Ein ziemlich kluger Mann, auf jeden Fall ein äußerst realistischer Mann. Stone nennt ihn gar einmal: Ultimativer Verhandler
Umgekehrt
haben die Amerikaner vor allem nach dem Zusammenbruch der UdSSR 1991 der
Illusion aufgesessen, sie seien nun die berufenen Führer der gesamten
Welt. Wenn aber ein Land glaubt, es sei das einzige Führungsland der
Welt, gleitet es rasch in eine unrealistische Weltsicht und Mentalität
ab. Sodaß ein Volk (und seine Elite) von der Regierung eine Stärke
verlangt, die der Realität nicht entspricht. Immerhin sei dazu die
bemerkenswerte Feststellung zu machen, daß zwar die Staatenführer der
USA wechseln, nicht aber ihre Außenpolitik, die die Politik eines
Imperiums sei. Putin meint aber, daß die Haltung, die gesamte Welt zu
kontrollieren, den Interessen der amerikanischen Bevölkerung nicht
entspreche. Es verwandelt das gesamte Verhältnis zur restlichen Welt und
kennt keinen Respekt mehr.
Dennoch verwahrt er sich dagegen, daß Oliver Stone ihn in "Anti-Amerikanismus" hineinziehen könnte. Das sei nicht seine, Putins, Position. Stone habe es da leichter, und es sei sogar dessen gutes Recht, ALS Amerikaner sein Land zu kritisieren, sagt er später dann einmal. Er, Putin, habe hier andere Dinge zu beachten, und sich zuerst darum zu bemühen, ein freundschaftliches Verhältnis zu den USA zu pflegen.
Der Fall Snowden
Der Fall Snowden
Die Gespräche gehen über auf die Probleme mit Ossetien und Georgien, die Rolle Saakashvilis darin, um auf den "Fall Snowden"
überzugehen. Die Vorkommnisse um seinen Aufenthalt in Rußland, der bis
heute andauert, stellt Putin als mehr oder weniger fast zufällige
Abfolge dar, bis er - ohne gültigen Paß - am Moskauer Flughafen stand,
nicht weiterreisen konnte, und Putin ihm Asyl gewährte.
Als
Verräter hätte er den Amerikaner nicht geschätzt, aber Snowden war
keiner. Alles, was er gesagt hat, hat er öffentlich in Amerika getan.
Aber er hat sonst nichts "verraten". In den Augen Rußlands hat er kein
Verbrechen begangen, weil er eben kein Verräter war, und es besteht bis
heute auch kein Auslieferungsabkommen mit den USA. Es bleibt freilich
die Frage, warum die USA Edward Snowden die Weiterreise nach Südamerika
untersagt haben. Wo sie dort doch viel leichter auf ihn zugreifen hätten
können als in Moskau. Ja, wenn sie seinen Paß in Hongkong nicht für
ungültig erklärt hätten, hätten sie ihn überhaupt leicht und locker
ergreifen können. Warum das so war, fragt Putin? Weil sie
unprofessionell gehandelt haben und gemacht haben, was kein
Geheimdienst machen sollte: Sie ließen sich nervös machen. So nervös,
daß sie sogar Gerüchten gefolgt sind, Snowden wäre an Bord der Maschine
von Präsident Morales (Kolumbien), die sie zur Landung in Wien zwangen.
Snowden
hat immerhin Mut, meint Putin, und das imponiert ihm. Da ist aber
nichts Mysteriöses um den ganzen Fall. Rußland ist ein demokratisches
Land, was an den Vorgängen war also geheimnisvoll? Umgekehrt war das
Verhalten der USA irrational. Denn man kann jedes Flugzeug unter
Vorwänden überall auf der Welt zur Landung zwingen.
Putin
verwahrt sich gegen die (auch durch Snowden publik gewordene) Spionage
der USA, die auch davor nicht zurückschreckt, sogenannte Alliierte auszuspionieren.
Das, so Putin, "tut man nicht", es zerstört jedes Vertrauensverhältnis
und läßt allen Respekt vor diesem vermissen. Denn immerhin hat Rußland
seit Jelzin definitiv die Spionage in den USA eingestellt, weil man die
USA als Partner ansah. Daß dies aber einseitig blieb ist wohl dem
Einfluß der neokonservativen Bewegung auf Washington zuzuschreiben. Er
war es auch, der die Situation in der Ukraine zur Zuspitzung trieb, denn
der Einfluß auf diese Ereignisse bestand und besteht ohne jeden
Zweifel. (Er wird nicht einmal abgestritten, sondern als Teil der
amerikanischen Mission dargestellt; Anm.)
Übermorgen) Teil 4
*240118*