Keine chemisch-wissenschaftliche Analyse vermag jemals herauszufinden, WAS ein Ding, eine Pflanze, ein Lebensmittel überhaupt ist. Deshalb ist es nur amüsant zu sehen, welchen Schock eine unlängst erschienene Studie auslöste. Die zum Ergebnis hatte, daß "Bioprodukte" keine signifikant anderen Bestandteile als unter "künstlichen" Bedingungen entstandene hätten.
Das Wesen der Dinge, ihre Wirklichkeit, ist kein Abstraktum, das "die Tomate" weltweit definieren ließe. Abstrahiert, läßt sich nur eine weltweite Tomate unter bestimmten Bedingungen formulieren und festlegen, aber nie "die Tomate".
Jeder lebende Organismus hat nicht einfach zum Ziel, diese und jene vorgestellten Eigenschaften (die man nachträglich als "allgemein", allen Tomaten gemeinsam feststellt) zur Darstellung zu bringen. Sondern sein Wachsen, sein Werden ist die direkte Interaktion mit seiner Umgebung. Deshalb liegt das Wesen der lebendigen Dinge in ihrer Geschichte. Erst aus dieser erwachsen ihm jene Eigenschaften, die in der Wissenschaft reduziert und abstrahiert werden.
Eine Tomate aus moderner Glashausproduktion wird zwar dieselben chemischen Eigenschaften haben, so wie alle Menschen wissenschaftlich gesehen grosso modo aus denselben Bestandteilen bestehen. Aber jeder Organismus ist ein Individuum, und seine Konsistenz ist die direkte Reaktion auf seine Umwelt.
Deshalb interagiert der Mensch, im Essen, im Verdauen, auch in erster Linie mit diesen "Informationen", die in jeder Tomate dargestellt sind. Er nimmt aus der Tomate, die er zum Abendessen verdrückt, Eigenschaften der Welt, die ihn umgibt. Und reagiert seinerseits darauf.
Das erst macht ein Lebensmittel zu einem Lebensmittel. Nicht der Transfer dieser oder jener Inhaltsstoffe. Es ist die Interaktion mit dem Konsumenten. Und auch hier: nicht als Ideologie,die über jede Tomate (würde sie vertauscht) auch ein völlig andere "geistige" Inhalte zuerkennen würde, wie der Zucker auf dem Kuchen. Sondern diese Geschichtlichkeit, dieses Erzählen, ist diesem Ding, der Tomate, immanent. Und das erst mach den Bio-Bauern, der seine Produkte am Wochenmarkt anbietet, interessant.
Und das macht den Unterschied, der damit viel grundsätzlicher ist, als die meisten "Bio-Anhänger" ahnen. Aber vielleicht ist es dieses Ahnen, das Bio zur Religion zu machen in der Lage ist. Dabei wäre es viel einfacher ... die Dinge wirklich "sein" lassen! Sie NICHT - und sei es zum "Gesundheitswahn" - abstrahieren! Bio-Nahrungsmittel "machen" nicht gesünder. Sie sind einfach Teil des Lebens, das in der Individualisierung in lebendigen Organismen zu sich findet, und nur als konkretes, historisches, lokal affiziertes Leben existiert. Als Welt, wo eins dem anderen dient, um sich insgesamt - im Menschen! - im Seienden zu halten, in dem das Sein selbst sich spiegelt.
Internet, Globalisierung, Wissenschaftsgläubigkeit und abstrakte Lebensmittel sowie Selbstentfremdung - sie stehen nämlich in einer geistigen Entwicklungslinie.
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