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Mittwoch, 10. April 2019

Der Aufstand der Ehemänner und Väter (1)

Norman Rockwell - Blacksmith's Boy (1940) - Der Junge des Schmieds
Eine Übertragung eines Artikels von Joseph Sciambra vom 11. Jänner 2019 aus dem Amerikanischen, mit freundlicher Genehmigung des Autors

Der Aufstand des katholischen Laien, Ehemanns und Vaters im Jahre 2018



In braver Folgerichtigkeit gegenüber der feministischen Theorie über das Heranwachsen und die Erziehung junger Männer, wie sie etwa Carol Cilligan beschrieben hat, verschärfte Christina Hoff Sommers ihren Angriff. Daß nämlich Männer zivilisiert werden, indem man "ihre Maskulinität verringert". Sommers schrieb:

Es ist offensichtlich, daß ein Junge sich von seinem Vater wünscht, daß dieser ihm hilft, ein junger Mann zu werden. Und daß es für jeden jungen Mann ganz wichtig ist, zur Kultur der Männlichkeit zu gehören. Dieses Verlangen "einer zu werden, der zu den Jungen gehört" zu stören, ist gleichbedeutend damit, daß man abstreitet, daß es die biologische Veranlagung eines Jungen ist, die bestimmt, was er bevorzugt und wovon er sich angezogen fühlt.

Sommers führt nicht nur einige Studien an, sondern beruft sich auf die Aussage von Experten, die einen direkten Zusammenhang zwischen einem Mangel an männlichen Rollen-Vorbildern und der Zunahme von Gewalt unter jungen Männern sehen. Ich würde aber noch hinzufügen, daß es dieselbe Atmosphäre der Entfremdung von der Männlichkeit ist, die ein weiteres, paralleles Phänomen in unserer Gesellschaft bewirkt hat - den Aufstieg der Homosexualität.

Der bekannte "Schwulen-"Romanautor Andrew Holleran beschreibt die folgende Beobachtung: "Es könnte manche Erwartungen dämpfen, wenn man beobachtet, daß durchgehend zu sehen ist, daß homosexuelle Männer auf der Suche nach Männlichkeit zu sein scheinen, oder eine Version ihres Vaters im anderen Mann suchen."

Bei einigen kann dieses Gefühl der Entfremdung vom Vater einen psychologischen Aussetzer bewirken: Eine Studie zeigt auf, daß Männer, deren Eltern geschieden waren ehe sie das 18. Lebensjahr erreicht haben, zwei bis dreimal so oft ernsthaft überlegen, sich ihr Leben zu nehmen, wie Männer, deren Eltern in diesem Alter nicht geschieden waren. Der leitende Forscher in dieser Untersuchung stellt fest: "Der Verlust eines männlichen Vorbilds für ihre Rolle könnte die Gesundheit junger Männer ernsthaft gefährden. Andere Forschungen haben gezeigt, daß eine positiv besetzte Vaterfigur ganz entscheidend dafür ist, eine Geschlechtsidentität zu entwickeln und Wege zu lernen, die eigenen Gefühle zu beherrschen, und damit ihre seelische Gesundheit zu fördern."
Wie Andrew Holleran ferner schrieb: "Auf irgendeine Weise, und zwar gleichgültig was sie sonst tun, sind Väter die Voraussetzung dafür, daß ihre Söhne in die Rolle des Mannes eingeführt werden. Und zwar in das Reich des Mannes, das man als die Welt bezeichnen könnte." Wenn ein Vater diesbezüglich versagt und das dann entdeckt, bedeutet das oft für ihn wie für seinen Sohn eine erschütternde Erfahrung. Tief innerlich fühlt nämlich der Vater, daß er seinen Sohn am Boden liegen gelassen hat.  Richard Isay, ein Psychiater, der sich auf männliche Homosexualität spezialisiert hat, unterstellt deshalb sogar, daß einige Väter ihren Söhnen gegenüber ein beträchtliches Schuldgefühl aufweisen.

Was dazu führt, daß sie in der Folge, wenn auch unbewußt, ihren Sohn zurückweisen. Dieses Gefühl der Zurückweisung trifft mitten ins Herz des "Schwulen-Schmerzes", wie es im Lied "Not My Father's Son" ausgedrückt wird, oder wie es sich im Transgender Musical "Kinky Boots" findet. Tyler Glenn, der Sänger der Band Neon Trees, sprach einmal von seiner Beziehung zu seinem Vater, ehe er "sich outete". Er erinnerte sich: “…mein Vater brach schluchzend und weinend zusammen, und begann mir zu sagen, wie leid es ihm täte, daß er mir nicht der Vater gewesen ist, den ich gebraucht hätte."
Es steht wohl außer Frage, daß es aus diesem beträchtlichen sozialen Bedürfnis Jugendlicher und junger amerikanischer Männer nach eher traditionellen Werten (Mut, Furchtlosigkeit) und Personifikationen solcher Männlichkeit liegt, daß Superhelden-Filme derartige Popularität genießen. Dazu kommt, daß es im Alltag bereits fast unmöglich geworden ist, die oft recht versteckten Beispiele männlicher Leistungskraft zu sehen, wie es Norman Rockswell in seinem Bild "Blacksmith's Boy - Der Junge des Schmieds" so herrlich eingefangen hat. Diese Unsichtbarkeit des Maskulinen hat dazu geführt, daß die Männlichkeit sich auf Comic-Helden zurückgezogen hat oder in der Homosexualität fetischisiert wird.

Der legendäre "Schwulen-"Autor Armistead Maupin, der selbst mit einem um 27 Jahre jüngeren Mann verpartnert ist,  gab in einem Interview zu,  daß er als Junge das Bedürfnis gespürt hatte, seinem Vater seine Männlichkeit zu beweisen. Eine seiner bekanntesten Arbeiten, The Night Listener (Der nächtliche Zuhörer), ist ein Schlüsselroman über einen entzauberten "schwulen" Radiomoderator, der mit einem fiktiven 13jährigen Jungen eine Vater-Sohn Beziehung nur über das Telephon beginnt, der von seinem Vater sexuell mißbraucht worden war. An einem Punkt des Buches sagt der Protagonist, der mit seiner eigenen gestörten Vaterbeziehung kämpft, zu dem Jungen, daß "seine größte Sorge ist, daß er nie stark genug sein wird, nie mutig genug sein wird, nie jung genug sein wird, um wirklich ein Mann unter Männern zu werden." Muß noch erwähnt werden, daß Maupin’s Partner der Gründer der Schwulen-Dating-Seite DaddyHunt ist? Eine Internet-Servide-Plattform, die junge Männer mit älteren zusammenbringen will, die zumindest vierzig Jahre älter sind als sie.

Als ich selbst ein einsamer junger Bub war, und mein Leben eine Zeit aus Chaos und Unsicherheit durchmachte, habe ich mich selbst oft an die Medien und die Popkultur gewandt, um mich wohlzufühlen und eine Art Zusammengehörigkeit zu erleben. In den späten 70er Jahren, als die aufkeimende städtische Schwulenkultur mit dem vorstädtischen Aufstieg der Disco zu einer Mainstream-Plattform wurde, gab es keine Homosexualität mehr (wie Oscar Wilde es während seines Prozesses wegen der Anklage der Unzucht bezeichnete) - "eine Liebe, die es nicht wagt, sich zu äußern."

Vieles hat sich dann in den 1980er Jahren geändert, als nämlich AIDS aufkam. Mit einem Schlag war es nicht mehr glitzernd und cool, schwul zu sein. Stattdessen aber begann ich in die Phantasiewelt abzutauchen, in der ich mir vormachen konnte, daß ich ebenfalls dazugehörte, möglich gemacht durch das Aufkommen der Videorekorder und den überall erhältlichen Kassetten mit Schwulen-Pornos. Und bis heute, Jahrzehnte danach, ist Pornographie bei weitem mehrheitlich eine Angelegenheit der Männer (75 Prozent der Pornokonsumenten sind Männer). Für viele, speziell für Buben, die sich Männern und der Männlichkeit gegenüber fremd fühlen, wurde der Pornokonsum sogar zu einer Art Schein-Initiations-Ritus, der mit einem Mal eine Welt öffnet, die man als unerreichbar weit weg empfunden hat. Im Zeitalter von AIDS hatte ich noch mein Leben aufs Spiel setzen müssen, um unter jungen Männern zu sein, aber ich war bereit diese Chance zu nutzen.

Morgen Teil 2) Als die Wasserlöcher ausgetrocknet waren, 
versuchten manche, aus Fata Morganas zu trinken (Evelyn Waugh)




*040219*