menschen logischerweise, sich vom Staat - nicht von ihren sozialen Gebilden, die wurden völlig verdrängt und vergessen - abhängig zu sehen. Obwohl diese realen Gefüge es sind, auf denen nach wie vor das Staatsgebaren aufruht. Den seither geborenen Menschen sind also diese Zusammenhänge überhaupt nicht mehr klar, und das war auch das Ziel dieses neuen Sozialstaates!**

Das Kindergeld ist aber nur als Form der Steuerrückzahlung zu denken. Es war und ist niemals eine freie Gabe des Staates, also eine "Sozialleistung" wie so manche andere, die egal aus welchen Gründen zumindest in den Zusammenhängen Aufbringung-Verteilung reines, einem amorphen "gegenwärtigen oder (vor allem) zukünftigen Steuereinnahmen" entnommenes Geschenk sind.

Das ist heute völlig aus dem Blickfeld geraten. Obwohl es dem Wesen des Kindergeldes widerspricht, nach anderen Kriterien vorzugehen. Und zeigt sich in seinen Auswüchsen nun deutlich, wenn es um den Disput um die Zahlung von Kindergeld an Zuwanderer geht.

Kindergeld geht aber von zwei Voraussetzungen aus: Einmal davon, daß Einkommenssteuern BEZAHLT werden, und zweitens davon, daß das Geld im INLAND ausgegeben wird, weil damit ebenfalls Steuern bezahlt werden. Und zwar in jenem Volk, in jenem Land, zu dessen Gemeinwohl jemand, der Kinder hat und aufzieht schon durch diese Kinder beiträgt, so daß er steuerlich zu entlasten ist. 

Als Bezieherkreis kommt also nur in Frage, wer im das Kindergeld auszahlenden Land Steuern bezahlt, arbeitet, Einkommen generiert, sowie in diesem Land Kinder aufzieht, die über die (eine) Staatsbürgerschaft eben diesem Land zuzuschreiben sind. Deren Ausbildung und Wohlergehen auf eine Weise nämlich diesem Staat zuarbeitet, so daß über den Generationenvertrag diese Kinder später zum Gemeinwohl dieser Solidargemeinschaft beitragen.

Indem man sich darauf besinnt, was das Kindergeld überhaupt bedeutet und was es bewirken sollte, hat sich also jede Diskussion aufgehört. Denn diese Gründungsgedanken sind zweifellos auch die Kriterien, nach denen vorzugehen ist. 

Das betrifft natürlich jene Bevölkerungsgruppen, die komplett von der Versorgung durch den Staat abhängen, ja um derentwillen ins Land kommen. Und neben Geld Sachleistungen oder deren Äquivalente erhalten, also auf gar keine Weise steuerlich "belastet" werden (mit denen man hier nehmen würde, was man dort gibt).

Wir sollten also endlich aufhören so zu tun, als wäre Kindergeld eine Frage von Großherzigkeit und gebotener sozialer Grenzenlosigkeit. Letztere bleibt nach wie vor dem Gewissen des Einzelnen überlassen. Wer das möchte soll das aus eigener, privater Kasse beitragen. Oder die Einführung eines weiteren Sozialtopfes in die Diskussion bringen. Mag ja sein, daß weitere Teile der Bevölkerung derselben Ansicht sind. Wobei die Zustimmung hundertprozentig sein muß, um sie als verpflichtendes Gesetz zu etablieren, denn es ist Teil der christlichen Soziallehre, daß niemand zu einer "guten Tat" gezwungen werden darf.

Mit der Idee des Kindergeldes aber hat die Auszahlung von Kindergeld an Zuwanderer in der heutigen Form absolut nichts zu tun.




*Und tatsächlich hat in den 1990er Jahren ein österreichischer Familienvater einen solchen Prozeß gegen die Republik Österreich geführt - und gewonnen! Doch hat die Politik dieses Urteil nur zum Teil berücksichtigt, und eine weitere Rückführung per Einkommenssteuererklärung (Kinderabsetzbetrag) etabliert. Die freilich dem Gerichtsurteil nur in geringem Ausmaß entsprach. Über den Rest wurde dann der Mantel des Schweigens gebreitet, den bis heute niemand mehr zu lüften wagt.


**Kleiner Exkurs über das Zerreißen von Zusammenhängen im Sozialstaat Österreich MORGEN




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