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Dienstag, 1. März 2022

Warum es keine beherrschte Atombombe gibt (1)

Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich habe aus wohlüberlegten Gründen keine Angst vor einem "Ende der Welt durch einen Atomkrieg", und schon gar nicht glaube ich, daß die Apokalypse zu unserer Verfügung stünde, es also ganz in unserer Hand läge, sie herbeizuführen. 

Ganz sicher als glaube ich auch nicht an ein Ende der Welt, das in einem Sinn gedeutet wird - und die Anmutung, daß es so gedeutet wird, habe ich bei all dieser Quatscherei über Atombomben und Kriegsgefahren, und zwar schon seit meiner frühesten Kindheit in den 1960er Jahren - daß wir Menschen "in der Lage sind, die Menschheit (oder gar den Planeten) auszulöschen." Ich kann nur den Kop0f schütteln angesichts einer Sichtweise die sich und anderen vormacht, der Mensch wäre in der Lage, gewissermaßen Gott ins Handwerk zu pfuschen, und die Zeit VOR dessen Plan zum Ende der Zeit,m de ein Plan MIT DEM MENSCHEN ist, abzukürzen. 
Diese Macht hat der Mensch nicht. Und es gibt überhaupt unendlich viel mehr, das wir nicht beeinflussen oder gar "machen" könne, als wir glauben. Ja, wir leben sogar UND AUCH HEUTE in einer Welt des Nicht-Machbaren, um es ein für alle mal zu sagen.
Aber auch in anderen Belangen halte ich die Gefahren durch "die atomaren Strahlen" für maßlos übertrieben, unsachgerecht und absurd. Das ändert aber nichts daran, daß ich glaube, daß sich der Mensch bei den Atomwaffen in einer anderen Weise völlig überschätzt, ja mehr noch, in ihnen über sein Maß hinaus gehandelt hat. 

Ein Maß, das er deshalb nicht zu beherrshen vermag weil es ihn übersteigt, so sehr das Gegegenteil behauptet wird. Natürlich können wir den Gipfel der Innsbrucker Nordkette mit 500 Tonnen TNT sprengen, gewiß, und wir können auch mit Flugzeugen auf 15.000 Meter Höhe steigen, um achttausend Tonnen Sulfid auszubringen, um "den Klimawandel zu stoppen". Wir können auch Regenwolken über Nordengland "abzapfen", und China mit künstlichem Regen seine nördlichen Ackerregionen "bewässern". Alles das ist schon mehrfach geschehen. 

Aber von dem, was dann passiert, kann kein Mensch mehr behaupten, daß "wir es gemacht" haben. Kann nicht einmal jemand behaupten, es wäre "wiederholbar". Die Folgen werden - und das kann MIT SICHERHEIT gesagt werden - alles uns Plan- und Machbare BEI WEITEM übersteigen. 

Auch die geschichtliche Realität beweist genau das, nicht das Gegenteil, wie ebenfalls so gerne gemeint und unseren Kindern in den Bildungseinrichtungen eingeredet wird. Und es ist die Geschichte selbst, die das beweist. Und wir verdanken es NICHT der menschlichen Vernunft, daß es bisher zu keiner Atombombenkatastrophe gekommen ist, sondern wir verdanken es "Glück", oder gar dem direkten Eingreifen Gottes.

Der Mensch übernimmt sich dabei in der Atomwaffentechnik nicht einfach deshalb, weil es um die eigentliche Explosion und deren Beherrschung geht, sondern bereits davor: Er übernimmt sich schon deshalb, weil er eine Auslöse- und Verwendungsstrategie benützt (und anders geht es nicht), DIE ES DANN IST, die er nicht beherrscht. Anders als uns gesagt wird, ist es also gar nicht die eigentliche Waffe, sondern sind es die Einsatzbedingungen, die wir nicht mehr beherrschen. 

Und zwar aus prinzipiellen Gründen. Damit befinden wir uns iun der Lage, daß der Mensch die Atomwaffentechnik selbst - noch vor anderen ethischen Fragen - von Anfang an nicht beherrscht haben. Weil er in der Erwägung des Einsatzes solcher Waffen Gedanken und Abwägungen und Urteile sprechen muß, die dem Thema niemals gerecht werden. Die in einen technischen Zwangszirkel führen, bei dem es nur eine Frage der Zeit ist, bis etwas ausgelöst und dann bewirkt wird, das der Sache endgültig nicht gerecht wird, und ihr deshalb von Anfang an nicht gerecht wird. Wenn wir einen Tiger im Wohnzimmer halten ist es keine Frage der Bißkraft oder der artgerechten Ernährung, die uns beschäftigen muß, sondern die, ob ein Tiger in einem Wohnzimmer überhaupt gehalten werden kann, und deshalb darf, ohne daß damit gerechnet werden MUSZ, daß er ausbricht, und Nachbars Susi anfällt, die immer vor dem Fenster spielt.

Dabei ist die Frage nach der Atmowaffentechnik noch weit komplexer. Nicht, weil es dann nicht nur um Susi geht, sondern weil die Mechanismen, die mit dem Einsatz dieser Waffe zusammenhängen, NICHT BEHERRSCHBAR SIND. Sie sind es nicht deshalb nicht, weil irgendein Computerprogramm nicht geschrieben werden könnte, weil nicht irgendwelche Schutzkappen montiert, oder Kontrollmechanismen etabliert werden können. Sie sind es, weil sich alle Faktoren, die mit so einer Waffentechnik zu tun haben, zu einem dermaßen komplexen Gemengelage zusammenfließen, das uns PRINZIPIELL NICHT beherrschbar ist. Und das ist eine Wahrheit, die sich aus kybernetischen (also steuerungs-mathematischen) Überlegungen ergibt, sollte es irgendjemandem nicht einleuchten, daß damit Bereiche berührt werden, die wir niemals in ihrer Gesamtheit und in ihren Details (und wie diese wirken und rückwirken) kennen KÖNNEN. Weil viele Details ERST ENTSTEHEN, also in keinem Fall vorhersehbar sind. 

Das ist eine Wahrheit, die sich aus der Geschichte belegen läßt, und es gäbe noch viel mehr solcher Beispiele, würden wir alle kennen. Auch was einen Einsatz von Atomwaffen anbelangt, wo wir gemeiniglich damit zu tun haben, was wir nicht wissen, anstatt mit dem, was wir wissen. Dazu also Bevölkerungsmeinungen oder -stimmungen zu berücksichtigen (man nennt das "demokratische Wahlen") ist schon deshalb grotesk, weil diese selbe Bevölkerung zuvor kräftig "gegaslighted" worden ist, sprich: Gar nicht weiß, womit sie es da zu tun hat, und was sie zu wissen meint, entspricht nicht der Realität dieser Frage.

Ein brauchbares Beispiel für das Gesagte ist der Fall des russischen Majors in Baikonur, dem damals größten sowjetischen Raketenstützpunkt. (Heute ist es sogar der weltweit größte Raketenstartplatz.) Es war wohl im Jahre 1984 (offenbar diesbezüglich überhaupt ein kritisches Jahr, wir haben dazu vor einigen Wochen einen anderen, kaum bekannten Vorfall erzählt, den wir "Als die Gottesmutter einen Atomkrieg verhinderte" genannt haben, sie erinnern sich vielleicht), als die Alarmschirme sämtlicher sowjetischer Verteidigungszentralen von grün auf gelb, dann auf orange, und zuletzt auf rot und dunkelrot sprangen. Bis aus den technischen Einrichtungen heraus nur noch eine Interpretation möglich war: Es gab einen realen Atomraketenangriff der USA, und binnen 30, dann 25, dann 20 Minuten (etc.) würden diese Raketen an den verschiedensten Orten der Sowjetunion einschlagen - der Dritte Weltkrieg hatte also begonnen.

Die Telephone zwischen dem Verteidigungsministerium, dem Kreml, und den Raketenstützpunkten liefen heiß, und Panik machte sich breit: Die Amerikaner greifen an, der von allen befürchtete Atomkrieg wird ausbrechen. Und dann kamen die Befehle: GEGENSCHLAG. Denn wen nicht SOFORT die eigenen Raketen gezündet würden, wäre es dazu zu spät, und id eSowjetunion hätte nicht nur dutzende Millionen Toter zu beklagen, sondern auch ihre Verteidigungsfähigkeit wäre zerstört, und der Krieg verloren. Um das aber zu verhindern, gab es ja das Potential eines Gegenschlags mit Atomwaffen.

LOS. Der Befehl kam. Zünden. Und der Kreml machte sich zur Evakuierung in die Atombunker bereit. Werter Leser, das ist kein Geschichterl, das hat sich tatsächlich so abgespielt (und fast hätte ich im Sog der Erzählung noch geschrieben: Ich war dabei; naja, nicht so ganz; ich war damals anderweitig beschäftigt, ich habe erzählt.) Die Weltlage wäre heute ganz anders, hätte es nicht ... einen einfache Major in Baikonur gegeben. An ihm wäre es gelegen, die Startknöpfe zu drücken.

Ich habe vor Jahren ein Interview mit diesem Mann gehört. Wo er schildert, wie er an der Richtigkeit der Analyse, daß die Amerikaner angreifen sollten, zweifelte. Warum sollten die das tun? Wo läge der momentane Sinn, wo der Gewinn? Und er tat etwas, das er nie hätte tun sollen: Nicht nur zündete er die Raketen NICHT, sondern er rief an

Nicht im Kreml, nicht im Verteidigugnsministerium. Was die geantwortet hätten ist klar. (Die höchsten Orden, die er sich dann an die Brust heften konnte, hat er erst etliche Jahre später erhalten, was fast ein bißchen seltsam ist, denn immerhin hat er ja Befehle verweigert.) Sondern er rief ... die Beobachtungsstationen in Sibirien an. Und erkundigte sich dort, ob am Himmel irgendwelche Raketenspuren zu sehen seien, ob tatsächlich irgendetwas zu sehen wäre, das auf einen Angriff schließen ließe. 

Um zur Antwort zu erhalten: NEIN. Es ist nichts zu sehen! Es gibt weder Kondensstreifen von Atombombern, noch Raketen die über den örtlichen Radar erkennbar wären, nichts das überhaupt auf eine kriegsmäßige Annäherung (und sei es nur eines Eisbären; sage ich, aber es hätten auch die Soldaten am Polarkreis sagen können, oder?) schließen ließe.

Ich habe diese Geschichte schon berichtet. Diesem EINEN Offizier mit Herz und Hausverstand ist es zu verdanken, daß in den 1980er Jahren kein Atomkrieg ausgerochen ist, obwohl der durchs System bereits "beschlossene Sache" war. Der wenn er einmal gestartet ist kaum mehr beendet werden kann. Weil er von Maschinen geführt wird, nicht von Menschen, und diese Maschinen dem Menschen auch keinen Zugriff mehr erlauben. Weil der Mensch zu fehlerhaft ist für diese technische Logik. Und zu schwach für die politischen Konsequenzen, die sich daraus ergeben.

Deshalb sind auch damals solche Telephonate nicht früher geführt worden. Weil es zur Logik des perfekten Abwehrkonzepts gehört, Anrufen nicht zu trauen, und vor allem die objektiven Staatsinteressen, die man nur einem technischen Prozeß anvertrauen kann, der sie ein für allemal festlegt, nicht irgendeinem subjektiven menschlichen Urteil überlassen kann. Auch wegen der Täuschungsgefahren, die man dadurch eingeht, vertraut man irgendwelche Computersteuerungen mehr, als Menschen. Und zwar (wie grotesk diese Logik ist, ersieht man alleine daraus!) je entscheidender diese Vorgänge sind, desto mehr.

Morgen Teil 2) Aber Reagan fand es witzig, damit zu spielen, und er war sicher nicht der einzige Präsident mit dieser Art von Humor



Erstellung 23. Februar 2022 - Ein Beitrag zur