Dieses Blog durchsuchen

Montag, 22. Juni 2020

Bonelli, der Psychiater in der Unterwäsche

Aber wollen wir doch, zum Nachstreuen sozusagen, noch etwas aufgreifen, was bei Raphael Bonelli fast zum Markenzeichen in der Corona-Krise wurde. Wo er in sehr kurzen Abständen Videos ins Netz zur Veröffentlichung über Youtube stellte, in denen er - typisch Liberaler - über den Corona-Wahnsinn zu jammern begann, sobald er davon selbst gestört wurde. 

Denn auch er, wie die allermeisten, haben sich erst als Kritiker gemeldet, als der Urwald bereits gerodet, das Feld weit und übersichtlich, und die Kritiker sich unter zahlreichen ihresgleichen wußten. Daß das, was sie nun als so "offen erkennbare" Schrecklichkeit vorfanden, einige Wochen oder Monate zuvor zum einen (dem Sehenden) erkennbar, aber da noch zu verhindern gewesen wäre, spielt dann keine Rolle mehr.

Aber wir wollen hier nicht weiter des Psychiaters und Arztes Thesen und Sichtweisen zerlegen, sondern wir wollen nur das T-Shirt heranziehen. Denn eigentlich, eigentlich erklärt es selbst schon alles. Wie immer eben: Die Wahrheit steckt in der Gestalt. Die Tiefe liegt, wie Albert P. Gütersloh es einmal elegant formulierte (und was jeder Psychologe sofort bestreitet, ja angreift), die Tiefe liegt außen

Wenn also als Merkmal der Psychologie, die sich im 20. Jahrhundert auf der Grundlage von Sigmund Freud vor allem so rasant zur Welt- und Menschenerklärungsmaschinerie entwickelte, die in Wahrheit alle auflöst und verwirrt und zerstreut, weil total relativ macht (was mit wissenschaftlicher "Neutralität", Wertungslosigkeit begründet wird), wenn also das Merkmal der Psychologie das Innen nach außen zu stülpen ist, so passiert das genau bei dem, der ein T-Shirt als gültige Letztbekleidung verwendet. 

Denn das T-Shirt ist ein Unterleibchen. Es ist auch dann noch ein Unterleibchen, wenn es wie seit fünfzig Jahren (und heute endgültig allgemein) als Außenbekleidung getragen wird. Und es bleibt ein Unterleibchen, wenn es selbst bei nobelsten Anlässen für modisch und tragbar erklärt wird. Das zeigt nicht, daß es "salonfähig" wurde, sondern es zeigt, daß das Tragen von Unterwäsche allgemein als ausreichend gesehen wird. 

Daß es sich von der Mundl-Ästhetik des Rippchenleibchenträgers, der am Küchentisch sitzt, eine Flirt raucht, und ab und zu an seiner Bierflasche nippt, während der Fernseher läuft, unterscheidet, liegt an dem simplen Umstand, daß es in dieser Form ein Unterwäscheteil amerikanischer Soldaten war. Also in den USA geboren wurde. Aber interessanterweise ging es nicht zu jenem Zeitpunkt in unseren Kulturschatz über, als diese Soldaten tatsächlich unsere Länder besetzt hielten, sondern kam mit den Hollywood-Filmen, und einigen der von Hollywood gemachten (man kann das wörtlich nehmen) Ikonen der Gegenwart. 

Man kann und sollte übrigens - nicht nur hier - sich wieder angewöhnen, jedes Wort wörtlich nehmen. Wir haben in der Sprache ein sehr analoges Problem, zu dem bei T-Shirts, Dinge, Gestalten sind eben "Fraktale", so könnte man es sehen. Sie sind in allen Größen, Bereichen, auf allen Ebenen von derselben Grammatik gestaltet und geprägt. Wer die Grammatik des Seins - die Trinität! - kennt, sich bemüht sie zu erkennen, wird deshalb die gesamte Welt einordnen können. 

Soviel sei damit auch zur Überlegenheit von Experten gesagt. Die nur dort überlegen sein können, können!, wo und weil sie quantitativ dem Laien überlegen sind. Und weil die Intensität der Beschäftigung damit, mit der Quantität, vielleicht noch geholfen hat, die innere Charakteristik der Dinge durch allen Momentschein hindurch schneller und schneller klar zu erfassen. Umgekehrt hat jeder Laie den immensen Vorteil, sich nicht von Details geplagt und verwirrt über den Gesamteindruck (der meist ein instantaner, also der erste Eindruck ist) sofort der Gestalt zuzuwenden, denn die begegnet ihm zuerst. 

Und von dort aus die Charakteristik des Ganzen (das sich im Detail nur als Fraktale fortsetzt, wie gesagt) zu erkennen. Dieser Charakteristik muß dann auch alles sonst folgen, was an Detail noch ins Spiel kommt. Und es ist von großer Bedeutung, über die Details nicht diese Gesamtcharakteristik aus den Augen zu verlieren. Genau deswegen fällt ja heute auch auf, daß die sogenannten Wissenschaftler sehr oft ihre Autorität über Details unterstreichen wollen, in denen sie natürlich dem Laien überlegen sind. 

Aber sie wollen damit in den allermeisten Fällen nur die Autorität behaupten, indem sie den Laien verwirren wollen. Dem sie einreden, es wäre wissenschaftlich, wenn man bereit sei, sich über das Detail die Gesamtcharakteristik als unzutreffend aus der Hand schlagen zu lassen. Dazu zählt auch der Bezug auf berühmte Namen. Was Bonelli gerne mal tut, indem er Freud oder Jung oder irgendeinen anderen Autor in die Runde wirft.

Aber Details, Einzeldinge, Teile eines Ganzen unterscheiden sich voneinander nur durch den Wirkbereich, der ihrem Wesen, ihrer Art, ihrem Ort in der Ordnung der Schöpfung entspricht. Die Grammatik, die Charakteristik (so könnte man auch sagen, aber der Begriff hält nicht immer) des Selbstseins eines Dings - und weil etwas nur es selbst ist, wenn es tätig ist, sonst zerfällt es ins Nichts, bedeutet auch das ein aktives Tun und Wirken - ist immer von ein und derselben Charakteristik geprägt. Im Ganzen wie in allen Teilen.

Je integrierter ein Teil ist, zu je umfassender Eingliederung das Prinzip des Ganzen ist, desto mehr. Das heißt also, daß auch ein T-Shirt, dieses Unterwäscheteil, zu einer handfesten Aussage über die Gesamtheit einer Person heranzuziehen ist. Schon gar, wenn es nicht als Einblick in ein intimes privates Geschehen gelten soll, sondern als Bekleidung bei einem Auftritt vor einer Öffentlichkeit, die in die Zehntausende geht.

Bei Bonelli ist (wie bei praktisch bei jedem seiner Branche) der Formverzicht also grundsätzlich und charakteristisch. Wobei man bei Psychologen eigentlich sagen müßte: Die Unfähigkeit zur Form. Form widerspricht nämlich dem Wesen der Psychotherapie, wie sie heute verstanden wird. Sie würde definieren, den Patienten festlegen, in einer Beziehung Formelles fordern, und das würde der Universalität des Herumstocherns in den Seelen widersprechen. (Na und wie erst dem Wissenschaftsgebot, eh schon wissen.) 

Die Psychologie des 20. und erst kürzlich begonnenen 21. Jahrhunderts ist eine Rhetorik des Formverlusts. Das ist ihr Merkmal, das auf ein Menschenbild zurückgeht. Wobei man eigentlich sagen müßte, daß diese Gestaltlosigkeit das Menschenbild selbst geformt hat. Es war also zuerst (!) der Abbau der Formen in dieser Kultur, der DANN die Thesen formte, nach denen gedacht wird. Denn diese Formbarkeit nach einer Kultur, also nach den Formen, nimmt im selben Maß zu, wie die Abnabelung von der Vergangenheit, die Mißachtung der Tradition, also der Aktualismus zunimmt.

Also trägt auch Bonelli die Standes- und Zeittracht - das T-Shirt. Also tritt er in Unterwäsche an die Öffentlichkeit. 

Schön von einem Hintergrund untermalt, in dem ab und an auch ein Kind (jünger an Jahren als sein Erzeuger) auftritt (wie menschenfreundlich, wie kinderfreundlich sind wir doch heute! Das gehört zu einer lieben, guten Person heute doch dazu!? Schon gar mit katholischem Unbedenklichkeitsausweis?) 

Inmitten einer Wohnumgebung, die der VdZ nur zu gut kennt ... Häuser, die "individuell" gestaltet, "ganz nach den Wünschen" der Häuselbauer errichtet wurden, mit Schrägen und in Dachböden eingepaßten Regalen mit (richtig!) Taschenbüchern. Praktisch ist das neue Paradigma, auch in der Ästhetik, diesem Zeitstil, der gar kein Stil mehr ist, denn dazu müßte er von Formbedürfnissen ausgehen, nicht von Funktionen. Man denkt aber heute nicht mehr von den Gestalten her, und deren Anwägung. So sehen dann auch die Häuser aus. In der Psychologie wie in der Architektur. Fraktale, auch hier!

Und so wird vor allem gelebt, so ist die Lebensweise: Das Funktionale ersetzt die Form und ist Ausgangspunkt der sich dann ergebenden Form. Man baut heute die Häuser von innen nach außen. Angeblich. Man setzt sich zuerst mit den technischen Anforderungen auseinander, und diese beantwortet man. Das alleine ergibt dann die Form. Was in der Architektur mehr und mehr zur Verwendung von Glas geführt hat, mit Innenwänden, die jederzeit änderbar sind, mit Außenhüllen, die sich irgendwelchen Formvorstellungen einfügen, mit der Gestalt der späteren Bewohner aber nur noch technisch, nicht in der Beziehung als Gestalt eines Ganzen zu tun hat. Diese wird bestenfalls "erklärt". 

Wobei viele Bücher in der Psychologie tatsächlich nur in Broschur erhältlich sind. Auch hier also Formverzicht als Prinzip. Das Argument des "leistbaren Preises für notwendige Literatur" ist jedoch ein (oft gehörtes, aber nie zutreffendes) Scheinargument, auf das wir nicht weiter eingehen wollen. In Wahrheit ist nämlich auch der Preis, ja gerade der Preis, eine Aussage der kulturgeformten, kulturimmanenten Beziehung von einem Ort beziehungsweise zu einem Ort, aber lassen wir das jetzt.

Die Psychologie des 20. Jahrhunderts hat sich auf dieselbe Art entwickelt. Sie ist ein Etikettenschwindel, das heißt, sie erklärt ein und dasselbe Phänomen (Ding) zu "etwas anderem", gibt nämlich vor, daß das, was ein Ding ist, von einem selbst und beliebig definiert werden könne. Was die gesamte Welt unendlich reduziert.

Was sich heute als Seelenkunde offenbart, ist der Regress auf die Auflösung aller Formen. Diese werden als "starr" und die Freiheit "be-/verhindernd" angesehen. Will man zur wirklichen Seele (Schluß mit den Anführungszeichen, es würde nur so wimmeln davon) vordringen, muß man somit wie ein Kind werden. Denn auch das Kind hat noch keine von sich aus geprägten, und nur wenige von außen auferlegten Formen (als ausgeprägte, gehaltene, gestaltete Beziehung). 

Und einem Kind verzeiht man schon mal, wenn es in der Unterwäsche herumläuft. Denn es hat das Schamgefühl noch erst nur auf den eigenen Leib bezogen.  Noch nicht auf die weiteren, immer mehr kulturbezogenen Kreise, zu denen Bekleidung dann gehört. Wer Welt und in der Welt ist, ist das nur in der einen oder snderen Form "bekleidet". 

Und hier entwickeln sich Normen aus der bloßen Leibgrenze hinaus zum Sollensgebot - Gebot, weil es auf die Selbstüberschreitung ankommt, nicht aufs "wie ich mich fühle" o. ä. - auch in der Kleidung. Ohne bloß relativ zu sein. Auch in der Kleidung steckt jene archetypische Wesensbewegung, die von Grundformen ausgeht und diese in je nach Kulturhöhe in immer subtileren, feineren, quantitativ wie qualitativ diffizileren Formen (wie im Fraktale) weitertreibt.

Also bleibt Unterwäsche immer Unterwäsche, wo die Grenze zur Außenwelt noch gar nicht ausdifferenziert ist! Wie es der Massenmensch etwa zeigt.

Der Priester tritt deshalb nur im Talar auf. Der VdZ hat einige Beispiele dazu im Netz gesucht und gefunden. Selbst für Liberale gilt da: Sogar sie tragen meist Talar, wenn sie sich direkt an ein Publikum richten, also die Gestalt Priester bedeutend ist. Zumindest haben sie Priesterkleidung, schwarzer Anzug und römischer Kragen trifft da ebenfalls den Dresscode. 

Was es im Vergleich damit über einen Psychiater sagt, dessen Beruf es (wie der des Priesters) ist, seelisch Kranken oder Bedürftigen zu helfen, wenn er in der Unterwäsche als Kind vor die Menge (und in welcher Größe, in welcher Unkontrollierbarkeit, also Bedeutungsgestaltung der Begegnung, die immer eine Begegnung "als" ist: Youtube!) tritt, mag nun dem Leser überlassen bleiben. 

Denn wie gesagt: Die Tiefe liegt außen. Jeder kann die Grammatik des anderen sehen, die sich als Fraktale entfaltet. Die Verwirrung dieser Zeit liegt deshalb in der Schizoidität als Grundströmung, in der nichts mehr sein soll, was es ist. Und als was man es untrüglich erfaßt. Im Anfang. Ehe die begriffszerstörerische Sophisterei der Psychologie beginnt.



*290520*