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Dienstag, 29. März 2022

Warum DIE MENSCHHEIT, nicht nur einzelne Menschen gefallen sind (1)

Es ist eine sehr hilfreiche Passage, die Thomas von Aquin in seiner "Summa contra gentiles" zur Frage des Verständnises der Erbsünde bringt. Und in der sich Thomas dieser Frage, die für viele ein so großes Problem ist, von einer weiteren Seite nähert. Wie einem Schüler der Grundlagen allen Erkennens - darf ich hier sagen, daß es meiner Ansicht nach jedem Menschen zur Ehre gereicht an den Punkt zu gelangen (oder die Gnade zu haben, gleich dort zu verharren), sich sein Leben lang in der Rolle eines Grund- und Volksschülers zu erkennen? - bringt der Philosoph diese alles entscheidende Problem so einfach wie nur möglich nahe. 

Schon daran ersieht man, daß Thomas kurz nach dem Höhepunkt des Mittelalters stand. Daß er schmerzlich erkannte, daß es fortan nur noch bergab gehen kann, und sich die Ebene der Kultur bereits beträchlich zu neigen begonnen hat. (Siehe Anmerkung*)

Das sind in der Geschichte eben stets jene Kulturphasen, in der die Philosophoie aufblüht. Die immer dasselbe ist: Ein Versuch eines Verzweifelten, das Entschwindende und bereits Entschwundene (denn ins Bewußtsein steigt das Bild dessen, das fortging) zu rekonstruieren, festzuhalten, wieder aufzubauen.

In diesem Werk, das praktisch die Summe sämtlicher Irrtümer und Fehlinterpretationen und Verständnisprobleme der Katholischen Theologie ist, die vor 800 Jahren DIE SELBEN waren wie heute, versucht der Aquinate ja auf eine höchst modern wirkende Art, das Hohe und Größte auf eine Art nahe zu bringen, daß es auf die Begriffsebene des einfachsten Menschen heruntergebracht auch wirklich jedem begreiflich werden kann. 

Dieses fälschlich als "schwierig" weil "immens philosophisch" abgetane, sehr umfassende Werk ist in seiner Art, die Dinge anzugehen, fast "respektlos", und nichts bleibt unangefaßt, soferne es nicht in seiner letztmöglichen Fortführung im Geheimnis der Unzugänglichkeit eines uns unendlich übersteigenden Gottes entschwindet.

Thomas zeigt damit das wirkliche, wahre Wesen der Philosophie als einer menschlichen Auseinandersetzung mit ganz realen Welt- und Lebensdingen. Gilbert K. Chesterton hat deshalb nicht als erster die eigentliche katholische Philosophie als "Philosphie des Hausverstands" bezeichnet. Denn genau so ist es.

Nur ist eben der Hausverstand nicht eine Art von "primitivem unzureichenden Denken", wie er immer wieder verleumdet wird. Die an jeden Menschen (und den einfachen Menschen sogar klarer, eindeutiger als dem "komplizierten" - "werden wie Kinder" ist genau so zu verstehen) herantretenden Lebensfragen sind die letzten Fragen "der Menschheit" selbst.

Die freilich jeder Mensch mit Herz nicht auf einer oberrflächlichen, ignoranten Weise abtun will und kann. Weil das sowieso nicht geht, es sei denn, man tut seiner Seele böse Gewalt an - und handelt somit widernatürlich. (Das ist es auch, was Sünde meint: Widernatürlichkeit.)

Das ist aber nicht nur aufgetragen, sondern es ist möglich. Jedem. Weil der Mensch - und zwar wirklich JEDER Mensch - in seinen Grundlagen in das eine und einzige Ordnungsgefüge des logos, des göttlichen=lebendigen Wortes eingewirkt ist. 

Als dessen hinsichtlich des Wesens der Schöpfung "erste" Ebene - sinnlich faßbar, denn die Sinne sind die Verbindungsstelle mit der Welt außerhalb der eigenen Grenze, die der Leib anzeigt (Siehe Anmerkung**) - nabelt sie sich gewissermaßen vom göttlichen Geist. Der Mensch "kann" ja gar nicht anders als "Gott ähnlich" zu sein - denn Thomas zeigt auch das: Als Geschöpft trägt er AUTOMATISCH und unabstreifbar ein Abbild von Eigenschaften des Hervorbringers in sich. Deshalb heißt es ja zurecht, daß Gott einem näher ist als das eigene Selbst.

Das ja erst "zu sich finden" muß, also zu seinen eigenen Grundlagen, und das ist im Grund eine lebenslange Aufgabe, die möglichst im Alter abgeschlossen sein sollte, wenn man das Leben somit "gelebt" hat, und "satt an Jahren und Weisheit" ist, was sich bei wirklich reifen Menschen tatsächlich als gewise "Lebensmüdigkeit" erfahren läßt, als Bereitschaft zu sterben, die fast (!) ein Wille ist.

Aber mehr als das heißt es noch, daß sich im Tun, im Handeln, in der Hingabe (und NUR darin, NUR als Folge davon) an eine Sache in der Welt das eigene Bild abzubilden beginnt. Indem der Mensch seine welt gestaltet, erhält diese Welt auch mehr und mehr seine Züge. Und nun kann er sich erkennen! Weil es dazu ja die Sinne braucht, über die die Gestalten in die Seele eingehen können. Um sich dort zu entfalten (durch das "Erwägen im Herzen", das "Nach-Denken", durch die "Schwangerschaft")

Was wir hier aber brinden wollen ist, wie Thomas der Frag enachgeht, wie man sich vorstellen kann, daß die GESAMTE MENSCHHEIT, also ALLE Menschen von der Erbsünde betroffen sein können. Einschließlich der neugeborenen Kinder, einschließlich subjektiv scheinbar schuldloser Menschen. 

Es ist doch ganz einfach, sagt er sinngemäß. Im Anfang waren NUR Adam und Eva. Sie beide waren gottgewirkt, sie beide waren geschaffen. Insofern hatten sie selbst noch kein Erbe, sondern waren Ebenbild, Abbild Gottes. Adam war dabei aus Lehm, Eva aus der Rippe Adams genommen. (Wobei die Überlieferung bzw. die Schrift nur erwähnt, daß Adam mit dem Hauch Gottes begeistet wurde, das nur nebenbei.) Das alles aber vor dem Hintergrund, daß Gott die Seele jedes Individuums ebenfalls geschaffen hat!

Morgen weiter mit dem Versuch, mit Legobausteinen den Stephansdom zu beschreiben. Person heißt Individualität, aber Individualität wird erst mit der Zeugung, als erster Schritt zum Weltsein. Oh glücklicher Orgasmus du