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Samstag, 8. September 2018

Von Medien, die am Narzißmus zugrunde gehen

Verzichtet das Höhere auf die Distanz zum Niedrigeren, und sei es noch so nahe, hält also das Höhere seine Gestalt nicht, die vor allem heißt: Den Ritus der Selbstzelebration, die institutionalisierte Distanz im ritualisierten Umgang, beginnt sowohl das Höhere als auch das Niedere die Selbstauflösung. Wenn auch auf zwei Arten. Das Höhere wird schwach, während das Niedrigere eine Chance sieht, an jenem Höheren, an dessen Ort es sich plötzlich finden könnte (oder auch nicht, um diese Unsicherheit zu wissen ist wichtig!), teilzuhaben, ja es selbst zu sein. 

Deshalb ist das Wesen des Umgangs von allem miteinander, und umso mehr das der Menschen miteinander, das des Ritus, der Formalität, der institutionalisierten Form der Begegnung. In der sich die Unterschiedlichkeit der einzelnen Wesen manifestiert, ausdrückt, und wirklicht. Wirklicht! Auch das ist wichtig.

Was die österreichische Außenministerin Karin Kneissl deshalb im Umgang mit Journalisten praktiziert, illustriert das Gesagte perfekt. Und zeigt auch, wie beschädigt es bereits ist. Denn wir befinden uns im Land der kleinen Zumpferlspieler, wo alle alles zu sein glauben, und vor allem natürlich: alle das Höchste sein wollen. Denn auch das Hohe stinkt beim Scheißen. 

Sie hat es abgelehnt, auf ihren Dienstreisen Journalisten mitzunehmen. Das sei auch seinerzeit, beim früheren Außenminister Alois Mock, nicht der Fall gewesen, und das möchte sie so halten, auch wenn es in der Zwischenzeit anders war. Sie sehe aber die Medien als vierte Macht, die der Politik distanziert und kritisch, weil beobachtend gegenüberzustehen habe. Das ihr reflexartig von den Medien vorgeworfene Wort von der "mangelnden Bereitschaft zur Kooperation" sehe sie als problematisch, meinte die erst jüngst in den Stand der Ehe Getretene. Und das wurmte die Journaille deutlich spürbar, denn sie merkte, daß das stimmte, was die Dame sagte. Die sich doch tatsächlich bemüht, auch Dame und damit vor allem Außenministerin zu bleiben, und nicht Kumpel der Berichterstatter.

Das irritierte diese ziemlich. Distanz! Huch, das ist ja heute wie der neue Gottseibeiuns! Arroganz ist noch das mindeste, was man jenem vorwirft, der auf sein Eigensein achtet. (Was in Wirklichkeit die echte Form von Demut ist, die jedem, wirklich jedem zuallererst geboten wäre.) Sie war schon daran gewöhnt, von den Politikern auf deren Ebene gehoben zu werden, und fühlte sich so wichtig, daß sie sich eimirnixdadirnix mitregieren sah. Denn wir sind doch alle Kumpel, alle gleich, oder?! 

Das führte zu Medien, die ihre Aufgabe schon so begriffen, daß sie "mit der Politik zusammenzuarbeiten" habe. Und darin, werte Leser, darin liegt der Kern des Pudels, wenn man von der Selbstzerstörung der Medien berichtet: Sie wollen mitregieren, ja sehen sich sogar als die eigentlichen Regenten. Ihr Beruf ist staatstragend. Nicht auf das zu bescheiden, was er ist: Objektiver Berichterstatter. Ja, Gegenpol zur Politik. Wir sind doch alle gleich, oder?! 

Wie höher wir sind, ist der wahre Punkt: Verweigerung des Ortes in der Ordnung.

Nein, plötzlich waren sie auch Politiker, auch so wichtig wie diese, ja wichtiger. Denn die hofierten ihnen sogar, weil sie "die Öffentlichkeit brauchten". Daß da so unendlich viel Eitelkeit dahinter stand und steht wollen wir hier gar nicht weiter ausführen. 

Kneissl hingegen will die Journaille nicht "brauchen". Die solle vielmehr ihr Eigenleben führen und behaupten. Und dazu gehöre es sich nicht, der Politik zu nahe zu kommen. Sie habe das im übrigen in ihren Zeiten als Journalistin auch immer so gehalten. Und zu schätzen gelernt, weil man zu einem Thema seinen eigenen Zugang suchen und finden müsse. Reise man mit Politikern mit, enge sich aber der Horizont sowohl räumlich wie zeitlich ein, und man erfahre gar nicht, was vielleicht wichtig wäre.

So blieb nur Beleidigtheit, mehr oder weniger gut verborgen, aber subkutan immer spürbar, als die Politikerin, die zwar von der FPÖ ins Amt reklamiert worden war, die sich als parteilos sieht (und man glaubt ihr das auch), noch ein Schäuferl nachlegte. Und sich zu behaupten erfrechte, die Erfahrung gemacht zu haben, daß zudem die meisten Journalisten ziemlich langweilig seien, und gar selten intelligente Fragen stellten. Stattdessen würden meist bloße Stereotypen wiederholt, stünde die Antwort sogar im voraus fest, man wolle sie in solchen Interviews nur "bestätigt" finden.

Wie sagt der Narziß? Ich kann alles sein. Und das heißt: Ich will das Höchste sein.

Aber was etwas ist, sagt ihm der Ort. Das empfängt jeder, kraft Geburt. Es ist ein Irrtum, ein schwerer Irrtum zu meinen, daß sich der Ort aus dem "Können" ergäbe, also aus einer Funktion die "kraft Talent" zu erfüllen wäre. Nein. Letztlich ist alles Können gleich. Der Unterschied zwischen den Dingen, der Unterschied in ihrem hierarchischen Platz ergibt sich als reale Gestalt aus einem ganz anderen Umstand: Aus ihrer Sittlichkeit, in der sie jeder für sich dieses Gleiche an ihrem Ort und damit in ihrer Aufgabe erfüllen. Erst in dieser Bereitschaft ist tatsächlich jeder Mensch gleich. Was auch die Bereitschaft bedeutet, den Unterschied des Ortes im Ritus, der die Ordnung darstellenden Begegnung zu feiern. Und siehe da: Plötzlich wird die Welt wirklich zum schönen Tanz. 




*170818*