Teil 2) Wirkungen und Nebenwirkungen
Wie
in den USA versagten auch in Deutschland in den 1950er, vor allem aber
dann in den 1960ern die kirchlichen Mechanismen, verloren wie in Amerika
Schlacht um Schlacht gegen die beständigen Versuche der Medien (das
Fernsehen kam auf, und machte den bisherigen Vertriebswegen wie Kino
oder Druckwerken immer schärfere Konkurrenz; diesen Fehler hat die
Unterhaltungsindustrie mit dem Internet bekanntlich ja nicht mehr
gemacht), im Kampf um Konsumenten (und deren Geld) mit immer
freizügigerem "Sex" zu punkten. Mit nun sogar als Weg zum Glück
"wissenschaftlich attestierter" befreiter Sexualität wurde am
effizientesten die Vernunft ausgeschaltet, der immer perfektere
Konsument herangezogen, der mit allem zufrieden war, wo er seine
aufgestachelten Gelüste befriedigen konnte, sich dafür um das große
Ganze nicht mehr kümmerte.
Noch
dazu befeuert von einer um sich greifenden "Lust an der Psychologie",
die aufbauend auf Freud zur psychischen Destruktion und Auflösung jeder
seelischen Ordnung führte (die im allerbesten Fall durch ein neues,
künstliches Gerüst ersetzt wird, das eingezogen wird und immer eine
Weltanschauung ist oder als giftige Frucht enthält, die NICHT der
natürlichen sittlichen und religiösen Ordnung entspricht). Dieser in
sich "subversive" Moment in der Psychologie nach Freud ist es, den E.
Michael Jones als "jüdische Wissenschaft" bezeichnet. Deren
revolutionären, gegen den logos gerichteten inneren Impuls er attackiert
und sich damit in die innerste Linie der katholischen Kirche
eingliedert. Die das ebenfalls immer so gesehen hat.
Die
bedeutendste "Nebenwirkung" der sexuellen Befreiung aber, die bei uns
ab den späten 1960er Jahren voll einsetzte (Oswalt Kolles
"Aufklärungsbücher"; Filme wie "Schulmädchenreport", "Laß jucken,
Kumpel", die Aufmachung der Boulevardpresse wie "Stern", "Quick", man denke an "Bravo" und seinen "Doktor Sommer", etc.
etc.), der auf direktem Fuß (warum wohl?) die materialistischen
Ideologien wie "Evolutionismus" folgten, war die Entwürdigung, in der
Pornographie sogar selbst vorgenommene Entwürdigung der deutschen
Menschen. Wenn diese Selbstherrschaft nicht besteht, wenn damit auch die
Vernunftfähigkeit schwer beschädigt, wenn nicht überhaupt verloren
wird, ist ein Volk, und vor allem jeder Einzelne in diesem Volk, Spielball
jeder stärkeren, skrupelloseren Macht. Aus dem Verlust der
Selbstherrschaft heraus ist auch seine Würde schwerstens beschädigt
schließlich sogar verloren. Wenn man also nach Ursachen sucht, warum
es wie sich gezeigt hat, so leicht gelingen kann, das "Deutschsein"
derartig als Ziel und Eigenwesen abzulehnen, dann muß man zuerst (!)
dort suchen.
Ein
Mensch, der von seinen Lüsten und Begierden gelenkt wird, kann
überhaupt kein Selbstbewußtsein entwickeln. Ihm fehlt das
Grundlegendste, die Ehrfurcht vor der eigenen Würde. Ein solcher Mensch
verliert jedes Vertrauen in die "Gutheit" des Leiblichen, also auch -
des Volkes, des Landes, in dem er lebt, mit dem er verbunden ist, der
Bräuche und Gepflogenheiten, die dort herrschen, und in die Moral. "Schuld" wird zur Dauerbefindlichkeit!²
Wenn jetzt noch jemand daherkommt wie Wilhelm Reich oder die
Frankfurter Schule, die das Eigensein, die herkömmliche Ordnung zum
Schuldigsein an sich erklärt, findet er reiche Ernte. Seine Argumente
(auch als "Wegweisung von sich selbst" - also auf eine "historische
Schuld der Väter" etwa) werden mit Handkuß aufgegriffen, denn diese
Schuld zu überwinden würde Mühe, Anstrengung brauchen, und zwar in der
eigenen tiefsten Wurzel. Wie gerne hört man da, daß man an dieses
Problem nicht heran muß, weil es "natürlich" und "gut" ist ...**
Die
nächste Folge daraus ist noch etwas, auf das bereits Augustinus
hinweist: Es ist die "libido domandi", die aus der Niederlage vor sich
selbst (wenn es Haltung ist, ist es sogar eine Dauerniederlage, also ein
Zustand der Erniedrigung) aufsteht. Der Antrieb,
den anderen zu beherrschen. Denn wer selbst unterlegen ist, sich selbst
nämlich bereits unterlegen ist, und darin auf jeden Fall der Welt, kann
sich nicht mehr anders "behaupten", als den anderen zu beherrschen.
Auch das möge der Leser als Urteilskriterium in seine alltäglichen
Beobachtungen einbauen, es erhellt ungemein.***
Nur auf der Basis der Ehrfurcht vor der Leiblichkeit, nur vor dem Hintergrund des Logos,
der sich in jeder Leiblichkeit verfleischlicht hat, vor allem aber
verfleischlichen will (als Sinn, als das, auf das zu er sich entfalten
muß, will er er selbst sein, denn Selbstsein ist ein Aktivum, ein actu),
nur auf der Grundlage der Ehrfurcht vor sich selbst kann auch jene
Hochachtung entstehen, die die weiteren Lebenskreise - Familie, Dorf,
Landstrich, Land, Staat, Volk und seine Kultur - durchtränkt und als
Ausdruck freier, starker, selbstbewußter Menschen durchformt. Wenn
dieses erste und wichtigste Selbstbewußtsein nicht da ist, zerstört ist,
kann es gar kein weiteres, höheres Selbstbewußtsein mehr geben.
Und
der Leser soll ruhig einmal die Gegenprobe machen: Er soll einmal prüfen,
ob nicht die Achtung vor dem Vaterland mit dem sittlichen Zustand der
Personen direkt korreliert. Und dann durchaus die Gegenprobe machen, also
aus dem einen auf das andere rückfolgern.
Morgen Teil 3) Die Instrumentalisierung dieses Schuldgefühls,
das selbst wir so ungern nennen
1 + 1 = ?
1 + 1 = ?
²Es verwundert also überhaupt nicht,
daß die ersten und gröbsten Verstöße gegen die "decendy" (den Anstand)
in den USA 1965 durch einen ... Holocaustfilm aus Hollywoods Studios
stattfand. Mit "The Pawnbroker" hatte man die Kirche verblüfft, die bis
dahin noch halbwegs über Züchtigkeit in Filmen gewacht hatte. (Übrigens
zeigen die Brüder Coen in ihrem Film "Hail, Caesar!" recht
humorvoll das prinzipielle Funktionieren dieser Mechanismen. Zumal sie
auch zeigen, wie die Moral der Religionen unter das Joch des
Amerikanismus=Freiheit=Reich Gottes=Antikommunismus im Kalten Krieg
gekommen war.) Aber die nun mit jedem Einwand gegen die explizit
gezeigte Schamlosigkeit des Films unter dem Verdacht stand, den
Holocaust zu befürworten oder zumindest nicht abzulehnen, also
"antisemitisch" zu sein. Damit war aber der Damm gebrochen, der
"Production Code" hinfällig, und gegen "Deep Throat", der kurz darauf
folgte, kam schon kein Einwand mehr.
**Und
wie gerne hört man, daß andere an dieser eigenen Unfreiheit schuldig
sind. Der Umgang mit "Mißbrauch" in unseren Tagen, die Art, ihn zur
größten Lebenstragödie hochzustilisieren, die vielleicht gar nicht mehr
überwindbar weil reparabel sein soll, trägt ganz deutlich diese Züge der
Selbst-Entschuldung, um sich die Lebensmühe zu ersparen.
***Die
Einführung eines für alle verbindlichen allgemeinen
"Aufklärungsunterrichts" hat genau diesen Hintergrund: Es ist die
bösartige Dominationsneigung, in den kommenden Generationen jedes Sein
in der Würde der Selbstherrschaft gar nicht erst aufkommen zu lassen,
das man selbst zähneknirschend nicht erreicht.