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Donnerstag, 11. Oktober 2012

Armut schändet nicht

aus 2007) Man gerät leicht in den Verdacht, zynisch zu sein ... aber noch in meiner Kindheit in den 60ern des 20. Jhds. war dieser Satz fundamental und wahr. Meine Kindheit war arm, gerade inmitten eines rundum aufblühenden Wohlstandes, wie er im Umbruch 60er/70er-Jahre stattfand. Dennoch hat es an einem nie gemangelt: An Würde. Meine, unsere Armut bestand wohl in einem "Weniger" an materiellen Gütern, ja in ... Hunger. Aber darüber sprach man nicht, wir waren "gerühmt" für unseren Anstand, unsere Diskretion ...

Elend, damit haben wir es heute zu tun. Und elend waren wir - 12 Kinder - beileibe nicht!

Der ökonomische Druck der gesamten Volkswirtschaft, die auf dem derzeitigen materiell-pekuniären Niveau bleiben, ja sich weiter steigern muß, will man das Gesamtsystem vor dem Zusammenbruch bewahren, setzt aber Maßstäbe des Wohlstands, die die längst "von unten heraus" sich formierende soziale Differenzierung plätten möchte, dies als Notwendigkeit sieht.

Und damit vor keinen Mitteln zurückschreckt - so im immer maßloseren Eingriff in die familiäre Lebensgestaltung, im Herauslösen der Kinder aus der Verantwortung der Eltern, in deren Emanzipation von den Lebensumständen der Ernährer ... durch staatliche Maßnahmen, in der Pädagogik, ja materiellen Lebensumständen (Schuluniformen als Kleidungsstütze; Schulausspeisungen ...)

Daneben wird z. B. in einer Rundfunksendung allen Ernstes über die staatliche Blindheit diskutiert, in den sozialen Zuwendungen nicht zu berücksichtigen, daß Kinder alle drei Jahre ein neues Fahrrad benötigen ...

Darf man nicht mehr erwähnen, daß Armut einem besonderen Segen unterliegt? Der Abstand, der wenn auch erzwungene Verzicht auf Gleichschritt im Wohlstand, die erwachsende Bescheidenheit und Verzichtbereitschaft ... ist das nicht das, was den heutigen Charakterformen fehlt? Haben wir es nicht gerade mit Erschienungen zu tun, die jeden Schmerz, der zur Persönlichkeitsbildung doch unabdingbar ist, kraft der faktischen Natur der Welt, einfach vermeiden will?



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