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Donnerstag, 27. September 2018

Der Schuldige steht immer fest

Das Geschichterl vom bösen Klimawandel hat noch eine weitere Seite, die viel zu wenig beachtet wird. Sie gewöhnt nämlich den Menschen das Denken ab. Man hört auf, richtige Rückschlüsse aus der Reaktion der Wirklichkeit auf unser Verhalten zu ziehen, und das ist zudem die saubequemste Art, mit individueller, eigener Schuld" fertig zu werden - man schafft sie ab. So daß es einem den Schmerz erspart, eigene Fehler zu erkennen und eventuell sogar zu beheben. Oder vorzubeugen, daß sie nicht mehr passieren.

Was immer heute passiert, ob es regnet, schneit, ob viel oder wenig Wasser da ist, immer ist das Klima die Katastrophe. Und also wer? Richtig. Die Menschen, die noch arbeiten, etwas herstellen, und ihr Leben aktiv gestalten. Das sind in erster Linie also - die "Weißen". Die Westler. Europa, Amerika.

In Afrika waren diese "Weißen" ja früher an allem schuld, was nicht paßte. War man zu wenig reich, zu wenig gebildet, zu wenig irgendwas - der Schuldige war klar. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Nur geht diese Schuld den Umweg übers Klima. Und wer ist an dem schuld? Richtig.

So geschehen im heurigen Sommer, als Kapstadt (im Westen Südafrikas) unter extremer Wasserknappheit litt. Auch hier war der Schuldige sofort klar. Wie ein Artikel in "Nature" aber zeigt, hat die heurige Trockenheit in Kapstadt mit Klimawandel rein gar nix zu tun. Sie ist vielmehr schon und fein hausgemacht. 

Denn die Stadt ist in den letzten Jahrzehnten (wo sich auch die Bevölkerung Südafrikas, namentlich deren mittlerweile 93 Prozent betragende Anteil von Schwarzen, verdoppelt hat) rasant auf heute fast vier Millionen Einwohner gewachsen. (Deshalb gibt es solche Probleme auf der ganzen Welt - Sao Paolo, Barcelona, Australien, überall explodieren die Städte.) 2001 waren es 2,9 Millionen, 1985 gerade mal 1,9 Millionen.

Dazu kam, daß sich die Wein- und Obstbauflächen in der Provinz deutlich vergrößert haben (Export!), und auch das braucht viel Wasser. Das hat aber niemanden gekümmert. Es hat auch niemanden gekümmert, daß aus der Vergangenheit bekannt war, daß Zeiten geringer Niederschläge in Südafrika gerne im Bündel mehrerer Jahre kommen, also z. B. von 2002 bis 2005 dauerten. Wie in den 1930er, wie in den 1970ern. Wobei die Trockenperiode vor 15 Jahren nur deshalb glimpflich ausging, weil 2004 glücklicherweise ein nasses Jahr war.

Die Trockenheit 2018 war also von trockenen Jahren 2015 und 2016 angekündigt. Aber statt Vorsorge zu betreiben, brach in der Stadtverwaltung im nächsten Trockenjahr 2017 die Panik aus. Als man erstmals feststellte, daß die sechs Wasserreservoirs nicht reichten, der Füllstand auf unter ein Viertel sank. Statt, daß man aber neue Reservoirs baute, rationierte man nur den Verbrauch. Es würde schon wieder einmal genug regnen, wörtlich.

Das alles war doch unter der bösen Herrschaft der Weißen nie ein Problem gewesen. Klar, denn die hatten nachgerechnet, und Wasserspeicher in ein Verhältnis zu kalkuliertem Verbrauch gesetzt, und mit dem Anstieg des Zivilisationsstandards jeweils die Staumengen vergrößert. Wasser war in Kapstadt also nie knapp gewesen. Man mußte nur vorausschauend damit umgehen.

Aber Vorsorge ist für einen Afrikaner ein ziemliches Problem, und das hat mit Rassismus nichts zu tun. Abstraktes Denken überhaupt ist dem Afrikaner fremd. Es gibt in vielen afrikanischen Sprachen (und damit im Denken) nicht einmal einen Begriff für "Zukunft", wie ein recht erfrischend zu lesender Artikel eines afrikanischen Philosophen schildert. Verantwortung, Versprechen, Vertragstreue, sogar Versicherungen für Mögliches - Fehlanzeige. Der Afrikaner, so schreibt der Mann, nimmt was ist, und kommt etwas anderes daher, nimmt er eben das. Was aber morgen (oder in einem Jahr) kommt (aber auch was gestern oder vor einem Jahr war) interessiert ihn nicht, solche Abstrakta kann er sich nicht einmal vorstellen. Die kann er nicht greifen, die sieht er momentan nicht, und damit gibt es sie nicht.* Was zu tun ist, was er sich nehmen kann, sagt ohnehin der Augenblick.

In Südafrika war nach 1995, nach dem Machtwechsel von weiß auf schwarz also, die Welt ja ohnehin in Ordnung, so hieß es zumindest überall. Sodaß nun alles gut war. Zumindest vorerst. Zumindest, solange eben die bestehende Infrastruktur hält. Und zumindest, wenn die letzte weiße Hand abgehackt ist. Nein, bis der letzte Weiße im Meer versenkt ist. Nein, auch das wird nicht reichen ... verdammt ...

In Anbetracht des Wachstums von Kapstadt hätte (so denken aber nur Weiße, natürlich) die nunmehr schwarze Lokalregierung dafür Sorge tragen müssen, daß auch die Wasserspeicher (Staudämme) vergrößert werden. Das hielten aber alle für überflüssig. Nun bekam man die Rechnung serviert: Eine ausgewachsene Wasserknappheit, der man hilflos gegenüberstand. Warum man nicht in Reservoirs investiert hatte? Die Erklärung des Bürgermeisters ist süß: Man wollte nicht Millionen in eine Infrastruktur stecken, wo doch gar nicht sicher war, daß die Trockenheit wirklich kommen würde.

Was wurde der Welt also als Grund serviert? Der Klimawandel habe die Stadt überrascht, hieß es. Mit noch einem Jahr Trockenheit war einfach nicht zu rechnen. Die Trockenheit hat also die Klimaerwärmung verursacht. (Und wer ist an der Klimaerwärmung schuld? Richtig ...)

Und sämtliche Schreibstuben der Welt haben den Unsinn abgedruckt. Denn wer vom Klimawandel quatscht, kann ja beweisen, daß er ausgesprochen klug ist und weiß, worum es geht. Das altmodische Denken braucht heute niemand mehr. 

Es ist nur ein Beispiel, wenn auch plakativ. Aber jede Wette: Wir müssen davon ausgehen, daß binnen kurzer Frist die Allgemeinheit in einem Ausmaß verblödet, wie wir es noch vor zwanzig Jahren nicht für möglich gehalten hätten. Und zwar in progressiver Linie. Statistisch ist es ja bereits zu beobachten, und zwar weltweit: Der IQ geht zurück. Überall. Seit Jahren. Auch im Westen.

Und das ist kein Wunder. Denn egal was wir tun, es ist gleichgültig. Die Folgen trägt der Staat. Oder irgendein Staat. Oder einfach irgendwer. Hauptsache: Wer anderer. Oder etwas anderes. Und im Zweifelsfall stehen die Generalschuldigen fest. Männer. Weiße. Westen. Plastik. Gift. Klima. Gumpfdübelschrauben mit Ananasstreusel von garantiertem Raubbau aus Amazonasplantagen, die beliebte Alternative für Heim und Garten, jetzt im Doppelpack. Aber niemals sind "wir" noch für etwas verantwortlich.

Ursachen interessieren damit niemanden mehr. Denn eines weiß man heute generell: Man kennt die Schuldigen, selbst wenn man die Sache nicht kennt. Wo aber die Kausalität verschwindet, wo sich Ursache und Wirkung nicht nach dem logos ausrichtet, nach der wirklichen Wirklichkeitsbewegung, da wird das Urteil zufällig und die Entscheidung willkürlich.





*Schon heute ist in Südafrika erkennbar, daß die Gesetze, die Unternehmen mit öffentlichen Aufträgen eine paritätische Stellenvergabe (nach Anteil weiß/schwarz an der Bevölkerung) vorschreiben, das heißt: auch sämtliche Energie- und Infrastrukturunternehmen, unter einem eklatanten Know How-Verlust leiden. Es gibt glaubwürdigen Berichten nach schlicht und ergreifend die Fachleute nicht mehr, die ein Stromnetz oder einen Wasserrohrbruch oder den Ausfall eines Sendemasts auch reparieren können.





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