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Samstag, 27. April 2019

Denkschwäche Homöopathie

Der Beitrag dieser jungen Ärztin scheint dem VdZ nicht unwesentlich. Die ehemalige ausübende Homöopathin ist nach einigen Jahren einträglicher Praxis (denn die Homöopathie ist ein riesiger Geschäftszweig geworden) zu dem Schluß gekommen, daß die Homöopathie wirkungslos ist. Zum einen ist ihr aufgefallen, daß die Behauptungen der Homöopathen ganz einfach nicht stimmen. Eine allfällige Wirksamkeit ist ihrer Ansicht nach eher darauf zurückzuführen, daß sich die Patienten "gut aufgehoben" fühlen. 

Und das ist vielleicht überhaupt der einzige Ansatz, der Medizin rechtfertigt. Wo immer Medizin glaubt, "heilen" zu können - und das ist der Anspruch der Homöopathie - muß sie fehlgehen. Man kann helfen, man kann unterstützen, man kann Heilhindernisse aus dem Weg räumen, aber man kann als Arzt nicht "heilen".

Auch die Frage, ob etwas dadurch gerechtfertigt ist, daß es "wirkt", ist von Interesse. Denn niemals heiligt der Zweck auch die Mittel. Verstehbar ist der Zustrom zur "alternativen Medizin" natürlich allemal. Auch wenn die Behauptung der Homöopathie, daß sie wissenschaftlich sei, nicht stimme. Sie hält wissenschaftlichen Kriterien nicht stand, und die Studien, auf die sie sich beruft, sind nicht haltbar.

Gut, man wirft seit Hahnemann der Schulmedizin vor, sie nehme zu viele Nebenwirkungen in Kauf. Aber sie wirke, immerhin, und davon spricht man nicht. Und niemand spricht von den Nebenwirkungen der Homöopathie!

Auffällig ist einfach, daß viele Lügen damit verknüpft sind. Warum etwa behauptet man, sie sei kostengünstiger als die herkömmliche (allopathische) Medizin? Es stimmt einfach nicht. Auch verdient der Homöopath weit mehr als der herkömmliche Mediziner. Er bekommt eine Zeitaufwendung bezahlt, die dem Allgemeinmediziner nicht bezahlt wird.

Insgesamt waren ihr einfach zu viele Denkfehler in der Homöopathie, sagt Frau Grams. Auch stimmen manche Behauptungen einfach nicht, ihr Gründer Hahnemann hat sich widersprochen, oder Dinge behauptet, die nicht nachvollziehbar sind, oder Zusammenhänge voreilig als gegeben angenommen. Sogar sein berühmtester Versuch, auf den sich Hahnemann immer wieder bezieht, und aus dem er (wie er sagt) sein Prinzip "Gleiches durch Gleiches heilen" bezog, stimmt nicht. Die Heilung von Fieber durch von Chinin (ein Extrakt der Chinarinde) erzeugtes Fieber stimmt nicht. Chinin erzeugt kein Fieber. Warum es damals bei Hahnemann so war, muß andere Gründe haben.

Nicht einmal die Behauptung, daß die Homöopathie eine "Naturheilkunde" sei, stimmt.* Insgesamt also umgibt die Homöopathie ein eigenartiges Gespinst aus seltsamen Behauptungen oder glatten Lügen. Schon das rechtfertigt Mißtrauen.** Aber das macht vermutlich auch ihre Beliebtheit verstehbar. Denn bei so vielen Widersprüchen (es gibt keine einzige, durchgängige "Lehre der Homöopathie", auch wenn das alle die vielen Richtungen behaupten) ist für jeden was dabei. Jeder kann sie sich nach seinem Weltbild und nach seinen Wünschen zurecht biegen. Denn nur sie haben sie ja verstanden. Verstanden? Ohne sie begründen, erklären, begreiflich machen zu können? Und das gilt genau auch dann, wenn man sagt, sie sei "nur eine Kunst". Eine Kunst ohne Wahrheit, nur als subjektives Gefühl, das zuvor das Gefühl der Erwähltheit braucht. Jeder stellt sich halt "irgendwas" vor, stellt sich vor, daß es "irgendwie" funktioniert. Aber das ganz sicher, er hat ja das Geheimnis der Welt geknackt. Klingt das nicht verdammt sehr nach Heute, nach Zeitgeist, nach Age of Aquarius, nach Esoterik, nach Narzißmus? Denkschwäche wird durch Überzeugung ersetzt.

Vorläufiges Fazit an dieser Stelle: Die Homöopathie ist gegen alle Behauptungen alles andere als rational. Sie ist aber auch kein Rückgriff auf das Transzendente, somit als "Wunder" zu begreifen. Denn Wunder sind keineswegs irrational, sie sind nur "über-"rational. Und damit nicht machbar. Sie sind auch niemals "einfach zu glauben", selbst wenn oder gar weil sie der Vernunft nicht ent- oder sogar widersprechen. Die Homöopathie wirkt also auch in dieser Richtung als der Zeit geschuldeter Versuch, dem Rationalismus zu entkommen.***

Nachsatz: Eine sehr interessante Seite scheint dem VdZ auch die Seite "Beweisaufnahme". Nach oberflächlicher Einsicht meint er, daß hier auf eine Weise die wesentlichen Fragen gestellt werden. Hier wird auch den sehr verschiedenen Behauptungen nachgegangen, wie Homöopathie angeblich wirke. Und das ist eine ihrer Grundfragen. Die Vielzahl von Behauptungen diesbezüglich sind allein schon ein bemerkenswertes Indiz. Zumal der Begriff "Placebo" (na immerhin, gewissermaßen) viel zu verharmlosend ist. Neben der Frage, ob es überhaupt eine Heilung gibt, die KEIN Placebo ist. Aber zu sagen etwas wirke, man wisse allerdings nicht wie, aber damit sei es gerechtfertigt, widerspricht zumindest jeder ernsthaft wahrgenommenen Verantwortung.

Dank an Leser R für die Hinweise!






*Sie ist auch keine "sanfte Medizin", wie behauptet wird. Insgesamt werden der Homöopathie überhaupt auffällig viele, gar nicht ordnenbare weil so verschiedene, immer aber "zeitgeistig positiv besetzte" Begriffe umgehängt. Ein weiteres Indiz dafür, daß sie ein gefährlicher Schwindel ist.

**Der VdZ hat freilich noch viel grundsätzlichere Einwände, für die die Einwände von Frau Grams nur Belege sind. Er wird über kurz oder lang hier darüber berichten. Jedenfalls sei bereits jetzt gesagt: Er hat manche Erfahrungen damit, und er lehnt sie nach gründlicher Auseinandersetzung mit dem Thema seit drei Jahrzehnten eindeutig ab. Sie wirkt auf jeden Fall seelisch (und damit bestreitet der VdZ nicht, daß sie "wirke"), aber auf eine gefährlich, ja fatale Weise - im Verlust der Freiheit. Eher vergleichbar also einer falschen Anhänglichkeit, um nicht zu sagen: Dämonie.

***Der VdZ hat ja schon mehrfach berichtet, wie Menschen, die sich als völlig rational ausgeben - und in Wirklichkeit im Gefängnis des Rationalismus stecken - in einem Punkt fast fanatisch die Irrationalität der Homöopathie verteidigen. Auch das zeigt die pseudo-religiöse Dimension des Themas.




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