aus 2007) Schon der erste Blick sagt mir meist, ob es aus irgendeinem Grund lohnt, ein Buch zu kaufen. So bei Ferdinand Bruckner's "Historische Dramen", das als Ausgabe von 1948 in der Abverkaufsschütte des Antiquars lag. Wieder habe ich mich nicht getäuscht - die Figurenzeichnung ist anhaltend beeindruckend lebendig und farbig, dabei keineswegs psychologisierend.
Das noch im Zug gelesene Drama "Heroische Komödie" (über Madame Stael zur Zeit Napoleons) freilich war an sich enttäuschend. Lesevergnügen entstand nur dort, wo die Figuren einfach Menschen waren. Der Dialog zu Beginn vor allem läßt sofort eine Welt entstehen. Die dann wieder verblaßt.
Bruckner war vor 1933 in Österreich und v. a. England ("Elisabeth von England") viel gespielt, erlebte dann nach 1945 noch eine kurze Blüte durch Wiederaufnahmen, dann wurde es ruhig um ihn. Ich bilde mir ein, ein Jugendbuch über einen Wolf aus seiner Feder gelesen zu haben. Hoffentlich leiden die übrigen Stücke in dem Band nicht auch an dieser ideologischen Schlagseite, die dem gelesenen Stück eine quälende Didaktik aufdrücken, die selbst dem Autor langweilig scheint. Wo das Stück also entlang einer feststehenden Aussage aufgestellt wird - anstatt sich aus den Figuren zu entwickeln. M'me Stael's Zeichnung wird entsprechend unwahr, ein Loblied auf den Idealismus, der Selbstüberschätzung als Grundlage hat.
Ein wenig Neid freilich entstand dort, wo es um ihre Veröffentlichungen ging. Zu dieser Zeit (Übergang 18./19. Jhd.) war es noch keineswegs häufig, daß jemand ein Buch veröffentlichte. Entsprechend wurden die Autoren dann auch rezipiert (wenn schon auch damals nicht gelesen, wie Klopstock ja klagt) Mit Gedanken, die heute schlicht abgegriffen, bestenfalls als Zeitzeugnis wirken, konnte Stael noch reüssieren und ihrer Stimme ein Gewicht, sich den Ruf einer brillanten Intellektuellen verschaffen.
Heute kennt man schon alles, und ist angesichts der enormen Masse an Veröffentlichungen mißtrauisch, wenn auch das Faktum "veröffentlicht" noch immer in den Augen von Nicht-Literaten viel wiegt. Und nicht nur in deren Augen. Manche Autoren scheinen sie mit denselben Augen zu sehen und gieren somit nach etwas, das sie als Publikum ausweist.
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