C meinte, es sei falsch, einfach falsch, zu sagen, daß es nur in der Kirche das Heil gebe. Warum er überhaupt auf diese Aussage kommt? Ich weiß es nicht. Und genau darin liegt das Problem: Hätte ich nicht den Eindruck, daß er diese "Weite" nur benützt, um seine eigene und mir überlegene Gutheit darzustellen, wäre alles so einfach.
Aber dazu müßte man den Unterschied zwischen einer positiven Formulierung und einer Wahrheit erkennen, die darin liegen kann, daß man etwas "nicht sicher sagen" kann. Wie es bei jedem Geheimnis der Fall ist.
Worauf jemand außer der Kirche hoffen will, ist mir bis heute nicht klar geworden. Weil er gut lebt? Was ist dieses "gut"? Ich habe es noch nie anders gesehen denn als platte irgendwie zeitgeistige "Wohltat", bei der mir einfach nicht klar wird, woran sie sich bemessen könnte. Außer - eben! außer! - bei seiner eigenen Gutheit.
Und hier beginnt auch das Problem. Denn das Handeln ist das Selbstvollziehen des Seins. Das heißt, daß jemand nur behaupten kann "gut" zu handeln, wenn er gleichzeitig damit sagt "Ich BIN gut."
Um diesen Zusammenhang von Heiligkeit und Gutheit weiß der Mensch. Deshalb ist die Aussage, "gut zu handeln", auch immer eine Aussage über die Heiligkeit.
Der "Gutmensch" ist also nicht einfach der, der gut handelt, der der meint sein "gutes Handeln" würde legitimieren. Er ist der, der sich klandestin für heilig hält. Wir haben deshalb nicht das Problem der "political correctness". Diese ist vielmehr vorgeschoben, weil das Handeln legitimieren und damit beweisen soll, weil der Zusammenhang gewußt wird.
Wir haben deshalb ein viel tieferes Problem, als ein moralisches. Wir haben das Problem, daß sich so viele Menschen als Heilige sehen.
Aber wo wäre dann die Heiligkeit, die - auch wenn man sie von der Kirche trennt* - solch ein "gutes Handeln" wie die Quelle eines Flusses aufstehen lassen und nähren würde? Ich zumindest habe solche "Heilige" noch nicht gesehen. Dafür jede Menge, ja mit den Jahren scheinen die prozentual extrem zugenommen zu haben, die sich dafür halten, aber in Wahrheit nur eitle, arrogante, narzißtische Blender sind. Die mit ihrer behaupteten weil dargestellten "Gutheit" nur sich im Mittelpunkt haben. Aber in Wahrheit unerträglich sind und pausenlos Grenzen überschreiten, die ich als verletzend und erniedrigend sehe. (Und ich verwende hier ausdrücklich nicht das Wort "empfinde", denn es ist so viel Überlegung dabei, daß es nicht einfach ein "Gefühl" ist.)
Weil es aber keine Heiligkeit ohne Kult gibt, denn Heiligkeit kann sich nur aus einem Absoluten, nicht Ich-Seienden verliehen und zugewiesen ergeben, so gilt auch der Satz: Schaue auf seinen Kult, und Du erkennst den Menschen.
Und hierin wird auch Selbstvergottung am deutlichsten sichtbar, denn der Kult bestimmt, wer das Maß des eigenen Handelns vorgibt. Er erzählt, wer eines Richter ist, der die Erfüllung der Heiligkeit verkündet.
Selbst Jesus mußte von Gott Vater als Gott bezeugt werden. Und nur Gott Vater konnte den Sohn bezeugen. So wie der Sohn immer vom Vater bezeugt und damit als Zugehöriger des Hauses, als Vertreter dessen Auftrags, dessen Sinn angenommen wird. Und somit IST Jesus der Sinn (logos) der Dreifaltigkeit, ausgesprochen vom Vater.
So ist die Behauptung, daß es außerhalb der Kirche Heil gäbe, sobald man sie ausspricht, eine Beleidigung Gottes. Denn man macht sein Erlösungswerk lächerlich und unnötig! War ja ganz schön, Jesus, was Du da am Kreuz gemacht hast, aber eigentlich, eigentlich war es unnötig. Wir wären auch so zurecht gekommen.
Jesus wird auf einen Propheten reduziert. Haben wir nicht da genau das, was in allen Religionen ihr Gründungsimpuls war, die sich rund um den Erlösungsort Jerusalem gebildet haben? Judentum, Islam ...
Und dabei habe ich noch nicht einmal vom Inklusivismus gesprochen. Der so typisch für Indien ist, wo er sich als Resultat der ständigen Beherrschung durch fremde Mächte und Religionen - beginnend mit der Eroberung durch islamische Mächte, bis hin zum Christentum, der Franzosen, dann Engländer, den USA, und dem globalen Kapitalismus, der seine Herkunft aus dem Westen nicht verbergen kann - zuerst gebildet hat. Der aber längst zu einer globalen Erscheinung Schwacher geworden ist.
Gibt es denn eine Haltung, die heute verbreiteter ist als jene, in der die Unfähigkeit, sich sachlich zu rechtfertigen, dem anderen dann die Legitimität aus moralischen Gründen, aus Gründen fehlender Heiligkeit unterstellt wird?
Ist das, was hier auseinander zu klamüsern versucht wird, nicht in Wahrheit tiefer Wesenszug der Zeit? Wird nicht immer massiver "Moralität", die eigene "Gutheit", und wenn nicht die dann wenigstens die "Schlechtheit" des anderen als Totschläger verwendet, um den sachlich Argumentierenden abzudrehen, die wahre Auseinandersetzung zu vermeiden?
Sind nicht die hier auf den Glauben und die Kirche reduzierten Schilderungen solche, in denen man die Begriffe nur auszutauschen bräuchte? Etwa wie bei "Extra rationem, außerhalb der Vernunft - sehr wohl Heil." Außerhalb der ordentlichen Kreditgebarung - sehr wohl Wohlstand. Außerhalb der Moral - sehr wohl Moral. Etc. pp.
Ja, sind nicht sogar alle Utopien, alle Revolutionen, die in deren Namen angezettelt werden, genau auf dieser De-Legitimation des anderen, der Ordnung, und Legitimation des eigenen, der Ordnungslosigkeit, aufgebaut? Außerhalb der Ordnung; außerhalb des Eigentums; außerhalb der gültigen Moral; usw. usf.
Überall findet man denselben Kniff. Die eigene Unterlegenheit nach derzeitigen Standards wird durch eine geheimnisvolle Wahrheit - die sich bewußt jedem dem rationalen Diskurs entzieht, die Moral und Gutheit als Bedingung über alle Vernunft stellt und an der unausgesprochenen Behauptung klebt, sie selbst zu besitzen - zu einem Sieg des Neuen, Besseren gemacht. In dessen Folge der andere sich zu unterwerfen, unterzuordnen hätte.
Der da nicht diese "Weite" weil "Allumfassendheit" (=Katholizität) hat, weil Weite gar so leicht verwechselbar ist mit "Verweigerung und Überschreitung jeder Grenze". Um sich unangreifbar zu machen, wird dann auch der Widerspruch akzeptiert. Denn in der Ablehnung der Logik ist jede diskursive Widerlegung ausgeschaltet. Groteskerweise wird gerade von diesen aber gerne die Wissenschaft zitiert, wo Teilergebnisse Aussagen über die Welt ergeben (sollen), die ihre Behauptung unterstützt.
Ich denke da auch an Menschen, die sich dabei auf die "Relativität" Einsteins beziehen, um sich zu legitimieren. Die sich so besonders schick am Revers macht, weil sie - angeblich! - alles relativ macht, und vor allem Materie und Energie austauschbar macht. Wobei sie nicht einmal wissen, daß gerade Energie nur ein Äquivalent ist, kein "Ding für sich", während die "Materie", die ich wenigstens noch als Eigenschaft der Dinge festmachen kann, ein Ding ist, sodaß diese beiden Dinge in Wahrheit gar nicht direkt gleichzusetzen sind. Und Einstein hat es auch nicht so verstanden. Die Auflösung der Astronomie in Mathematik ist ja begleitet von einem Verlust der Anschaulichkeit und Konkretheit der Dinge. Was ein abstraktes Denken, aber auch ungeheure Disziplin im Verzicht auf Anschaulichkeit erfordert, die dem Normalbürger ohnehin unzugängig ist.
Morgen Teil 2) Was ist also nun das Fazit aus der Sache? Das Führen von Stellvertreterkriegen.