Sie wurde später die Marilyn Monroe des arabischen Raumes genannt, immerhin hatte sie sogar deren Schönheitsfleck am Kinn. Sie war als Asmahan Teil der damals schillernden, wilden, schrankenlosen Jerusalemer Gesellschaft der 1930er/1940er Jahre. Aus Ägypten als kleines Mädchen mit ihren Eltern nach Syrien geflüchtet, hatte sie ihren Durchbruch 1933, als 14jähriges Mädchen, schon mit ihrer ersten Schallplattenaufnahme. Als Sängerin und Schauspielerin berühmt, war sie noch mehr bekannt für ihr ausschweifendes Leben, in dem sie sowohl den Männern - als auch deren Frauen - den Kopf verdrehte.
Weil sie so schön, dabei intelligent, charmant, eloquent war, fließend mehrere Fremdsprachen sprach, und so unwiderstehlich im Umgang mit Männern war, jeden um den Finger wickeln konnte, nahmen sie sämtliche Geheimdienste als Agentin unter Vertrag. In den damals französischen Protektoraten Syrien und Libanon ebenso wie im britischen Protektorat Palästina.
Sie spielte beide Länder elegant gegeneinander aus. Auch die Araber mit ihren Verbündeten, den Deutschen, meinten zu Zeiten, sie auf ihrer Seite zu haben. Es stimmte ebenso wenig. Die Briten hatten sie zuerst, im Mai 1941, in ihre Dienste genommen. Sie sollte die Vertreter der französischen Vichy-Regierung in Damaskus zum Seitenwechsel überreden. Als sie aber mitbekam, daß die Briten ihr Versprechen eines unabhängigen arabischen Staates nicht halten wollten, stahl sie einem ihrer Liebhaber geheime Papiere und verkaufte sie am nächsten Tag an die Deutschen in Istanbul. An der Grenze zur Türkei wollte sie ein türkischer Grenzsoldat verhaften, sie biß ihn und entwischte. Als schließlich die Franzosen sie in Damaskus nicht mehr länger bezahlen wollten, übersiedelte sie nach Jerusalem.
Bald ging in Jerusalem die Mär um, daß wer bei ihr die
Nacht verbrachte, ein bewegtes Abenteuer vor sich habe. Weil unter sowie
auf dem Bett ein englischer General lägen, im Schrank ein französischer
Diplomat wartete, während am Lampenschirm ein arabischer Scheich
baumelte.
Ihre Exzentrizität war Legende. Für ihre Zeit war sie durch ihre freizügige, selbstbestimmte
Lebensweise mehr als ungewöhnlich, eher einer Frau des 21. Jahrhunderts
vergleichbar. Dabei hatte sie unter ihren Kritikern nur
Bewunderer. Offiziell nannten die englischen Damen der feinen Jerusalemer Gesellschaft sie natürlich
"Prinzessin Schund". Inoffiziell hieß es, daß man nun endlich in
Jerusalem schicke Pelzmäntel aus Wien zu kaufen bekäme. Unbestritten aber war sie allen eine der schönsten oder die schönste Frau, die man je gesehen hatte, wenn auch eine der verruchtesten, die ständig Geld brauchte.
Die
Nächte im Jerusalemer In-Treff, dem King David-Hotel, brachte sie, obwohl immer noch blutjung,
regelmäßig bei Whiskey-Champagner-Cocktails durch. Ehe sie einen
saudischen Prinzen, einen weiteren der britischen Offiziere (samt dessen Frau), oder einen palästinensischen Würdenträger verführte. Einmal warf sie die ägyptische Königinmutter aus
der von ihr belegten besten Suite im King David, weil sie eine Affäre
mit deren Kammerherren anfangen wollte.
Ein Biest, durch und durch, so könnte man sie nennen, die Jerusalems Männer (und nicht wenige Frauen) in faszinierte Bewunderer verwandelte. Als sie - als Drusin - in einem ihrer ersten Filme eine
skandalös leichtgeschürzte Rolle spielte, schossen drusische Landsleute empört auf die
Leinwand - und konnten sich doch nicht an ihr satt sehen. Sie war als Filmstar im gesamten arabischen Raum auf steilem Weg nach oben, alle lagen ihr zu Füßen.
Mehrfach verheiratet - und ebenso oft wieder geschieden - kam sie 1944 (gerade 24jährig!) bei einem mysteriösen Autounfall in Kairo ums Leben, bei dem ihr Wagen in den Nil stürzte und sie ertrank. Sie war gerade mitten in den Dreharbeiten zu dem Film "Love and Vengeance", in dem sie ihre bislang wichtigste Hauptrolle spielte. Die Gerüchte um einen bezahlten Mord verstummten nie, überall gab es Motive. Abwechselnd wurden der britische MI6, die deutsche Gestapo, der von ihr zurückgewiesene, seither auf Rache sinnende König von Ägypten, Farouk, oder die damals berühmteste ägyptische Sängerin Om Kalsoum, der unterstellt wurde, daß sie die Konkurrenz ausschalten wollte, als Auftraggeber gehandelt.
Dieses Lied galt damals als ihr größter Hit und wird angeblich noch heute im arabischen Raum gespielt:
Asmahan
"Verzauberte Nächte in Wien"
*180818*