In diesem Gespräch (das Video wie üblich am Schluß, also morgen) gehen Joseph Sciambra
und der Psychiater Joseph Nicolosi, bekannt durch seine Therapieansätze
für Homosexualität als geistige Abirrung, auf das Schlüsseljahr 1973
ein. Denn in diesem Jahr wurde in den USA per höchstrichterlichem
Entscheid nicht nur die Abtreibung freigegeben, sondern auch die
Homosexualität als "sexuelle Abartigkeit" von der Liste der Geistigen
Erkrankungen der APA - American Psychatric Association (Amerikanische
Gesellschaft für Psychiatrie) - gestrichen. Das hatte weitreichende
Folgen.
Denn
mit einem Mal war Homosexualität gegen jedes Volksempfinden (und in der
Geschichte des Abendlandes erstmals) als "normal" eingestuft. Damit
ging aber noch mehr einher: Mit einem Mal wurde Sexualität von jeder
Bestimmung, die sich aus den natürlichen Vorgängen ablesen läßt, per
definitionem getrennt, und zum rein persönlichen Vergnügen einer
abstrahierten, idealisierten, ja phantasierten "Liebe" erklärt. Und das
gestützt, ja propagiert durch die höchste Autorität hinsichtlich
geistiger Normalität, eben der APA. Die Wirkungen waren enorm, vor
allem weltweit betrachtet.
Warum
ist das passiert? Gab es neue Forschungsergebnisse zu dem Thema, die
die althergebrachte Analyse und Einschätzung der Psychologie und
Psychiatrie hinfällig machte? Die Antwort gleich vorweg: Nein! Es gab
keine anderen Forschungsergebnisse, die die bisherigen Erfahrungen und
Urteile der Psychologie, daß Homosexualität den Menschen wegen ihrer
Naturwidrigkeit schädigen würde (man denke nur an das uralte
Narzißmus-Problem) für obsolet erklärten. Es gab keine neuen
Erkenntnisse.
Die
Wahrheit ist anders, und sie ist hart: Plötzlich wurde Menschen, die
ihre sexuelle Reife noch gar nicht erreicht haben, ihre Unreife (die
auch temporär geschehen kann, denn "der Mensch ist eine Amplitude") zum
Endziel und zur Erfüllung - damit zur "echten, dauerhaften Rolle" -
erklärt.
Noch
1960 hatte Irving Bieber eine aufsehenerregende Studie publiziert, in
der klar gemacht wurde, daß im Vergleich Hetero- zu Homosexualität
sämtliche Homosexuelle in schweren psychologischen Problemen steckten,
die massiv mit Kindheits- und Identitätserfahrungen zusammenhingen. Das
Schlagwort von der "Vaterwunde" machte die Runde. Homosexualität
war klar in seinen Zusammenhängen von Identität und Vater erkannt.
Homosexualität ist eine abnormale Art, auf den Vaterkonflikt (den jeder Mann hat) zu antworten.
Und diese Art zu reagieren ist selten.
Plötzlich
war 1973 das alles auch in seiner empirischen Evidenz uninteressant.
Und das hat mit einem mechanistischen Welt- und Menschenbild zu tun.
Erziehung, Identität wurde als exakt reproduzierbares Produkt gesehen,
nicht als Beziehung zweier Personen, die jeder und immer völlig anders
reagieren und agieren. Weil alle in einer besonderen Lebenssituation
stecken. Das einzige, was deshalb über alle faktischen Lebenssituationen
hält und trägt, das einzige, was somit Identität überhaupt zu bilden
vermag - ist das Idealbild. Der logos. Das Ziel, so verschieden es in der Situation auch auftreten mag.
Es
ist immer Selbstüberschreitung auf ein Ideal hin. Wer stattdessen auf
sich selbst, seine "Gefühle" und Zufälligkeiten schaut, weil diese
angeblich nun doch das Ideal seien oder direkt enthielten, fällt nicht
nur auf sich zurück, er fällt buchstäblich ins Nichts. Fünf Jahre (!)
später, also enorm schnell, trat AIDS erstmals als Massenerscheinung in
die Öffentlichkeit. Das GENAU die Antwort auf solche Invertiertheit ist:
Als Verlust der Widerstandskraft. Denn was nichts ist, hat auch kein
"Anderssein". Wer kein Selbstsein hat (das immer ein
"Dies-jenes-sein-wollen" ist, erst dieser Schlußstein gibt dem Gebäude
die Spannung), ist für jeden fremden Formwillen leicht zu überwinden.
Aber
mehr noch: Erwachsenheit heißt zu begreifen, daß man für sein Schicksal
letztlich selbst verantwortlich ist. Man selbst ist derjenige der sagt,
wo es hingehen muß. Erkläre ich aber das "Leidende", das Gestörte zur
"Normalität", nehme ich dem Menschen jede Hinspannung auf ein noch zu
Werdendes. Was nicht glücklich macht, ist dann höchstens noch "Schuld" der
anderen. Denn ich, ich bin ja normal. In jedem Fall. Also muß ich für
mein Leben auch keine Verantwortung übernehmen. Ich bin ja o.k. Nicht
jemand, der etwas aus schöpferischer Eigenkraft werden könnte!
Deshalb
spielt die "Opfermentalität" eine so katastrophale Rolle in dem
ganzen Spiel. Denn sie setzt die Nicht-Reaktion wegen angeblicher
"Schwäche" zum Maßstab, und nimmt jede Verantwortung für das eigene
Leben. Denn es sind ja immer andere "schuld".
Es
gibt keine notwendige Entwicklung aus bestimmten psycho-sozialen
Konstellationen, die zwangsläufig homosexuell "machen" würden. Aber es
gibt individuelle Reaktionen, die eine kleine Minderheit homosexuell
"werden" läßt. Die sich den Herausforderungen nicht stellt. (Aardtweg
nennt ja mit Recht die Homosexualität ein Theater der narzißtischen
"Selbstdramatisierung".)
Jede
sexuelle Tätigkeit reißt die sexuell tätige Person "mit sich". Das
Erlebnis ist zu stark. Deshalb ist der entscheidende Punkt, sagt
Nicolosi, der Moment, wo ein schwankender oder unsicherer oder schwacher
Jugendlicher mit dieser Art von gleichgeschlechtlicher Sexualität in
Kontakt kommt. Das ist der Punkt, der alles entscheiden kann. Er hat
später kaum noch die Kraft, dagegen aufzustehen, so sehr er die
Selbstzerstörung und Unerfülltheit spürt. Zu sehr wurde er zunehmend
davon geprägt, und zu sehr hat er bereits begonnen, sich, sein innerstes
Ich, mit dieser Tätigkeit zu identifizieren. Umso leichter, umso
rascher geht das, je weniger er sich mit dem Vater identifizieren konnte
(meinetwegen auch, weil dieser das verweigert hat), also in Kombination
mit der "Vaterwunde", und deshalb ohne Selbstbewußtsein, ohne Mut zur
wirklichen eigenen Empfindung heranwuchs. Das führt zu der
Selbsttäuschung, daß man "immer schon so gefühlt" habe. Homosexualität
als Erklärung hilft gewissermaßen (zum Schein), die eigene Vergangenheit
zu verstehen! Denn die Vaterwunde reicht ja in der Regel bis in die
früheste Kindheit zurück. Plötzlich "weiß" man, warum einen der Vater so
ablehnend behandelt hat - weil man ihm und seiner Art des Weltseins
nicht "zugehörte."
Morgen Teil 2) Geschlechtsidentität ist Rolle.
Und für Rollen gilt: Ich bin König. Ihr müßt mich spielen.
*040219*