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Samstag, 17. Februar 2018

Die Putin Interviews (Oliver Stone) - 5

Die USA brauchen einen Gegner von außen, und den liefert der Iran eben nicht, wie es zuerst hieß. Also muß Rußland herhalten. 

Von den Ereignissen in der Ukraine war Putin selbst fast überrascht, obwohl er im Grunde wußte, was dort im Gange war. Unglücklicherweise hat auch Janukowitsch nicht viel geändert, die Oligarchen waren nach wie vor an den Hebeln, und die Korruption beherrschte nach wie vor den Staat. Deshalb waren die Menschen auch mit ihm nicht zufrieden. Doch ist es eine Tatsache, daß Janukowitsch nie den Befehl gab, mit Waffen gegen die Demonstrationen vorzugehen. Das geschah auch auf Einwirken von Moskau. Aber das Ziel war eben, Chaos anzurichten. Die Aggressionen gingen von den Protestierenden aus, während Janukowitsch alles tat, um Eskalationen zu vermeiden, die Situation zu beruhigen. Die tödlichen Schüsse von Heckenschützen gingen nicht von Janukowitsch aus. Es gibt Indizien, daß diese Schützen, die dem neonationalistischen Lager zugerechnet werden müssen, im Westen ausgebildet worden sind.

Dennoch hielt auch damals ein regelmäßiger Dialog mit den USA an. Putin hat regelmäßig mit Obama telephoniert, und wenn es auch unterschiedliche Positionen (z. B. zu den Ursachen der Ukraine-Krise) gab, so stimmte man in vielem doch überein.

Zur NATO meint Putin, daß es auf bilateraler Basis mit allen Staaten einfach ist, zu einem Verständnis zu kommen. Sobald aber die NATO involviert ist, hat man es mit den Interessen der USA zu tun.

Ja, gibt Putin zu, man hat mittlerweile eine modernisierte Militärbasis in Sotschi (Krim) aufgebaut. Es geht um die für Rußland enorm wichtige Position im Schwarzen Meer. Und Rußland hat sich darum gemüht (und muß das schon aus Eigenverantwortung wie jeder Staat tun; Anm.), seine strategischen Positionen zu festigen.

Zum (heißen) Krieg

Es gibt derzeit keine wirklich zuverlässige Abwehr gegen Raketensysteme. Deshalb ist auch das Raketenabwehrschild der USA in Osteuropa nicht effektiv. Immer müssen Abwehrwaffen mit Angriffswaffen zusammenwirken, meint Putin. Will man also wirklich effektiven Schutz vor einem Weltkrieg, müssen alle Mächte zusammenarbeiten und sich gegenseitig Zugang zu den Kontrollmechanismen gewähren.

Übrigens weist Putin darauf hin, daß die Raketen, die auf Kuba (1962) stationiert werden sollten, eine logische und vorhersagbare Reaktion auf die Stationierung von US-Raketen im Februar 1961 in der Türkei waren, also in unmittelbarer Nachbarschaft zur UdSSR. Denn damit erhöhte sich die Erstschlagsfähigkeit der Amerikaner einseitig und erheblich. Das war eine Provokation, und Rußland mußte reagieren, weil ein Erstschlag der USA damit wahrscheinlicher wurde! Es war also nicht Kuba, das die Stationierung der Raketensysteme wollte (wie es mancherorts heißt; Anm.) Etwas Ähnliches spielt sich ab, wenn die NATO (Amerika) ihre Waffenpräsenz in der Ukraine erhöht. Man kann nicht die Sicherheitsinteressen Rußlands einfach ignorieren.

Die Situation wird verschärft, wenn die Amerikaner zugleich mit aggressiver Wortwahl um sich schlagen. Etwa, indem sie Putin mit Hitler vergleichen. Das schafft nicht gerade Vertrauen und personalisiert unzulässig, denn es geht um Rußland, nicht um Putin. Und Putin ist Präsident, weil das Volk ihn gewählt hat. Das ist der Grund, warum die Amerikaner Rußland als Partner ansehen müssen.

Alles das erinnert an historische Situationen wie an die von 1945, als es in den USA ernstzunehmende Stimmen gab, den Krieg gleich auch gegen die Sowjetunion - unter Einsatz von Atomwaffen - fortzusetzen, solange nämlich die Russen solche Waffen noch nicht hätten, gleich also einen 3. Weltkrieg anzuschließen. Rußland möchte nicht wieder in so eine Situation kommen. Die verschärft wird von der Illusion, die entstehen könnte, wenn die USA glauben, sie könnten durch einen Schutzschild zuverlässig geschützt werden. Denn es gibt nach wie vor solche aggressiven Kreise in Amerika. Das betrifft auch die Bestrebungen, den Weltraum in solche Waffensysteme einzubinden. Die Welt wird nur dadurch sicherer (und die Gefahr eines Atomkrieges neutralisiert), wenn die Großmächte zusammenarbeiten.

Die Gefahr damals war ja nicht unbeträchtlich. Denn nach dem 2. Weltkrieg hatten die USA ihre Militärpotentiale enorm ausgebaut, und viele Generäle glaubten sich so überlegen, daß sie die Fähigkeit besäßen, die Sowjetunion in einem Angriffskrieg auszuschalten. Es ist Kennedy zuzuschreiben, daß diese Pläne nicht zur Ausführung kamen.

Zur Religion

Putin war mit dem Atheismus des vormaligen kommunistischen Systems nicht einverstanden. Später war er immer ein Befürworter einer Stärkung der Orthodoxie in Rußland. Der Grund ist ziemlich einfach: Als er ein Kind war, hat ihn seine Mutter taufen lassen. Zwar haben alle versucht, darüber nie öffentlich zu reden, aber an und für sich war das auch damals legal. Er erzählt übrigens eine bemerkenswerte Geschichte: Im Gespräch mit dem Moskauer Patriarchen KyrilI I. entdeckte er, daß es dessen Vater Nikolai war, der ihn damals in Leningrad (Petersburg) getauft hatte. Dennoch, daß die Kirche in Rußland heute wieder so eine Rolle spielt (in den letzten 15 Jahren sind in Rußland 15.000 Kirchen neu gebaut worden, Anm.) geht auf die Bevölkerung selbst zurück, nicht auf ihn. Putin führt es auch darauf zurück, daß der Kollaps der kommunistischen Ideologie ein Vakuum entstehen hatte lassen, und das konnte nur durch die Religion gefüllt werden. (Daß auch der Marxismus-Kommunismus eine Religion ist, ist aber der eigentliche Grund; Anm.)


Übermorgen Teil 6)






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