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Mittwoch, 10. April 2019

Kuh- statt Pferdemist? Beides stinkt (2)

Teil 2)




Der Feudalismus ging über alle die Jahrtausende (und weltweit) eben nur bis zu dem Moment gut, wo die Zentralmacht, der Oberste aller Fürsten, geschwächt wurde. Es begann mit dem unseligen Investiturstreit des 11. Jahrhunderts, dessen Ausgang die königliche Macht demonstrativ brach. Darin aber vor allem den ehrgeizigen Teil des Adels aufstachelte, sich selber der Oberhoheit zu bemächtigen. Was sogar zu einem Interregnum führte. Bis man draufkam, daß es doch eine Oberhoheit brauchte (und Rudolf von Habsburg zum Kaiser gewählt wurde). Und fand seinen definitiven Höhepunkt in dem, was in England "Magna Charta" (1215) genannt wurde, mit der sich heute gräßliche Mißverständnisse verbinden. Denn es ist lächerlich, sie als "erste Festschreibung der bürgerlichen Rechte" zu sehen.

Nichts war sie weniger. Sie war eine Entmachtung des englischen Königs zugunsten eines sich immer mehr als solchen festigenden, selbstherrlichen (neuen) Adels. Die gesamte Entwicklung Englands ab diesem Moment - die Bildung eines allmächtigen Landadels hier, und über die Reformation als deren Meisterstück die Bildung eines rechtlosen, verarmten Volkes dort - ist unter diesem Gesichtspunkt zu sehen. Eine ähnliche Entwicklung fand fast zeitgleich in Deutschland statt, wo ein nur an Italien interessierter Staufer Friedrich II. dem deutschen Adel im Gegenzug für Militärdienste (und "Ruhe") eine Stellung des Adels zugestand, die die erste Vorstufe zur späteren Renaissance war.

In eben diese Zeit aber fällt der Zerfall des Feudalismus. Der von einem neuen Adelsbegriff verdrängt wurde. Der sich immer mehr Rechte anmaßte, die zuvor in dieser Form gar nicht existiert hatten (weil natürlich in der Familienstruktur lagen), oder des Königs alleine waren. Dann kamen militärische Entwicklungen, die den Mann als Landadeligen und Oberhaupt unnötig machten, und schon war alles eingeleitet, um den Cocktail zu mixen, der sich fortan bildete. DAMIT zerfiel eine seit Menschheitsbeginn bestehende Naturordnung, die man in einer bestimmten Epoche Feudalismus nennt.

Dazu kommt, daß die Bereiche, die "die Politik" zu regeln hatte, mit dem was man heute darunter versteht nicht einmal im Ansatz vergleichbar sind. Was heute die Politik als "ihre Aufgabe" sieht übertrifft das, was unter dem Feudalismus Aufgabe der Herren war, fast unendlich. Zu Zeiten des Feudalismus hätte man das als Grund zum Widerstand bis aufs Blut gesehen. Und was man heute als "Raubritterzeit" bezeichnet, war zu großen Teilen genau das.

Was sich nach dem Feudalismus herauszubilden begann, war dann die exakt zu berechnende Folge der Zerstörung der althergebrachten Familien- und Gesellschaftsstrukturen. Zentralismus hier und Bürgertum dort. Dem man die Scheinfreiheit zugestand, sich innerhalb sehr beschränkter Lebensumfelder ihren Feistbauch zu organisieren. Und genau das haben wir auch heute: Der Bürger ist zufrieden, sieht sein Leben als erfüllt, wenn es ihm "gut geht". während er immer mehr Bereiche an die Zentralmacht abgegeben hat und weiter abgibt. Und alle Pfiff nach Staat ruft, weil er schon mit einfachsten zwischenmenschlichen Beziehungen überfordert ist.
Dieser sehr geraffte, unendlich lückenhafte und unvollkommene Abriß zum Wesen des Feudalismus - der keineswegs also eine Herrschaftsstruktur war, in die man alles abladen kann, was einem heute so über die Leber gelaufen ist, sondern eine tief im Naturrecht und in der daraus erwachsenden Tradition verankerte Gesellschaftsform - ist nun der Schlußbemerkung Rietzschels gegenüberzustellen. In der er dem Staat abspricht festzulegen, wer als Mandatar zu gelten habe und wer nicht

Denn sehr wohl hat der Staat als oberste Rechts- und damit Machtinstanz eines Volkes, das sich als Staat gefunden und organisiert hat, dieses Recht. Ja, es ist sogar seine Pflicht, nach Maßgabe des Naturrechts prinzipiell festzulegen, wer es vertreten soll weil es repräsentativ vertritt.

Nur dort besteht ein Problem, wo das, was als Naturrecht, als Natur, als natürlich und damit Grundlage einer Gesellschaft angesehen wird, in seinen Vorstellungen von eben diesem Naturrecht abweicht. Es geht hier also um einen Streit um die Natur des Menschen und einer Gesellschaft! Nicht um das grundsätzliche Recht eines Staates (ja es ist sogar seine Pflicht), daraus dann seine Schlüsse zu ziehen. Wenn Brandenburg also festlegt, daß es diese Aufgabe mit einer Frauenquote erfüllt, und das tut man dort ja wohl, dann ist das keine prinzipielle Frage der Staatsmacht, sondern eine der unterschiedlichen Auffassungen von Natur.

Und diese sind falsch! Diese sind zu kritisieren. In diesen zeigt sich die tiefe Ahnungs- und Vernunftlosigkeit, die heute herrscht, und die einmal mehr das, was als allgemeine Auffassung gesehen wird, als (gelinde gesagt) dumm und unglaublicher Unwissenheit entstammend entlarvt. Was hier gefordert wird, ist schlicht und ergreifend contra naturam. Und deshalb kann es nur scheitern, indem es schreckliche Ergebnisse, oder sagen wir so: Noch schrecklichere Ergebnisse als gegenwärtig, zeitigen würde.
Aber das trifft auf die Gegenansätze, die Herr Rietzschel als maßgeblich sieht, und deren Einhaltung als Richtlinien er fordert, weil erst dieser typisch liberale Verschnitt aller möglichen Nebelworte die Legitimität eines Mandatars herstellt, nicht weniger zu. Und sei es mit der naiven Vorstellung, ein Mandatar würde "durch Leistung" nach oben kommen müssen. Als wäre die Leistung, in diesen Strukturen nach oben zu kommen, dasselbe wie die Leistung, die jemand dem vollen Leben gegenüber erbringt. 
Es ist sogar genau umgekehrt, Merkel liefert doch das illustre Beispiel dafür: Gerade die schaffen es in den heutigen (liberalistischen, also auf "Wettkampf um Posten" abgestellten) Politstrukturen nach oben, die von Leben und Wirlichkeit gar keine Ahnung haben. Dafür alles wissen, wie man jede Skrupel ablegt und den Sittlichen austrickst. Und deshalb, einmal dann oben, nur Unsinn diktieren. Das wird mit einem Parteiensystem sogar noch schlimmer. In der Wahl der Personen, die am tauglichsten für "oben" sind, hat sich der Feudalismus dafür als unendlich überlegen erwiesen. Mit klar definierten Aufgaben, sehr begrenzten Politikfeldern, und persönlicher Kenntnis (samt Einschätzungsvermögen) jener, die diese Aufgaben erfüllen können. Er hat eine Kultur aufgebaut, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat. Wo auch Versagen in der Führungsqualität nicht zu verbergen war, sondern jederzeit zur Ablöse derjenigen führte. So entstand eine starke Ordnung, die nun das liberale Bürgertum, wie sich ein Herr Rietzschel das vorstellt, mit Genuß und ohne jede Ahnung, worum es überhaupt geht, in Grund und Boden stampft.





*020219*