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Donnerstag, 3. März 2022

Weil wir alle brauchen (2)

Der Stolz. Der Haß, und der Tod. Wen Gott nicht will? Den läßt er nicht gebraucht sein. Wer seine Kinder haßt, macht sie unnütz und braucht sie nicht. Die Wahrheit der Gegenprobe - Die Gegenprobe liefert der Gedanke an die schwerste Verwundung, die man einem Menschen zufügen kann - und das ist, ihn zu ignorieren. Das ist ihn und seine Lebensäußerungen nicht zur Kenntnis zu nehmen. Ihn zu isolieren, also von allen Beziehungen abzuschneiden. Man kann einen Menschen kaum mehr schädigen, als ihm diese Beziehungen abzuschneiden. Wobei diese Schäden schon nach recht kurzer Zeit langfristige bis dauerhafte Veränderungen im Geschädigten nach sich ziehen. Er verliert Vertrauen, er reagiert wie ein Tramatisierter - durch besondere "Dienstbarkeit" und "Gefälligkeitswollen", um das nicht mehr erleben zumüssen 

Die dem Trauma eigentümliche Erfahrung der völligen Ausgeliefetheit und Wehrlosigkeit, des Verlust jeder Eigenmächtigkeit im Leben. Die die abgrundtiefe Erfahrung der Nicht-Gebrauchtheit ist, die wiederum die Erfahrung ist, VON GOTT NICHT GEWOLLT ZU SEIN
Gibt es eine tiefere Existentialität einer Erfahrung als die, daß das Sein die eigene Existenz nicht will und bejaht? 
Erkennen wir nun nicht auch die Katastrophe, die eine Stellung der Kinder in einem sozialen Gefüge nach sich zieht, das sie gar nicht braucht? 
Das sie sich selbst überlassen, wie ins Nichts gestellt, allen Launen folgen läßt, ohne sie an dem geformt werden zu lasse, was das Einzige ist, das formt und das bereits DA ist, sobald der Mensch zu existieren beginnt, also vom ersten Moment der Empfängnis an - am realen, am wirklich gebraucht sein, das sich aus der Stellung ergibt, IN DIE HINEIN er geschaffen ist. 
Und JEDER wird IN EINE STELLUNG HINEIN geschaffen, in einen Ort, in ein Netzwerk von Beziehungen gestellt, die aus Menschen, dingen und VErpflichtungen besteht, in dem allen er gebraucht wird. Und die selbstverständlich auch er braucht. Ja, ohne die er gar nicht existieren könnte, in jederlei Hinsicht, weil er ohne sie keine Identität hätte. 
Was zugleich aber auch die Differenziertheit dieser sozialen Beziehungen, Verbindlichkeiten und Gebrauchtheiten zeigt. Denn der mir Unbekannte Mann aus Algerien ist mir auf völlig andere Weise zugeschrieben, wie der Nachbar auf Gang 4, der Bruder und der Vater, oder der Onkel aus Siebenscheinbrunn. Sehr deutlich unterscheiden sich somit auch die Pflichten und Anrechte als erwartbaren Gaben. 
Erwartbaren Gaben? Ja, auch wenn - wie unten ausgeführt - das Wesen des Sozialen durch DIE BITTE einerseits, die FREIHEIT DER GABE anderseits gekennzeichnet ist, so ist ein unausgesprochenes Gesetz des Menschseins die Wechselseitigkeit. Das Maß zum Empfinden der Verpflichtung zur Gegengabe zeigt sogar erst, wie eng und gut gebaut ein soziales Gefüge ist.  Das in jedem Fall so komplex ist, daß es sich nahezu der Beschreibung entzieht. 
Selbst Marcel Mauss, selbst Claude Levy-Strauss mußten aber zur Kenntnis nehmen, daß es kein immer und überall geltendes soziale Struktur gibt, die völlig übertragbar wäre. Sie besteht immer in Angepaßtheiten und historischen Entstehungsbedingungen, die grosso modo "nur hier" gelten. Ein Kulturraum zeichnet sich lediglich (aber dann auch wieder: genau) dadurch aus, daß es im Wesentlichen Ähnlichkeiten der sozialen Gefüge gibt, die überall respektiert und gewußt werden. Die aber immer auch spezifische lokale Modifikationen ausweisen. 
Geht man diese sozialen Kreise aber weit genug nach außen, so kommt man zur (überraschenden? für wen?) Feststellung, daß es je substantieller die Beziehungen sind - und das sind Gebrauchtheitsmerkmale - sie weltweit einen hohen Ähnlichkeitsgrad aufweisen. Mit dennoch hohen Differenzierungen je nach der Ebene der sozíalen Gestalt. 
Die Grundbeziehung des Menschen aber, diese allererste Beziehung, die zu Gott und die zum "anderen" in einem ehelichen Verhältnis als Grundlage des Schöpferischen, sind im höchsten Maß ähnlich. 
Und sie verweisen, demostriert Wilhelm Schmidt in seinerm Monumentalwerk "Der Ursprung der Gottesidee", auf eine allen Menschen und Kulturen gleiche Seinsstruktur. In der der empfangende Mensch EINEM GEBENDEN GOTT gegenübersteht. Sie verweisen auf diese eine erste, alles weitere umfassende Stellung des des Seins bedürftigen, das Sein erhaltenden und damit um die grundlegendste Gabe bittenden Menschen, der sich in einer Welt weiß, die sich gleichfalls nicht sich selbst verdankt, sondern bedürftig ist.
Aber wie sehr hat sich heute aber vor allem, ja fast nur im Abendland und den von ihm geprägten Kulturkreisen (zu denen in gewisser Weise auch China gehört), ein Verhalten bereits automatisiert, das das Wesentliche des In-der-Welt-seins verfehlt, indem es demMenschen mitteilt, daß er nicht gebraucth wird. Und sei es daß man ihm mitteilt, daß man ihn nicht braucht. 

Wie häufig, will mir scheinen, herrscht eine Art "Spiel" vor, in dem ich erst den anderen zu brauchen vorgebe, um ihm dann "zu beweisen", daß ich ihn gar nicht brauche. Indem ich etwa Kontakte nicht dem Wesen des Kontakts gemäß wahre und pflege. Plötzlich keine Antwort mehr gebe, mit einem mal nichts mehr mitteile, das zuvor gemeinsame Leben (wo einer mit oder in dem anderen mit-lebte) wieder zu "meinem" zu machen, etwa "weil ich Distanz brauche". Um was zu finden? Mein "Ich"? Als ein "Ich" OHNE seine sozialen Geprägtheiten und Eingebundenheiten, die solche dessen sind, wen und was ich brauche, und was micht braucht, ja vor allem das: Wer oder was mich braucht?

Oh ja, gewiß, in gewisser Hinsicht "spürt" sich dieses Ich dann im Selbst. Weil ins Bewußtsein steigt, was fehlt, wie ich das immer nannte. Weiulich im Mangel am Konkretesten erfahre, was Teil von mir ist und war. Um mich meiner zu vergewissen vielleicht? Um mich somit besser "beherschen", lenken, steuern zu können? Mich besser gewollten und gesollten "Ichbildern" anzugleichen, die mir nämlich pausenlos und "merkwürdigerweise" im schöpferischen Zueinander der empfangensoffenen Hingabe ständig zerfließen oder aus der Hand gleiten wollen?

Aber auch das ist ein schwerer Verstoßr gegen dieses Gesetz des einander-Brauchens, und es ist fast noch häufiger zu finden als der umgekehrte Fall der Verweigerung der Gabe.
Das Nicht-Annehmen der Gabe, die Verweigerung an den anderen, seiner nicht zu bedürfen, ist sogar noch direkter mit dem Stolz verbunden, dieser kalten Überhebung ins Niemanden-Benötigen, die deshalb dem "Eritis sicut Deus" so nahe steht.
Der - nun wird es erkennbar - so ganz anders ist als die Ehrhaftigkeit, die Würde und Selbstbehauptung als Treue zur Identität und deren sozialer Verbindungen und Wesenhaftigkeiten. Die auch oft als Stolz bezeichnet wird, aber nur Verleumdung ist, die die soziale Differenz, das Verhältnis von Gabe und Empfang, zerbrechen und die Beteiligten gleichmachen soll.

So haben wir nach und nach das Wesen des "einander Brauchens" eingekreist, um es uns vielleicht ein Stück weit mehr vor Augen zu führen. Um so dem nnächsten Schritt näherzukommen. Der da heißt, Satz für Satz, Sequenz für Sequenz dessen neu zu denken, das wir als Gewißheiten und Selbstverständlichkeiten unseres Verhaltens vor uns hertragen. Und denen wir unterworfen sind, die unser Verhalten prägen, ohne daß uns bewußt ist, daß wir damit uns selbst schädigen. Und natürlich auch andere.

Wir haben uns damit vielleicht bewußt gemacht, wie sehr wir - Teil dieser Kultur, Teil dieser Gesellschaft, Kinder dieser Zeit - schon von dieser Ideologie des "Nicht Brauchens" durchwirkt sind. Wie sehr wir bereits programmiert darauf sind, das was wir brauchen UNS SELBST ZU GEBEN, und nicht mehr vom anderen erwarten ZU MÜSSEN. 
Denn das Geheimnis des Sozialen, somit das wirklich Soziale, das Geheimnis des Gebrauchtwerdens und Brauchens als wahres Ferment des Sozialen, ist die Wahrung der Freiheit. 
Die damit aber auch heißt, daß die Erfüllung meines Brauchens IN DER HAND DES ANDEREN LIEGT. Diesem nicht VORGESCHRIEBEN werden,sondern von diesem nur ERHOFFT und vor allem auch ERBETEN werden kann.
Davon geht unsere allererste und damit allertiefste Beziehung aus, die so sehr wie keine sonst eine Beziehung des BRAUCHENS ist: Daß auf der einen Seite jemand steht, der frei ist, unser BEDÜRFEN auch zu ERFÜLLEN. Der mit GABE beantwortet, was ichnur als HOFFNUNG AUF DIESE GABE einleiten kann. Das Geber und Nehmer also definiert und festlegt.



*Man denke alleine an eben diesen Begriff "Beziehungen". Sehe, wie er verwendet wird. Und sehe, was er regeln soll, ohne auch nur das Geringste regeln ZU KÖNNEN. Wie tragisch es also ist, daß das engste, tragendste, bedeutendste menschliche Zueinander - und das ist die Ehe, nach ihr die Freundschaft - mit so vielen Erwartungen, Forderungen und Hoffnungen belegt ist, ohne daß diese jemals erfüllbar wären. Sodaß das soziale Zueinander (sagen wir) eines Mannes mit einer Frau, die sie "eine Beziehung" nennen, nie mehr ist als die Suche nach dem, WAS DENN SO EINE BEZIEHUNG WÄRE. Und was sie somit an Verhaltensgeboten nach sich zöge.

**Ich kann immer nur bitter lächeln wenn ich als Antwort auf die Frage, WAS LICHT IST, Dinge wie "Wellen und Masse", oder "Energie auf dem Weg" etc. etc. höre. Aha, das IST Licht? Ist Licht nicht Erhellung? Oder ist es nicht sogar mehr, nämlich Weltschöpfung? "Fiat Lux - Es werde Licht" Gott verstand es offenbar so. Ist Licht nicht sogar mehr, ist Licht nicht immer auch Farbe? Oder gibt es ein farbloses Licht? Was aber ist Farbe? Was aber ist Erhellung? Die doch zweifellos DA, aber mit materialbezogener Physik gar nicht beschreibbar und definierbar ist? Deren Wirkungen wir allerhöchstens kennen, ohne zu wissen, WAS sie ist, verglichen mit Materie. 

Warum reagiert dieses Rotkehlchenweibchen nur zu ganz bestimmten Tagen im Jahr, und nur auf ganz berstimmte Nuancen des roten Bauches des Männchens (wobei andere wiederum auf ganz andere Nuanchen reagieren) mit Empfangsbereitschaft, völlig gleichgültig, wie das Männchen sonst beschaffen ist? Warum andere Vogelarten auf ganz bestimmte Tonlagen, und nur diese, während sie andere gar nicht zu sehen, also gar nicht zu "wählen" scheint? Ich schreibe das, weil sich in der Natur derartig viele Geheimnisse finden, die auf Kategorien der Welt hinweisen, die in unserer Physik gar nicht vorkommen.