Gleich ein nächstes Beispiel soll aus Achgut
 hergenommen werden. Ein Beispiel dafür, daß auch die sogenannten 
"Kritiker", die ja so in Mode stehen, oft nur Produzenten 
unreflektierter Schlagworte sind. Es betrifft eine Glosse von Thomas
Rietzschel. Die von zwei Seiten her die Wirklichkeit verfehlt, aber mit 
breiter Brust daherkommt - und nichts als leere Schlagworte von sich 
gibt. Der Anlaß dazu waren die Bestrebungen des Bundeslandes 
Brandenburg, seine Mandatare zukünftig per Männer-Frauen-Quote zu 
formieren. Jedes Geschlecht - so nebenbei: In solchen Fällen gibt es sie
 also doch wieder, die Geschlechter?! - soll somit zu gleichen Teilen 
repräsentiert werden. Oh mein Gott, schreit nun Rietzschel, oh mein 
Gott!
Und
 ergeht sich gleich in dem unseligen Versuch, das als "Rückfall in den 
Feudalismus" zu bezeichnen. Er erklärt auch gleich, was das war. Da 
wurde der Adel per Abstammung in die Politik gehievt, die sein 
angestammtes Recht war. Es ging nicht um Leistung, nicht um Können, 
nein, es ging um bloßes Geburtsrecht. Genau darunter falle auch die 
Bestrebung Brandenburgs. Außerdem bleibt nicht aus, daß es Zeiten 
gegeben hat, in denen Wahlrecht mit Steuerleistung gekoppelt war. Und 
Zeiten, wo nur Männer wählen (und gewählt werden) durften. Erst die 
bürgerliche Gesellschaft habe den Leistungsgedanken etabliert.
Nun
 wollen wir einmal Brandenburg vorlassen, so weit sind wir nämlich noch
 gar nicht. Rietzschels Ausführungen lassen nicht einmal eine geordnete 
Kritik zu. Denn der Mann setzt einfach einen Sprühnebel an leeren 
Floskeln in die Welt. Der also gar keiner Argumentationslinie 
entspricht, auf die einzugehen wäre. Es geht hier einfach um die 
Aussinterung einiger dieser leeren Schlagworte. Allen voran dem des 
"Feudalismus" als Drohgespenst. 
Denn
 der sogenannte "Feudalismus" war keineswegs eine 
unmotivierte "Machtherrschaft" des Mannes und gar eines "Adels". Denn 
woher wäre der Adel gekommen, wenn nicht - aus Leistung? Und nicht nur 
das, der Feudalismus ist eine schlichte und in einer historischen 
Kontinuität stehende Weiterentwicklung aus der Organisation jeder 
Gesellschaft in Familien. Denen natürlich der Vater vorgestanden ist. 
Dessen Aufgabe war auch Schutz und Kampf. Wer sich unter diese Fittiche 
stellen wollte, ordnete sich unter. Gerne. Freiwillig. Es war also nicht
 nur Arbeitsteilung, es war auch Leistung, die so allmählich auch eine 
Schichte hervorragender Männer entstehen hat lassen. Die sich auch 
untereinander in Hierarchien gliederten. Denn da gab es tüchtigere und 
weniger tüchtige. Da gab es Männer, Familienoberhäupter, 
Stammesoberhäupter, die das Zeug hatten, zu organisieeren. Die die 
persönliche Tüchtigkeit hatten, zu überzeugen, und andere Männer zu 
führen. 
In
 dieser ständigen Bewährungsprobe haben sie auch ihre Privilegien 
erhalten. Aus ihrer Tüchtigkeit heraus. Und wenn sie einmal versagt 
haben, war es schnell Essig mit ihrer Stellung. Nur so haben sie auch 
für die allerobersten - die Könige, Kaiser, Landesfürsten, die sich 
selbst wiederum aus diesen bewährten Männern rekrutiert haben (die 
Ablöse der Merowinger durch die Karolinger, also den späteren Karl den 
Großen, war NUR darauf begründet, daß sie real tüchtiger, mächtiger 
waren als das althergebrachte, ja mythisch verehrte Geschlecht der 
Merowinger) - ihren Wert bewahrt. Das Erbrecht, die Verortung einer 
Stellung in der Familie, war ein nur fallweise entstehendes und langsam 
sich entwickelndes Recht. Die Könige waren keineswegs großzügig in der 
Zuerkennung solcher Rechte, wo also Titel und Ansprüche auf den 
Nachkommen übergingen. 
Der
 weit überwiegende Teil des Adels war also eine aus der Familienstruktur
 herauswachsende Leitungsstellung. Das ganze Land war so organisiert, ja
 man möchte sagen: die ganze Welt. Gemeinwohl hängt direkt mit einer 
ordnenden Struktur zusammen! Die auch in der Lage ist, einzelne 
Anstrengungen zu bündeln und dadurch Leistungen zu schaffen, die 
wiederum allen dienen. Man denke an öffentliche Bauten, Wehranlagen, 
Bewässerungsprojekte, Organisation der Güterverteilung durch Handel 
(Märkte), Straßenbau, etc.
Vor
 allem darf man eines nicht vergessen: Daß die Aufgaben der Politik auf 
einige wenige Bereiche beschränkt waren. Da war einmal das Recht (wer 
hätte es sonst ausüben sollen? Es mußte ja auch durchgesetzt werden!), 
und dann war natürlich die Landesverteidigung. Von Privilegien war da 
nirgendwo etwas zu sehen. Privileg war schlicht die mit einer Stellung 
einhergehende Macht, die niemand hinterfragt hat. Aus guten Gründen! 
Der
 Feudalismus war also eine aus gar nicht feststellbarer Urzeit 
herstammende Organisationsform von Gesellschaften, die auf ihren 
natürlichen Gegebenheiten aufruhten und diese verlängerten. Das war 
alles. Rechte des Adels waren äußerst vielfältig, und nur selten in den 
Stein einer Erbfolge gemeißelt. Wer versagte, wurde aller Recht schneller
 beraubt, als er denken konnte. Und daß wir überhaupt von Rechten 
sprechen, ist selbst schon ein Mißverständnis. Denn diese Rechte standen 
immer in direkter Proportion zu Pflichten, die in beiden Fällen den 
durchschnittlichen Mann überforderten. Weshalb die meisten diese Rechte 
und Pflichten gerne an jemanden abgaben, der dumm genug war, sie 
anzunehmen. Die Entwicklung Bayerns ist dafür ein gutes Beispiel, wo aus
 einer ursprünglichen Gesellschaft von Freien (wie in Tirol, wo es sich 
erhalten hat, wo sogar noch heute jeder echte Tiroler seinen Stutzen im 
Schrank hat) ein mehr und mehr in einzelne Hände übergehende 
gesellschaftliche Struktur hervorbrachte.
Selbst die heute
 so gut wie nicht mehr verstandene Frage nach der absoluten Legitimität 
war an Leistung geknüpft. Wer etwas leistete, speziell in den 
notwendigen Tugenden, die Adel kennzeichnen mußten, zeigte, daß er mit 
Gott im Bunde stand. Das galt auch umgekehrt, und war die absolute 
Versicherung: Wer gegen die göttlichen Gesetze verstieß, konnte niemals 
ein Volk oder eine Sippe leiten. Nur darauf bezieht sich dann das, was 
als "Gottesgnadentum" bezeichnet werden kann. Das sich im Zuge der 
Verbürgerlichung der Gesellschaften (mit denen Staat und Macht zu 
abstrakten Gebilden, zu verdinglichten Ideen wurden) dann so unselig 
verselbständigt hat, und nur noch ein Absicherungsmechanismus eines 
bereits bürgerlich verstandenen Herrschaftsanspruchs war. Aber das war 
längst nach dem Feudalismus.
Aber selbst die 
Übertragung eines Herrschaftsrechts durch Erbe, also innerhalb einer 
Familie, hat seine tiefen Wurzeln in der Leistung. Weil man um die Kraft
 eines integeren Familienethos wußte, der Generationen nach seinen 
Wurzeln zu formen vermochte und vermag. Stellt sich ein Erbe als unfähig
 heraus, und das gab es, auch im deutschen Königtum, war er längste Zeit
 König gewesen. Es gibt ein tief im altdeutschen Recht verankertes 
Widerstandsrecht. So etwas kennt unsere heutige Demokratie nicht einmal
 vom Hörensagen. Hier haben wir auch die größten Nieten und Verderber zu
 ertragen, "weil sie ja gewählt sind". Dazu lügt man den Menschen vor, 
sie wären in der Lage, "Leistungspotenz" von Parteileuten zu beurteilen,
 die sie von Plakaten und Talk-Shows kennen ... als wären die 
Eigenschaften, dort zu brillieren, auch die, die eine Führungskraft 
benötigt.
Morgen Teil 2)
*020219* 
 
