Norwegens Entwicklung ist in vielem vorbildhaft. Letzteres Wort soll aber nicht mißverstanden werden, indem man es richtig versteht. Das Land der Norsker zeigt vielmehr die verderbliche Wirkung von Geld am deutlichsten, das nicht dem direkten Lebensvollzug der Menschen entsprungen ist, sondern - in dem Fall - als Ölmilliarden zusätzlich ins Land floß. Es hat ermöglicht, daß sich die meisten gesellschaftlichen Entwicklungen jeder Konfrontation mit der Wirklichkeit selbst ersparen konnten. Damit ist Norwegen in vielem zum Vorreiterland geworden, in dem sich die Mythen und Utopien der gegenwärtigen Politik am fortgeschrittensten umgesetzt finden. Denn das viele zusätzliche Geld erlaubte der Politik sich ungehemmt inneren Prozessen zuzuwenden, und nährt riesige Rucksäcke an Zuträgern, zu denen auch Wissenschafter gehören, und die sich zu einer regelrechten Parallelgesellschaft entwickelt hat. Die sehr gut von Fördertöpfen und Steuergeldern lebt. Immerhin weist sie selbst jene politischen Ziele als rational aus, von denen die einfache Bevölkerung auch gar nichts hält. Deren Beharren auf eigener Wahrnehmung damit nur deren mindere geistige Qualität ausweist. Je gebildeter, so heißt es ja, desto fortschrittlicher sei man in den Ansichten. Wissenschaftlich erwiesen.
So galt Norwegen bis vor kurzem als das hinsichtlich Gleichberechtigung der Frau, was längst mit "positive Diskriminierung" zu übersetzen ist, fortgeschrittenste Land der Welt. Mit welchem Erfolg, war hier vor einigen Wochen nachzulesen. Die Wirklichkeit, das Leben selbst, läßt sich eben auf Dauer nicht unterdrücken. Denn die Menschen jedes Landes wollen vor allem das: leben, und leben heißt: das Leben steigern, in dem man seine alle Welthaftigkeit erst konstituierende Eigenart hervorbringt. In der Bewertung der Wege und Weisen, die dazu führen, sind sie "gnadenlos", wenn es auch oft lange dauert.
Ähnliches läßt sich zum Beschluß der norwegischen Regierung sagen, das mit Anfang 2008 allen Kapitalgesellschaften vorschrieb, in ihre Aufsichtsräte und Führungsgremien 50 % Frauen zu berufen. Etwas, das ja seit langem auch in Resteuropa diskutiert wird, als EU-Beschluß aber, man höre und staune, selbst von so ausdrücklich auf Gleichberechtigung ausgerichteten Ländern wie Dänemark, Schweden oder die Niederlande - alle drei an den vordersten Rängen der "Gender equality" - zurückgewiesen wurde.
Und sieh da, es ging offenbar, die Quote wurde tatsächlich vorschriftsmäßig erfüllt, alle Unkenrufe widerlegt, die vor den Folgen warnten.
Was aber war da in Norwegen passiert? Etwas, an das wohl niemand zuvor gedacht hatte, und das ob seiner Einfachheit, seiner posthoc-Logik, schmunzeln macht:
Denn formell war dieser Gesetzesauftrag bald erfüllt. Aber warum? Weil die wenigen Frauen, die zuvor bereits solche Positionen innehatten, nun auch von den übrigen Unternehmen in die jeweiligen Funktionen berufen wurden. Das heißt, daß die 50 % Frauen in den Aufsichtsräten ... überall dieselben sind. Gleich viele Frauen, mit mehr Posten, ganz einfach. So, wie man in Österreich viele Jahrzehnte einen sogenannten "gewerberechtlichen Geschäftsführer" bestellen konnte, der das Unternehmen nie von innen sah, sondern nur seinen "Schein" zur Verfügung stellte. Gegen gewisses Entgelt, versteht sich, das sich meist aber in sehr bescheidenem Rahmen hielt. Risken wendete man mit kleinen Vertragswerklein ab, und waren defacto ohnehin vernachlässigenswert (was den fraglichen Wert der Gesetzespflicht beweist). Sodaß man das strenge Gewerberecht unterlief - indem man es formal erfüllte.
So hält man sich also nun Quotenfrauen. Mit natürlich trotzdem unverhältnismäßig viel Gewicht im Gesamtkonzert, gewiß, sodaß man diese Gruppe Frauen, die es ohnehin bereits nach oben geschafft hatte, im Lande "Goldröcke/golden skirts" nennt.
So hält man sich also nun Quotenfrauen. Mit natürlich trotzdem unverhältnismäßig viel Gewicht im Gesamtkonzert, gewiß, sodaß man diese Gruppe Frauen, die es ohnehin bereits nach oben geschafft hatte, im Lande "Goldröcke/golden skirts" nennt.
Aber es ist für die norwegischen Unternehmen offensichtlich noch das geringere Übel, sie suchten die "Frauen in Führungspositionen" weiterhin nach eigenem Gutdünken und eigendefinierten Anforderungskriterien aus. Nur eben nun aus einer begrenzten Frauengruppe. Unternehmen, die eben nach Wirklichkeiten vorgehen müssen, sonst gibt es sie nicht lange - so, wie sie die Wirklichkeit sehen. Denn daraus sind sie entstanden und gewachsen. Wirtschaften ist immer persönlicher Vollzug, nie "funktionalistisch", darin täuscht man sich gerne selbst bei reinen Manager-Organisationen. Und die damit einen eleganten Weg fanden, beides so halbwegs zu verbinden: Gesetz und Eigenwille. Aber man kann einem Organismus nicht seine Selbstorganisation rauben, sonst verliert er seine Lebenskraft und stirbt.
Norwegen hat also mit diesem Gesetz gar nichts erreicht. Nicht, was dessen Intention war: die Wirklichkeit zu verändern. Es hat nur eine gewisse Schichte bereits bisher Privilegierter noch weiter privilegiert, und die Spaltung von Schein und Wirklichkeit vergrößert. So, wie man in Österreich geeigneten Personen - legendär dabei die "Baumeistertafel" - bequeme weitere Zusatzeinkommen verschafft hat. Oder so, wie die das Leben abstrahierende, individuelle wie individualsierte Bedürfnisse "objektivierende" Zentralplanung in der DDR einen riesigen Schwarzmarkt, aus Produzenten wie Abnehmern, der individuellen Lebensvollzug auffing, regelrecht geschaffen hat. In dem sich die Wirklichkeit dem staatlichen Zugriff entzog, indem die Menschen zwischen offizieller Systemerfüllung, und persönlicher Lebensgestaltung klar unterschieden. Die noch mehr als im "freien Westen" Gewicht auf Qualitäten legte, die der Gesetzgeber eben ausrotten wollte. Weil jede Parallelgesellschaft NUR auf diese Personalität bauen kann. Das konnte auch das extrem ausgebaute offizielle Spitzelwesen nicht verhindern. Selbst Spitzel sind Menschen ...
Norwegen hat also mit diesem Gesetz gar nichts erreicht. Nicht, was dessen Intention war: die Wirklichkeit zu verändern. Es hat nur eine gewisse Schichte bereits bisher Privilegierter noch weiter privilegiert, und die Spaltung von Schein und Wirklichkeit vergrößert. So, wie man in Österreich geeigneten Personen - legendär dabei die "Baumeistertafel" - bequeme weitere Zusatzeinkommen verschafft hat. Oder so, wie die das Leben abstrahierende, individuelle wie individualsierte Bedürfnisse "objektivierende" Zentralplanung in der DDR einen riesigen Schwarzmarkt, aus Produzenten wie Abnehmern, der individuellen Lebensvollzug auffing, regelrecht geschaffen hat. In dem sich die Wirklichkeit dem staatlichen Zugriff entzog, indem die Menschen zwischen offizieller Systemerfüllung, und persönlicher Lebensgestaltung klar unterschieden. Die noch mehr als im "freien Westen" Gewicht auf Qualitäten legte, die der Gesetzgeber eben ausrotten wollte. Weil jede Parallelgesellschaft NUR auf diese Personalität bauen kann. Das konnte auch das extrem ausgebaute offizielle Spitzelwesen nicht verhindern. Selbst Spitzel sind Menschen ...
Man darf sohin auf die nächsten Gesetze gespannt sein, die auch diese Schlupfwege abzudichten versuchen werden. So, wie man in Österreich mittlerweile eigene Kontrollen eingerichtet hat, die die physische Anwesenheit dieser Geschäftsführer überprüfen. Aber damit nur andere Schlupflöcher erzwang. Die freilich weitere Kosten produzieren, z. B. in Form eigens eingerichteter "Geschäftsführerbüros". Kosten, die die einfache Gesellschaft zu tragen hat. Die Kosten der Politik werden immer vom einfachen Bürger und seiner Arbeit, eben von persönlichen Verantwortlichkeiten getragen.
Aber das Leben sucht seine Wege, um sich zu vollziehen, und es vollzieht sich nie abstrakt, allgemein, es vollzieht sich immer individuell und konkret. Immer. Man kann es ihm nur erschweren, nicht verhindern. Verhindern kann man nur bestimmte Arten des Vollzugs. Und Wirtschaft ist subjektiver Lebensvollzug, sonst ist sie gar nicht. Kein noch so totalitäres und totales Netz kann alle Löcher im System abdichten, so sehr man auch den Apparat aufblähen zu müssen meint. Das sollte man nie vergessen.
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