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Sonntag, 11. Februar 2018

Weil sie nicht wissen, was der Mensch ist

Immerhin, arte hat hier eine der interessantesten Reportagen zum Islam in Europa angefertigt, die der VdZ derzeit kennt. Interessant deshalb, weil sie einen beeindruckenden Zustandsbericht über den Islam in Europa liefert. Den man aber nicht als Futter für die Kanonen sehen darf, die auf den Islam zu schießen haben. Was Hamed Abdel-Samad mit Nazan Gökdemir hier liefern ist vielmehr etwas anders, selbst wenn sie es in den Satz zusammenfassen, daß der "Islam nicht reformierbar" sei: Sie zeigen, daß das sogenannte aufklärerische, liberale, westliche Denken nicht in der Lage ist, das Wesen einer Religion und damit auch das Wesen des Islam zu erfassen. 

Weil sie nicht wissen, was der Mensch ist, nur mit aufklärerischen Kriterien arbeiten (die ein völlig falsches Menschenbild ergeben haben), können sie auch den Islam nur mit diesen selben Kriterien betrachten. Und kommen zum Schluß der Unvereinbarkeit von Islam und Europa. Europa? Nein, diesem aufklärerisch-liberalistischen Europa. Das ein Europa der Selbstauflösung ist, und weitgehend als Problem des Westens des Kontinents betrachtet werden muß.

Anders als der Westen, anders als die römische Kirche, ist der Islam aber nicht willens, sich in diesen Rationalismus und Relativismus und Liberalismus hinein aufzulösen. Das ist mehr als verständlich, weil es nämlich richtig ist. Und er teilt diese abwehrende Haltung auch mit der Orthodoxie des Ostens Europas. Wiewohl beide Religionen unvereinbar sind. Aber nicht, weil sie gewisse naturrechtliche Verankerung, ein gewisses Verstehen des Menschen bewahrt haben, sondern weil nur das Christentum die Realität der Gnade bedeutet, während der Islam diese Realität im Wort vor sich herträgt. Wird das Wort angegriffen, zerstiebt auch der Islam. 

Dies ist sein fundamentaler Unterschied zum Christentum, selbst wenn sich die einen oder anderen Aussagen gleichen. Wie es aussieht, weiß davon aber nur noch die Orthodoxie. Denn ihr Wissen ist fleischlich. Eben: fleischlich, real. In der Liturgie als der gestalthaft-zeugenden Quelle der Fleischlichkeit des Lebens. Einer Fleischlichkeit, die der Islam (an und für sich aus demselben grundsätzlichen Bedürfnis und Wissen des Menschen nach Realität, nach Fleischlichkeit als Ort des Lebens) durch Moral herbeizurufen (man müßte eigentlich sagen: zu simulieren) trachtet. 

Und hierin hat Abdel-Samads Aussage, die er an anderer Stelle immer wieder trifft, daß der Islam eine innerte Nähe zum Faschismus hat (der nämlich genau dasselbe ist: Die Umlegung eines Seinsgeschehens in absoluten Verhaltenszwang gemäß diesem Sein), tatsächlich einen sehr wahren Kern. Insofern ist also der Westen bereits auf dieselbe Ebene aufgesprungen: Im Faschismus, in der Religion, die sich auf Moral umgebrochen hat. Er wird keine Probleme mit dem Islam haben. Ja, er sehnt ihn als Bruder herbei, auch wenn er das (noch) nicht weiß, sondern nur danach handelt. Weil sein Pferd, auf dem er verkehrt herum sitzt, genau in diese Richtung läuft. Nur ist nicht Liberalismus seine Abwehr. Liberalismus ist in sich leer. Sondern das Christentum, wo es ein solches noch ist, und das ist es nur als Seins-, Orts-, nicht als Verhaltenswahrheit, das ist es nur noch im Osten des Kontinents.














*260118*