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Samstag, 27. Oktober 2012

Eine plausible Arbeitsthese

Der Verfasser dieser Zeilen ist sich noch nicht sicher, ob man das so sagen kann, aber als vorläufige Arbeitsthese erhärtet es sich mehr und mehr: 

Wenn diskutiert wird, daß die Einkommensunterschiede so groß seien, daß es so (zu) viele Milliardäre (in Österreich angeblich 26) und Millionäre gäbe, dann liegt die Ursache nicht einfach in Ausbeutung oder Betrug der Kapitalbesitzer selber - sie liegt … im Staat. Denn alle Entwicklungen solcher Großkapitalien sind auf das Geldbedürfnis der Staatslenker zurückzuführen. Das begann mit der Verbgabe von Monopolen - als Gegenleistung oder als gezielter Aufbau - an Kreditgeber der Hohen Politik, reichte bis über den 30jährigen Krieg in staatliche Garantien für das Geldwesen selbst (England), weil eben bereits damals das Geld an sich - nicht die Arbeitsleistung der Bürger - schon viel zu wesentlicher Träger der Pólitik war, und geht vor allem über Eisenbahn und Rüstungsindustrie ins 19. und 20. Jhd.  Überall, wunderbar nachverfolgbar in England und Frankreich, war das Staatswesen bereits von der "Funktion" der Großkapitalien abhängig. England (Bagehot beschreibt diese Entwicklung gerade in seinen Verflechtungen wunderbar nachvollziehbar) BRAUCHTE einen funktionierenden Kapitalmarkt bereits lebensnotwendig, weil seine politischen Weltmachtambitionen von den kumulierten Kapitalien, den Banken, völlig abhängig waren. Wer aber hat bei uns die Fugger großgemacht? Kaiser, die Monopole vergaben, um entweder gleich oder später Kredite für ihre politischen Ziele, vor allem Rüstungsgüter und Infrastruktur, leihen zu können.

Und im 20. Jhd. setzt es sich munter fort: Wer hat die Autoindustrie groß gemacht? Die Staaten, nicht zuletzt über den Bau von Autobahnen. Wer hat die Stahl- und Rüstungskonzerne, wer die Energiekonzerne so groß gemacht? Wer hat Microsoft so groß gemacht ... ja wo anfangen, wo aufhören? 

Die Tüchtigkeit einiger Unternehmer? Oder waren es nicht vielmehr Einzelpersonen, die die Politik in Strukturen gehoben hatte, die sie selbst ihnen schuf, und die als staatliche Strukturen jedes Menschenmaß übersteigen mußten?

Der Markt? Welcher Markt? Nicht einen Augenblick hat auch der Verfasser dieser Zeilen seinerzeit einen Computer gebraucht, und in Wahrheit braucht ihn auch heute so gut wie niemand - er wurde "gebraucht" gemacht. Wer hat die Pharma- und Chemieindustrien so groß gemacht? Wer die Ölkonzerne? Die Politik der Staaten, die Massenmedikamente und landwirtschaftliche Massenproduktion brauchte, um die Umstrukturierung der Ökonomie anzufachen, die durch die freiwerdenden Arbeitskräfte den Bedarf an ungelernten Arbeitskräften deckten. Und damit Konsumenten für eben diese Massenware schuf. Denn abstrahierte Produktion braucht abstrahierte Bedürfnisse - wie sie staatlicher Zentralismus schafft, der nichts anderes tut: als Bedürfnisse der Bürger zu abstrahieren, die er als seine Angelegenheit betrachtet.

Die Staaten, (und es sei hier klar unterschieden zwischen dem Staat an sich, und den faktischen Staatsapparaturen, mit denen wir es seit Jahrhunderten zu tun haben, weshalb wir lieber sagen:) die Politiker waren und sind an der stetigen Beschleunigung der Geldproduktion interessiert, und damit an entsprechender, überregionaler Infrastruktur. Sie sind es, die … den Mechanismus Geld (weil Steuern) bedienen, Großstrukturen und -entwicklungen einleiten oder schaffen, die zu errichten großes Kapital notwendig ist - wieder: Geld. Und: Politiker mischen sich in alle privaten Angelegenheiten (Familienpolitik, Gleichstellungspolitik, Lohnpolitik, etc. etc. = Sozialstaat), und auch das kostet wiederum GELD.

Würde sich die Wirtschaft wieder auf ein Produzieren bescheiden, das sich am Bedürfen orientiert - in Arbeit wie Konsum, wo der Zusammenhang Mensch - Arbeit - Bedarf - Boden wieder hergestellt ist, wenn das "Bruttoinlandsprodukt" je nachdem mal kleiner, mal größer ausfällt, wo es einfach auch einmal in Vielem KEIN Bedürfen gibt, weil alle zufrieden sind, ein Bedarf gesättigt ist, gäbe es nur einen, der Konkurs anmelden müßte: Die Politik, die ihre Pläne einmargerieren, ihre Beamtenhorden nicht bezahlen, Wohlfahrtsversprechen nicht halten könnte, die zu geben ja ohnehin zugleich ein Versprechen auf Diktatur ist. Politik, die nicht das Wesen des Lebens der Menschen hegt und schützt und achtet, sondern dieses Leben selbst gestalten will, sodaß eben diese Menschen von ihr abhängig werden, weil diese Regeln sich nicht im Leben finden, das sie führen könnten und sollten, weil ihr faktisches Leben nur funktioniert, wenn sie diesen willkürlichen Regeln entsprechen.

Und die Großkonzerne, die Großindustrien, in denen sich Arbeit und Produkt völlig von seinem lebendigen Bezug losgelöst, abstrahiert, in reinen "Geldwert" umgeschlagen hat, unter dem Druck investierter, geliehener Kapitalien, die nur funktionieren, wenn diese Abstraktion weiter perfektioniert wird. Was man dann "Effizienzsteigerung" nennt. Dieselbe Politik, die je nach Bedarf "haltet den Dieb" schreit, wenn es ihr Wählerstimmen zu bringen scheint, und in Wahrheit eben diese Kapitalien - auf Kosten der einfachen Staatsbürger - am Leben hält.

Diese Entwicklung setzte ein, als spätestens mit der Renaissance ein abstraktes Verstehen von Welt und Politik einsetzte, Politik zum Selbstzweck wurde, und sich im speziellen als Politik von Politikern (!) entwickelte. Getrieben, historisch in einen europäischen und bald weltweiten Konnex gestellt, von einer vorauseilenden Entwicklung in Frankreich, wo sich erstmals in Europa ein Staatsbegriff nach modernen Vorstellungen (samt dem Begriff der Volkswirtschaft, wie er heute verstanden wird) entwickelte: in einem Land, das sich von Beginn an - "eritis sicut Deus" - gegen das Reich (als "die" Klammer und Legitimitätsquelle Europas in einem Ganzen) stellte (aus dem sich England ohnehin bereits absentiert hatte), und den ersten Nationalstaat Europas schuf. Der zunehmend die übrigen europäischen Länder unter Druck zu setzen begann, indem er sie an das Staat-sein an sich drückte, Politik immer mehr zur Überlebensfrage des Ganzen machte. In denen sich nach und nach eben jenes Klein- und Großbürgertum entwickelte, das zunehmend ihr Leben in abstrakte Geschäfte und Geldproduktionsmechanismen umlegte, die der Staat gerne in Anspruch nahm. Das ausgeblutete französische Volk des 17. und 18. Jhds. war in einem furchtbaren Zustand.

Nicht mehr die nachträglich festgestellte Anzahl der von den Menschen abgefüllten Getreidesäcke wurde Maßstab des Wohlstands eines Landes, sondern die Zahl der Getreidesäcke die sich produzieren ließen wurden zum Ziel. Die Unterschiede zwischen diesen fast identen Formulierungen sind grenzenlos. Und wurden es in den Massen der Verelendeten, religiös wie politisch Entwurzelten, die aus Europa nach Amerika strömten, um dort, human beziehungslos, das gesamte Wirtschaften in technische Prozesse hinein endgültig zu entfremden. Woraufhin diese Entfremdung auch für Europa endgültig Maßstab, ja Ziel der Politik wurde.

Aber wer wird diese Millionäre und Milliardäre wieder enteignen, wenn sie diese Eselsdienste nicht mehr zu tun gewillt oder in der Lage sind? Die Politik der Staaten ... nichts anderes passiert bereits jetzt, zum Beispiel aktuell in der Bankenlandschaft. Worauf man den Bürgern einredet, es läge in ihrem Interesse. Was ja der Fall ist - solange die Bürger sich ihrer Lebenswelt tatsächlich enteignen lassen, sich und ihr Leben selbst abstrahieren, in Geld umlegen. So, wie es leider längst die meisten tun. 

Geld, das damit zum wahren Träger ihres Lebens wird. Und alles wirkliche Leben auslöscht. Im Dienste des einzigen Interessenten, der Politik, der Parteipolitik heute, ist die Ideologie, die sich in den Staatsbürgern die Spielwiesen ihrer persönlichen Probleme - denn die Demokratie heute bringt NUR Politiker mit persönlichen Motiven hervor - und inkompetenten Wahnvorstellungen sieht. Gleichgültig, und zwar völlig gleichgültig, ob sich die Ideologie Sozialismus oder Kapitalismus nennt. In diesem Punkt haben sie ihren gemeinsamen Nenner, denn niemand braucht abstrahierte, entmenschte Arbeit so, wie der Sozialismus. Den der Kapitalismus gerne bedient, weil dieser Bedarf in Wahrheit seinem abstrakten Wesen entspricht, dem nur Geldmechanismen zugrunde liegen.

Und wieder einmal - weil sich dort alles wie in einem Zeitraffer vorwegnahm, was heute "Politik" bedeutet, KEIN Grundsatz der damaligen Politik, der nicht heute längst verwirklicht wäre, nur wird er sorgfältig (und schon gar von den "Antifaschisten") maskiert - sei Hitler als Beispiel zitiert, der es genau so gemacht hat: der deutschen Industrie, ja überhaupt der etatistischen Wirtschaft ihren Obulus nicht nur gewährte, sondern garantierte. WENN sie ihm dafür die notwendigen Handlangerdienste leistete und (über die Refa-Wechsel) die Kredite stellte, zum Marionettendasein bereit war. Wer nicht mitspielte, wurde kaltgestellt.

Nein nein, ganz gewiß nicht mehr als ... eine erste umfassende Arbeitshypothese. Ungenau, oberflächlich, und in einem lässigen Wisch der Hand gesetzt. Aber dafür schon recht verführerisch plausibel.




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