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Samstag, 6. Juni 2020

Weitere Nebenbeobachtungen

Es fällt auf, ja es sieht wie ein Grundzug der Gegenwart aus, der freilich im 19. Jahrhundert volle Fahrt aufgenommen hat (man denke an die "sozialen Bewegungen", und hier besonders an die Erfindung des Marxismus) daß die allgemeine Stimmung in unseren Ländern aus allem, was früher freie Tugend und in der Verantwortung der individuellen Lebensgestaltung lag, heute zu einer Pflicht stilisiert wird, die per Gesetz vorzuschreiben und vom Staat auf Einhaltung zu überwachen ist. 

Was früher Gebot der Höflichkeit und des Anstands war, was früher eine Frage des persönlichen Heiles war, das für alle wünschenswert, aber niemandem im strengen Sinn verpflichtend geboten war, ist heute gesetzlich geregelte "Diskriminierung", "Sexismus", "Rassismus", "Unterdrückung", "Verstoß gegen die Gleichbehandlung", und so weiter und so fort.

Was sagt uns das? Daß wir eine so verdammt christliche Gesellschaft geworden sind, in denen die Freiheit des Christenmenschen per gesellschaftlichem Konsens zu einem staatlich geregelten Gesetz wurde, gegen das niemals verstoßen werden DARF, sonst schließt man sich aus dieser Gesellschaft aus. Denn das ist unter anderem der Sinn einer Strafe. Ja das ist heute sogar der ausdrückliche, wenn nicht exclusive Sinn von Strafe: Re-Integration? 

Hm. Ist aber nicht das genaue Gegenteil der Fall? Oder ist es nicht einfach so, daß das Christentum vom (im Wesentlichen) immer gleichbleibenden Kult der Gottesverehrung 
denn das ist jede Religion zuallererst: Kult, als Weg der Verbindung des Irdischen und eines selbst ALS Irdischem mit Gott, um sich selbst auf die eine oder andere Art zu vergöttlichen oder in das Göttliche hineinzustellen
zu einem Regelwerk für erwünschtes Verhalten wurde. Mit Offenheit für die Wünsche der jeweiligen Zeit und Stimmung, die keinen Gott mehr braucht, ja einen solchen sogar für lästig (zumindest aber für rückständig, als Mittel eines "nicht so weit seins") hält (was alleine eigentlich schon die Antwort liefert).

Weil an einen solchen zu glauben die erwünschte "Toleranz" und Inklusivität beschädigt. Sodaß dieses Leben nach Regeln, dieses Leben in einer streng per Vorschriften und Abweichungsverboten geregelten Welt, jeder Gottesverehrung überlegen ist.

So überlegen, daß das Gute nicht mehr der Freiheit des Einzelnen überantwortet ist, der sich so oder so zur Gemeinschaft (und zum Geber der Regeln) verhalten kann, sondern der gar nicht anders können darf. Als Umgebung, die vor allem jeden anderen zum Guten verpflichtet, sodaß der Einzelne das Recht auf Gutes von diesem hat. 

Wer immer gegen dieses Gesetz verstößt, ja wer immer auch nur vorhaben KÖNNTE, dagegen zu verstoßen, hat kein Recht mehr, am Leben der Gesellschaft teilzunehmen. Die ein immer perfekter zugeschnittenes Reglementarium hat, die Guten von den Bösen durch immer endgültige Etikettierung zu unterscheiden. 

Sodaß dieses Recht auf Gutes jedes endgültige, aber für den an Gott Glaubenden irgendwann, immer aber außerhalb dieser Welt (sei es, weil sie endet, sei es, weil es von dieser getrennt ist) stattfindende Gericht, in die Gegenwart und an den gegenwärtigen Ort holt.

Auf eine Weise wirkt dies, als sei die Apokalypse gegenwärtig geworden. Und von unendlicher weil geschichtlicher Dauer, vom Zeitlosen weg ausgelegt zum Hintereinander der Zeit. Zum erzwungenen Endzustand und Sinn der Welt - zum gegenwärtigen, gewaltsam herbeigeschafften Paradies und seinen Zuständen. Wie Wohlstand. Oder Freiheit von Zwängen (sic!) Oder Gesundheit.



*150520*