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Dienstag, 9. April 2019

Kuh- statt Pferdemist? Beides stinkt (1)

Gleich ein nächstes Beispiel soll aus Achgut hergenommen werden. Ein Beispiel dafür, daß auch die sogenannten "Kritiker", die ja so in Mode stehen, oft nur Produzenten unreflektierter Schlagworte sind. Es betrifft eine Glosse von Thomas Rietzschel. Die von zwei Seiten her die Wirklichkeit verfehlt, aber mit breiter Brust daherkommt - und nichts als leere Schlagworte von sich gibt. Der Anlaß dazu waren die Bestrebungen des Bundeslandes Brandenburg, seine Mandatare zukünftig per Männer-Frauen-Quote zu formieren. Jedes Geschlecht - so nebenbei: In solchen Fällen gibt es sie also doch wieder, die Geschlechter?! - soll somit zu gleichen Teilen repräsentiert werden. Oh mein Gott, schreit nun Rietzschel, oh mein Gott!

Und ergeht sich gleich in dem unseligen Versuch, das als "Rückfall in den Feudalismus" zu bezeichnen. Er erklärt auch gleich, was das war. Da wurde der Adel per Abstammung in die Politik gehievt, die sein angestammtes Recht war. Es ging nicht um Leistung, nicht um Können, nein, es ging um bloßes Geburtsrecht. Genau darunter falle auch die Bestrebung Brandenburgs. Außerdem bleibt nicht aus, daß es Zeiten gegeben hat, in denen Wahlrecht mit Steuerleistung gekoppelt war. Und Zeiten, wo nur Männer wählen (und gewählt werden) durften. Erst die bürgerliche Gesellschaft habe den Leistungsgedanken etabliert.

Nun wollen wir einmal Brandenburg vorlassen, so weit sind wir nämlich noch gar nicht. Rietzschels Ausführungen lassen nicht einmal eine geordnete Kritik zu. Denn der Mann setzt einfach einen Sprühnebel an leeren Floskeln in die Welt. Der also gar keiner Argumentationslinie entspricht, auf die einzugehen wäre. Es geht hier einfach um die Aussinterung einiger dieser leeren Schlagworte. Allen voran dem des "Feudalismus" als Drohgespenst. 

Denn der sogenannte "Feudalismus" war keineswegs eine unmotivierte "Machtherrschaft" des Mannes und gar eines "Adels". Denn woher wäre der Adel gekommen, wenn nicht - aus Leistung? Und nicht nur das, der Feudalismus ist eine schlichte und in einer historischen Kontinuität stehende Weiterentwicklung aus der Organisation jeder Gesellschaft in Familien. Denen natürlich der Vater vorgestanden ist. Dessen Aufgabe war auch Schutz und Kampf. Wer sich unter diese Fittiche stellen wollte, ordnete sich unter. Gerne. Freiwillig. Es war also nicht nur Arbeitsteilung, es war auch Leistung, die so allmählich auch eine Schichte hervorragender Männer entstehen hat lassen. Die sich auch untereinander in Hierarchien gliederten. Denn da gab es tüchtigere und weniger tüchtige. Da gab es Männer, Familienoberhäupter, Stammesoberhäupter, die das Zeug hatten, zu organisieeren. Die die persönliche Tüchtigkeit hatten, zu überzeugen, und andere Männer zu führen. 

In dieser ständigen Bewährungsprobe haben sie auch ihre Privilegien erhalten. Aus ihrer Tüchtigkeit heraus. Und wenn sie einmal versagt haben, war es schnell Essig mit ihrer Stellung. Nur so haben sie auch für die allerobersten - die Könige, Kaiser, Landesfürsten, die sich selbst wiederum aus diesen bewährten Männern rekrutiert haben (die Ablöse der Merowinger durch die Karolinger, also den späteren Karl den Großen, war NUR darauf begründet, daß sie real tüchtiger, mächtiger waren als das althergebrachte, ja mythisch verehrte Geschlecht der Merowinger) - ihren Wert bewahrt. Das Erbrecht, die Verortung einer Stellung in der Familie, war ein nur fallweise entstehendes und langsam sich entwickelndes Recht. Die Könige waren keineswegs großzügig in der Zuerkennung solcher Rechte, wo also Titel und Ansprüche auf den Nachkommen übergingen. 

Der weit überwiegende Teil des Adels war also eine aus der Familienstruktur herauswachsende Leitungsstellung. Das ganze Land war so organisiert, ja man möchte sagen: die ganze Welt. Gemeinwohl hängt direkt mit einer ordnenden Struktur zusammen! Die auch in der Lage ist, einzelne Anstrengungen zu bündeln und dadurch Leistungen zu schaffen, die wiederum allen dienen. Man denke an öffentliche Bauten, Wehranlagen, Bewässerungsprojekte, Organisation der Güterverteilung durch Handel (Märkte), Straßenbau, etc.

Vor allem darf man eines nicht vergessen: Daß die Aufgaben der Politik auf einige wenige Bereiche beschränkt waren. Da war einmal das Recht (wer hätte es sonst ausüben sollen? Es mußte ja auch durchgesetzt werden!), und dann war natürlich die Landesverteidigung. Von Privilegien war da nirgendwo etwas zu sehen. Privileg war schlicht die mit einer Stellung einhergehende Macht, die niemand hinterfragt hat. Aus guten Gründen! 

Der Feudalismus war also eine aus gar nicht feststellbarer Urzeit herstammende Organisationsform von Gesellschaften, die auf ihren natürlichen Gegebenheiten aufruhten und diese verlängerten. Das war alles. Rechte des Adels waren äußerst vielfältig, und nur selten in den Stein einer Erbfolge gemeißelt. Wer versagte, wurde aller Recht schneller beraubt, als er denken konnte. Und daß wir überhaupt von Rechten sprechen, ist selbst schon ein Mißverständnis. Denn diese Rechte standen immer in direkter Proportion zu Pflichten, die in beiden Fällen den durchschnittlichen Mann überforderten. Weshalb die meisten diese Rechte und Pflichten gerne an jemanden abgaben, der dumm genug war, sie anzunehmen. Die Entwicklung Bayerns ist dafür ein gutes Beispiel, wo aus einer ursprünglichen Gesellschaft von Freien (wie in Tirol, wo es sich erhalten hat, wo sogar noch heute jeder echte Tiroler seinen Stutzen im Schrank hat) ein mehr und mehr in einzelne Hände übergehende gesellschaftliche Struktur hervorbrachte.

Selbst die heute so gut wie nicht mehr verstandene Frage nach der absoluten Legitimität war an Leistung geknüpft. Wer etwas leistete, speziell in den notwendigen Tugenden, die Adel kennzeichnen mußten, zeigte, daß er mit Gott im Bunde stand. Das galt auch umgekehrt, und war die absolute Versicherung: Wer gegen die göttlichen Gesetze verstieß, konnte niemals ein Volk oder eine Sippe leiten. Nur darauf bezieht sich dann das, was als "Gottesgnadentum" bezeichnet werden kann. Das sich im Zuge der Verbürgerlichung der Gesellschaften (mit denen Staat und Macht zu abstrakten Gebilden, zu verdinglichten Ideen wurden) dann so unselig verselbständigt hat, und nur noch ein Absicherungsmechanismus eines bereits bürgerlich verstandenen Herrschaftsanspruchs war. Aber das war längst nach dem Feudalismus.

Aber selbst die Übertragung eines Herrschaftsrechts durch Erbe, also innerhalb einer Familie, hat seine tiefen Wurzeln in der Leistung. Weil man um die Kraft eines integeren Familienethos wußte, der Generationen nach seinen Wurzeln zu formen vermochte und vermag. Stellt sich ein Erbe als unfähig heraus, und das gab es, auch im deutschen Königtum, war er längste Zeit König gewesen. Es gibt ein tief im altdeutschen Recht verankertes Widerstandsrecht. So etwas kennt unsere heutige Demokratie nicht einmal vom Hörensagen. Hier haben wir auch die größten Nieten und Verderber zu ertragen, "weil sie ja gewählt sind". Dazu lügt man den Menschen vor, sie wären in der Lage, "Leistungspotenz" von Parteileuten zu beurteilen, die sie von Plakaten und Talk-Shows kennen ... als wären die Eigenschaften, dort zu brillieren, auch die, die eine Führungskraft benötigt.

Morgen Teil 2)




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