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Freitag, 12. Oktober 2012

Unsinn der biographischen Deutung


aus 2007) Leidenschaftlich ereifert sich Malraux gegen die psychologistisch-biographistische Deutung der Kunst. Sie brächte keinerlei Gewinn.

"Wenn wir die Fresken abkratzen bis auf ihre unterste Schicht, um das Geheimnis des künstlerischen Genies zu lüften - am Ende tritt freilich nur der Verputz der Mauer zutage. Ein schöner Gewinn." Doch was sage das über die Entstehung eines Werks? Was sage uns, daß Leonardo ein uneheliches Kind sei darüber aus, daß wir nach vierhundert Jahren noch immer den Geier über der Felsgrottenmadonna suchten? All diese Geheimnisse würden dort belanglos, wo Kunst beginne: mit der Qualität. Überall, in jedem Werk, gäbe es etwas, das einfach nicht mehr zu fassen sei.

Was erkläre, daß Corot die Augenblicke, die er gemalt habe, nicht real in der Natur genossen habe und damit zufrieden gewesen sei? Es war eben eine unerklärliche Spannung, deren Fruchtbarkeit er benötigt wie gesucht habe. Keiner sage vor einer seiner Landschaften: "Was für ein Naurschauspiel!", sondern: "Was für ein Bild!"

Selbst die seltsamsten Inspirationen seien keine biographischen Zufälligkeiten oder psychoanalytische Mechanismen - sondern die Künstler riefen sie sogar selbst, bewußt oder unbewußt, und aus immer geheimnisvollen Gründen hervor. Der Künstler suche schlicht, was ihm dienstbar sein könne.

Die wesentliche Geschichte des Künstlers sei somit seine Biograpie als Künstler. "Jede Biograpie ist von ihrer Zeit umschlossen, weil jeder Künstler von vornherein ganz offenbar von einigen grundlegenden Werten dieser Zeit abhängig ist." Es sei auch belanglos, ob jemand zuerst Christ und dann Bürger oder umgekehrt sei - er gehöre zuallererst seiner Zeit an: "Er kann weder einer beliebigen, noch einer anderen Zeit als der eigenen angehören. Ewigen Stil gibt es genau so wenig wie neutralen Stil."

(Bild: Die Madonna von Cimbue)


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