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Samstag, 13. April 2019

Wird das die nächste Lawine?

Wenn es sich so verhält, wie der römische Journalist und kritische Geist Sandro Magister sagt und warnt, dann droht der Kirche eine nächste schreckliche Lawine. Denn in allen Mißbrauchsskandalen wurde einer noch gar nicht angerührt. Aber es gibt bereits Fälle, wie einer jüngst in Indien, an denen er sich bereits als jene tickende Zeitbombe anmeldet, die die Öffentlichkeit bald erschüttern könnte.

Die Rede ist vom sexuellen Mißbrauch von Nonnen durch Kleriker. Die in Ausnützung ihrer Autoritätsstellung, aber auch ihrer finanziellen Macht, vor allem im mittleren bis südlichen Afrika, aber bei weitem nicht nur dort, Nonnen zu sexuellen Diensten und Verhältnissen erpressen. Noch profitieren sie davon, daß Nonnenklöster noch strengeren Schweigepflichten unterliegen wie das bei Männerklöstern der Fall ist. Noch profitieren sie davon, daß solche Klöster oft in direkter finanzieller Abhängigkeit von jenen Klerikern stehen (etwa wenn sie höhere Positionen oder gar episkopale Würden bekleiden), und es vorkommen soll, daß die Oberen dieser Klöster betroffene Nonnen schon aus existentiellen Gründen zu striktem Schweigen drängen. Aber der Grundsatz "hier sexuelle Dienste - dort Geld und Wohltaten" spielt eine größere Rolle, als man meinen sollte. 

Im Weltmaßstab soll das so verbreitet sein, daß es einer Megatonnen-Bombe gleicht, die vor sich hin tickt. Denn es gibt schon erste Anzeichen, daß Nonnen sich das nicht mehr länger gefallen lassen bzw. daß manche dieses Problem an die Öffentlichkeit tragen wollen. In Indien hat es sich bereits angedeutet. Der beschuldigte Bischof bestreitet zwar die Vorwürfe, dennoch wurde er unter Anklage gestellt und ins Gefängnis geworfen. Aber es ist nicht leicht Nonnen dazu zu bringen, solche Fälle zu melden. Denn nicht immer können sie dann Hilfe erwarten, oft ist es gerade umgekehrt. Es soll sogar Fälle gegeben haben, wo sie zu Abtreibungen gezwungen wurden.

Vor allem in der Subsahara-Region soll der Mißbrauch von Nonnen durch Kleriker enorm verbreitet sein, schreibt Magister. Es gibt bereits Erhebungen, wonach 26 Länder von dieser "Seuche" betroffen sein sollen. Und eine erste Dissertation dazu - von einem Priester aus Togo - ist derzeit in Arbeit. Wo noch dazu oft eine Haltung vorliegt, die den Zölibat (fälschlich) so deutet, daß er zwar die Ehe, aber nicht den sexuellen Verkehr verbietet. Speziell in Afrika gelten Nonnen außerdem als "safe sex"-Objekte, denn die Angst vor Ansteckung mit Aids ist groß. Allgemein herrscht aber ein gravierender Mangel an Respekt für das geweihte Leben von Frauen, meint Magister. Und dazu kommt der Treibsatz der finanziellen Abhängigkeiten oder Wohltaten.

Aus eigenen Informationsquellen möchte der VdZ noch hinzufügen, daß die Motivlage des afrikanischen Klerus in vielen Fällen ohnehin fragwürdig ist. Denn Priester zu werden, heißt für Afrikaner oft in erster Linie, daß sie dann versorgt sind. Während es für arme Familien, aus denen diese Priester stammen, bedeutet, daß sie nun jemanden haben, der für sie sorgt. Weshalb sie nicht selten Druck auf ihre Sprößlinge ausüben, unter den Talar zu schlüpfen. Was für Nonnen vermutlich nicht weniger gelten dürfte. So nebenbei sei noch gesagt, daß die Kirche Afrikas finanziell extrem von Rom abhängt.

Also hat Papst Franziskus dann (ausnahmsweise einmal) recht, wenn er das Mißbrauchsproblem in der Kirche auf "Klerikalismus" zurückführt. Das ist zwar nicht (als Hauptmotiv) zutreffend, wenn es um den Westen und weite Bereiche der Weltkirche geht, wo Mißbrauch ein Problem der Homosexualität und bestenfalls sekundär eines des Klerikalismus ist. Aber für diese Fälle ist der Vorwurf deutlich zutreffender.

Dennoch ist hier ein nächstes schweres Versagen Roms zu befürchten, schreibt Magister. Denn die ersten Anschuldigungen, die das Ausmaß des Mißbrauchs von Nonnen durch Kleriker angedeutet haben, sind bereits Mitte der 1990er Jahre in Rom aufgekommen. Und Gerüchte dazu gibt es mehr als genug. Aber bis heute hat die Kirche keine Maßnahmen getroffen, keine Richtlinien entwickelt, wie damit umzugehen ist. (Im übrigen in weiten Teilen der Weltkirche auch nicht zu den auch bei uns bekannt gewordenen Mißbrauchsfällen Jugendlicher durch Kleriker.) Man schläft zu diesem Problem.





*020219*