(Zusammenfassende Übertragung - Stunde 8)
Immer wieder ein Aufruf zu mehr Zusammenarbeit
Im
Rückblick muß man doch sagen, daß Rußland immer auch für die
Unabhängigkeit Amerikas gekämpft hat, wie im Zweiten Weltkrieg. Und die
Bedrohungen der Gegenwart richten sich auch gegen beide Länder -
Terrorismus, oder die Armut auf der ganzen Welt, oder die Gefahren der
Umweltzerstörung, die Putin für die größte Bedrohung für die gesamte
Menschheit hält. Nicht zuletzt haben beide Länder so viele Atomwaffen
gelagert, daß schon dies eine Bedrohung für die ganze Welt darstellt.
Darüber sollten doch beide Länder nachdenken?
Stone
meint, daß das schwierig sei. Derzeit werde in den USA sogar behauptet,
daß Trump durch den russischen Einfluß auf die Wahlen in der Schuld
Moskaus stehe. Putin weist darauf hin, daß diese Kampagne mehrere Ziele
verfolge. Zuerst einmal solle Trumps Legitimität untergraben werden.
Dann möchte man Bedingungen schaffen, unter denen eine Normalisierung
des Verhältnisses beider Länder verhindert wird. Drittens, sind diese
Behauptungen ein Instrument in den innenpolitischen Kämpfen in den USA.
Stone
weist darauf hin, daß viele Amerikaner diese Vorwürfe gegen Rußland für
Nonsens halten, und Julian Assange hat sie sogar entkräftet. Dennoch
verstünden viele nicht, warum sich Rußland nicht aktiver gegen die
Anschuldigungen zur Wehr gesetzt habe. Putin sagt, der Grund sei, daß
er diese Vorwürfe für rein innenpolitische Kämpfe der USA halte, in die
wolle man nicht verwickelt werden. Man sei da nicht weiter beunruhigt.
Außerdem glaubt Putin nicht daran, daß man die Wahl damit wirklich habe
beeinflussen können. Und was sei geschehen? Es sind Dinge an die
Öffentlichkeit gelangt, die ja keine Lügen sind. Das an die
Öffentlichkeit zu bringen könne aber jeder Hacker der Welt, egal von wo,
von seiner Couch aus mit einem Laptop bewerkstelligt haben. Es gibt
nicht den geringsten Hinweis, daß man Rußland dafür beschuldigen könne,
und das sei ausreichender Beweis.
Putin
stimmt zu, daß die von Trump angekündigte weitere Erhöhung der
Militärausgaben der USA gewisse Sorgen bedeuteten. Aber diese Sorgen
sollten sich doch auch die Amerikaner selbst machen! Amerika gibt
derzeit über 600 Milliarden Dollar pro Jahr für das Militär aus, das ist so viel
wie die gesamte übrige Welt zusammen. Könnte es nicht ein, daß man das
Geld in den USA selbst dringender bräuchte? Für Medizinvorsorge,
Pensionen etc.?
Der
Russe weist darauf hin, daß aber die offiziellen Stellungnahmen von
Regierungen nicht immer dasselbe sind wie das, was wirklich zwischen den
Staaten passiert. Gerade in schwierigen Situationen wie im Mittleren
Osten passiere im Hintergrund viel mehr, als offiziell gesagt werden
könne. Das betreffe auch die Zusammenarbeit mit den Amerikanern in
Syrien, oder beim Iran. Nach außen freilich, da befänden sich die
Amerikaner in gewissem Widerspruch, denn einerseits wollen sie den
Terrorismus bekämpfen, anderseits sind sie mit Saudi-Arabien eng, das
den Terrorismus unterstützt. Rußland habe es insofern leichter, als 15 Prozent
seiner Bevölkerung Muslime sind, und man mit beiden (großen) Seiten -
Sunniten wie Schiiten - gute Gesprächsbasis habe. Immer wieder weist
Putin aber darauf hin, daß mehr Gespräche mit den USA nötig wären, um
sich besser abzustimmen.
Amerikanische Einflußnahme auf russische Wahlen
Ganz
offen spricht Putin anderseits von amerikanischen Versuchen, auf die
Wahlen in Rußland Einfluß zu nehmen, und zwar schon 2000, noch
aggressiver aber 2012. Die USA haben die Opposition finanziell
unterstützt und außerdem mit Demonstrationen in Moskau koordiniert.
Putin beklagt, daß das offizielle diplomatische Personal Amerikas sich
höchst aktiv eingeschaltet haben. Das sei aber doch nicht die Aufgabe
der Diplomatie! Außerdem sei klar, daß viele NGOs direkt von der Politik
finanziert werden. Und NGOs seien auf allen Territorien der ehemaligen
Sowjetunion (und in vielen anderen Ländern, oder in Afrika, in
Lateinamerika) höchst aktiv.
Cyber-Kriege
Wie
weit diese Form der Kriegsführung bereits gediehen ist hat sich am
"Stuxnet-Virus" gezeigt, mit dem die Energieversorgung des Iran schwer
getroffen worden war. Es bestehen kaum Zweifel daran, daß dies ein
israelisch-amerikanischer Angriff war. Oliver Stone erzählt Details, wie
er sie von Edward Snowden erfahren hat: Der hatte publik gemacht, daß
der amerikanische Geheimdienst NSA Japan zur Überwachung seiner
Bevölkerung aufgefordert habe. Außerdem wurden dort in öffentliche
Einrichtungen Schadvirenprogramme (Malware) installiert, die in dem Fall
aktiv würden, wo Japan kein Alliierter der Amerikaner mehr sein sollte.
Offiziell hat Japan das aber immer bestritten.
Ähnliches
ist laut Snowden in Brasilien, Mexiko und vielen europäischen Ländern
der Fall. Damit können ganze Volkswirtschaften zum Einsturz gebracht, weil Kraftwerke, Eisenbahnen etc. etc. außer Betrieb genommen werden.
Putin gibt sich bedeckt. Aber Stone kann nicht glauben, daß die Russen
darauf nicht schon lange angemessen reagiert haben, denn sie sind ja
einer der offiziellen möglichen Feinde der USA.
Doch
Putin beteuert Stone, auch wenn der das nicht glauben würde, daß man
nach 1991/92 tatsächlich alles getan habe, um die ehemaligen
Sowjetstaaten als integre, unabhängige Staaten zu betrachten. So, wie
man auch Rußland als Teil einer anderen Welt gesehen habe. Niemand habe
an solche Maßnahmen gedacht. Mit einer ungeheuren Naivität haben man
sogar sämtliche technische Ausrüstung - Computer, Computerprogramme etc.
- im Westen und vor allem in den USA gekauft. Erst vor kurzem sei man
sich bewußt geworden, welche Bedrohung davon ausgehen könne. Und
erst seither arbeite man daran, einerseits technologisch unabhängig,
anderseits nicht angreifbar zu sein.
Stone
ist verwundert. Denn spätestens nach 2007 (Iran) - und wie erst nach
den Snowden-Enthüllungen, wonach die USA dies sogar bei Alliierten mache -
müsse man doch gewußt haben, daß die Amerikaner Schadprogramme
installiere und als Form der Kriegsführung betrachte. Putin bestätigt -
man habe sich nicht darum gekümmert. Außerdem seien doch in
Atomkraftwerken oder Produktionsstätten für Atomwaffen internationale
Beobachter gewesen. Rußland hat enormes Vertrauen und Offenheit gezeigt.
Erst später habe man bemerkt, daß diese Offenheit keine adäquate Antwort
findet. Seither arbeite man an seinen eigenen Kapazitäten,
Cyber-Angriffe abzuwehren, und hat große Fortschritte gemacht. Aber man
mußte bei Null anfangen.
Stone
führt aus, daß Snowden berichtet habe, daß die USA sogar China seit
2009 angegriffen habe. Müsse man das nicht auch gegenüber Rußland
annehmen? Er weist auf den bekannt gewordenen Plan von 2016 hin, bei dem
fünf russische Großbanken von einem Cyberangriff getroffen werden hätten
sollen, mit dem man die russische Wirtschaft schwer getroffen hätte.
Natürlich sei man heute auf einem Stand, antwortet Putin, wo man sage:
wo es eine Aktion gibt, wird es auch eine Reaktion geben. Man habe davon
Wind bekommen, und die Banken seien an die Medien gegangen um die Kunden
zu beruhigen. Aber es gebe keine Beweise oder Hinweise, daß dieser
Angriff von den USA initiiert wäre.
Interessant
ist der Vergleich, den Putin zieht: Er vergleicht die Attacke auf den
Iran durch Stuxnet - der für die gesamte Weltwirtschaft hätte bedrohlich
werden können - mit dem Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und
Nagasaki von 1945. Sie waren militärisch nicht notwendig. Ihre
eigentliche Aufgabe aber war, Rußland und die Welt durch die
amerikanische Macht einzuschüchtern. Aber sie haben damit eine
gefährliche Spirale des Wettrüstens in Gang gesetzt.
Morgen Teil 13)
*060218*