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Dienstag, 20. Februar 2018

Die Putin Interviews (Oliver Stone) - 7

Zu Putins Arbeit und Wirtschaft

Putin offenbart, daß er sich immer um alle Details selbst kümmert. Nie liest er Zusammenfassungen unter all den Berichten, die er bekommt, er liest immer die Detailberichte selbst. Denn er findet die Dynamiken der Situationen interessanter, man könne schöpferischer sein. Und das macht er immerhin schon 15 Jahre lang, sieben Tage in der Woche. Wie anders da Reagan, erzählt Stone, der jeden Tag um sechs Uhr Abend sein Büro verließ und daheim mit seiner Frau zu Abend aß und anschließend fernsah. Immerhin war Reagan ein "lächelnder Präsident", der seine Aufgabe mehr darin sah, gute Stimmung in seinem Land zu verbreiten. Putin sieht aber genau die viele Detailarbeit als wichtig. Anders als Reagan, der alles delegierte. Putin legt lieber fest, was zu tun ist, und delegiert dann die Erledigung. Die Situation in Rußland ist eben weit komplizierter, schwieriger, als in den USA.  

Aber vielleicht hat damit auch zu tun, daß die USA 18 Billionen Dollar Schulden hat, das sind 200 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts, während Rußland kaum 150 Milliarden Schulden (12 Prozent des BIP) hat. Freilich macht der niedrige Ölpreis Schwierigkeiten. Dem versucht man mit inneren Maßnahmen zu begegnen, etwa mit dem Ziel der "Import-Substitution". Man wolle keine Importe abwehren, aber versuchen, importierte Ware selbst herzustellen. Rußland hat heute ein jährliches Budgetdefizit von 4 Prozent, und hat außerdem drei große Rücklagenfonds, die helfen, die Krise, die sicher da ist, zu überstehen. Besonders konzentriert man sich auf Branchen, die die Krise am besten verkraften. Das Ziel ist ja letztlich, überall in Rußland gleich hohen Lebensstandard zu ermöglichen. Moskau versucht dabei, die Regionen je nach Wirtschaftskraft auszugleichen. 

Manche bekannten, realen Probleme, die es auch gibt - Streiks wegen ausstehender Löhne etc. - verschweigt Putin in dem Interview. Aber immerhin lobt sogar der IWF - der Internationale Währungsfonds - die Wirtschaftspolitik Putins. (Der sich kräftig in die Politik Rußlands eingemischt hat, wie in den Kaukasus-Konflikten mit Tschetschenien. Weshalb später Rußland alle Schulden beim IWF beglichen hat.) Die auch über eine Abwertung des Rubel lief. Was die Importe zwar verteuerte, aber Anreize für den Export und den Inlandskonsum schuf. 

Rußland als größte Bedrohung der USA?

Putin weist freilich darauf hin, daß die USA auch in wirtschaftlichen Belangen Rußland als Konkurrenten sieht und an der momentanen Krise beteiligt ist. Man könnte sogar sagen, daß Amerika nichts unterläßt, um Rußland in Schwierigkeiten zu bringen. Etwa durch wirtschaftliche Probleme zu bewirken, daß Putin aus dem Amt gewählt wird, weil die Bevölkerung unzufrieden ist, um auch Rußland zu dominieren, ja zu einem US-Satelliten zu machen. Es gibt dort starke Kräfte - darunter Hillary Clinton bzw. die Neo-Conservatives und einige hohe Militärs - die jede Zusammenarbeit mit Rußland verweigern und Rußland sogar als Sicherheitsbedrohung Nummer eins sehen.

Insgesamt sieht Putin das aber auch als Säbelrasseln, das in den USA vor allem vor Wahlen sehr populär ist. Wo Rußland als Feind zu deklarieren zum Objekt der Profilierung wird. Wahr ist freilich auch, daß Obama die Militärausgaben für Europa (und das heißt vor allem in Osteuropa) vervierfacht hat. Putin weist aber darauf hin, daß im Rahmen der deutschen Wiedervereinigung eine Ausweitung der NATO Richtung Osten ausgeschlossen wurde. Man sprach damals über die Notwendigkeit, ein neues Sicherheitsbündnis in Zentral- und Osteuropa zu schaffen. Heute ist Rußland gezwungen, auch seine Militärausgaben in diesem Bereich zu erhöhen. 

Die USA haben einen Alleingang unternommen. Vermutlich auch, weil die Amerikaner fälschlich glaubten, daß Rußland durch seine wirtschaftlichen Schwierigkeiten nach 1991 nicht mehr in der Lage wäre, seine militärische Kraft aufrecht zu halten. Man spekulierte schon damit, daß binnen kurzem die russischen Raketensysteme dem Rost anheimfallen. Es waren ebenfalls die USA, die ein Abkommen blockierten, das Rußland und China angeboten haben, das den Weltraum waffenfrei halten sollte. Dennoch hat Putin seinerzeit Obama geholfen, ein Atomabkommen mit dem Iran zu vereinbaren. Die Bedrohung von dort ist also seither verschwunden. Warum also baut die USA dennoch seine Raketensysteme in Osteuropa aus, die binnen kurzem in Angriffswaffen umgerüstet werden können?

Aber es war ein Irrtum, Rußlands und schon gar sein Atomarsenal zu unterschätzen, sagt Putin. Auch wenn die Rüstungsausgaben dort nur EIN ZEHNTEL der Militärausgaben der USA betragen. Denn man hat dort die Situation genützt und seine Rüstung modernisiert, ja neue, überlegene Waffensysteme entwickelt. Aber leider besteht in den USA generell großer Mangel darin, Rußland zu verstehen. 

Europa bräuchte neue de Gaulles

Es ist Oliver Stone, der darauf hinweist, daß heute Europa nur noch ein amerikanischer Satellit ist. Das letzte Mal war es Charles de Gaulle, der Frankreich aus der NATO nahm (1967; später kehrte es wieder zurück), weil er mit dem amerikanischen Einfluß nicht einverstanden war. Aber wo gibt es heute einen de Gaulle? Es ist Putin, der darauf hinweist, daß es in den europäischen Ländern längst starke innere Bewegungen gibt, die auf eine Stärkung der Souveränität drängen. Umgekehrt, versuchen die USA diese Staaten stärker an sich zu binden. Das hat vor allem in Osteuropa dazu geführt, daß manche Länder gar keine eigene Strategie mehr verfolgen können, weil sie alles mit der US-Außenpolitik abstimmen müssen.

Putin fordert einen Paradigmenwechsel von Staaten untereinander, der auf Respekt und Dialog aufbaut. Dazu braucht es auch eine Stärkung des Völkerrechts, gerade für kleine Staaten ist das wichtig.

Gefragt zu den (2015 bevorstehenden) Wahlen in den USA meint Putin, daß es für ihn ohne Bedeutung ist, wer diese Wahlen gewinnt. Denn er hat schon an anderer Stelle gesagt, daß sich zwar die Personen an der Spitze in Washington ändern, aber die Politik immer gleich bleibt. Auf die Rhetorik im Wahlkampf gibt er gleichfalls wenig, denn sobald diese im Amt sein sollten, werden sie ganz andere Amtsbürden spüren, die ihre vormaligen Aussagen automatisch zurechtrücken.

Der Haß auf ihn, Putin, der in den USA so verbreitet ist, sei auf die Interessen der Eliten zurückzuführen bzw. gehe von dort aus. Denn dort brauche man einen Feind, das hilft den eigenen Interessen. Und dort habe man auch die Wege und Mittel (vor allem die Medien; Anm.), um die Bevölkerung zu manipulieren.


Morgen Teil 8)





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