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Montag, 15. April 2019

Ein Schlüsseljahr für die Vaterwunde (1)

In diesem Gespräch (das Video wie üblich am Schluß, also morgen) gehen Joseph Sciambra und der Psychiater Joseph Nicolosi, bekannt durch seine Therapieansätze für Homosexualität als geistige Abirrung, auf das Schlüsseljahr 1973 ein. Denn in diesem Jahr wurde in den USA per höchstrichterlichem Entscheid nicht nur die Abtreibung freigegeben, sondern auch die Homosexualität als "sexuelle Abartigkeit" von der Liste der Geistigen Erkrankungen der APA - American Psychatric Association (Amerikanische Gesellschaft für Psychiatrie) - gestrichen. Das hatte weitreichende Folgen.

Denn mit einem Mal war Homosexualität gegen jedes Volksempfinden (und in der Geschichte des Abendlandes erstmals) als "normal" eingestuft. Damit ging aber noch mehr einher: Mit einem Mal wurde Sexualität von jeder Bestimmung, die sich aus den natürlichen Vorgängen ablesen läßt, per definitionem getrennt, und zum rein persönlichen Vergnügen einer abstrahierten, idealisierten, ja phantasierten "Liebe" erklärt. Und das gestützt, ja propagiert durch die höchste Autorität hinsichtlich geistiger Normalität, eben der APA. Die Wirkungen waren enorm, vor allem weltweit betrachtet.

Warum ist das passiert? Gab es neue Forschungsergebnisse zu dem Thema, die die althergebrachte Analyse und Einschätzung der Psychologie und Psychiatrie hinfällig machte? Die Antwort gleich vorweg: Nein! Es gab keine anderen Forschungsergebnisse, die die bisherigen Erfahrungen und Urteile der Psychologie, daß Homosexualität den Menschen wegen ihrer Naturwidrigkeit schädigen würde (man denke nur an das uralte Narzißmus-Problem) für obsolet erklärten. Es gab keine neuen Erkenntnisse.

Die Wahrheit ist anders, und sie ist hart: Plötzlich wurde Menschen, die ihre sexuelle Reife noch gar nicht erreicht haben, ihre Unreife (die auch temporär geschehen kann, denn "der Mensch ist eine Amplitude") zum Endziel und zur Erfüllung - damit zur "echten, dauerhaften Rolle" - erklärt.

Noch 1960 hatte Irving Bieber eine aufsehenerregende Studie publiziert, in der klar gemacht wurde, daß im Vergleich Hetero- zu Homosexualität sämtliche Homosexuelle in schweren psychologischen Problemen steckten, die massiv mit Kindheits- und Identitätserfahrungen zusammenhingen. Das Schlagwort von der "Vaterwunde" machte die Runde. Homosexualität war klar in seinen Zusammenhängen von Identität und Vater erkannt. Homosexualität ist eine abnormale Art, auf den Vaterkonflikt (den jeder Mann hat) zu antworten.  

Und diese Art zu reagieren ist selten.

Plötzlich war 1973 das alles auch in seiner empirischen Evidenz uninteressant. Und das hat mit einem mechanistischen Welt- und Menschenbild zu tun. Erziehung, Identität wurde als exakt reproduzierbares Produkt gesehen, nicht als Beziehung zweier Personen, die jeder und immer völlig anders reagieren und agieren. Weil alle in einer besonderen Lebenssituation stecken. Das einzige, was deshalb über alle faktischen Lebenssituationen hält und trägt, das einzige, was somit Identität überhaupt zu bilden vermag - ist das Idealbild. Der logos. Das Ziel, so verschieden es in der Situation auch auftreten mag. 

Es ist immer Selbstüberschreitung auf ein Ideal hin. Wer stattdessen auf sich selbst, seine "Gefühle" und Zufälligkeiten schaut, weil diese angeblich nun doch das Ideal seien oder direkt enthielten, fällt nicht nur auf sich zurück, er fällt buchstäblich ins Nichts. Fünf Jahre (!) später, also enorm schnell, trat AIDS erstmals als Massenerscheinung in die Öffentlichkeit. Das GENAU die Antwort auf solche Invertiertheit ist: Als Verlust der Widerstandskraft. Denn was nichts ist, hat auch kein "Anderssein". Wer kein Selbstsein hat (das immer ein "Dies-jenes-sein-wollen" ist, erst dieser Schlußstein gibt dem Gebäude die Spannung), ist für jeden fremden Formwillen leicht zu überwinden.

Aber mehr noch: Erwachsenheit heißt zu begreifen, daß man für sein Schicksal letztlich selbst verantwortlich ist. Man selbst ist derjenige der sagt, wo es hingehen muß. Erkläre ich aber das "Leidende", das Gestörte zur "Normalität", nehme ich dem Menschen jede Hinspannung auf ein noch zu Werdendes. Was nicht glücklich macht, ist dann höchstens noch "Schuld" der anderen.  Denn ich, ich bin ja normal. In jedem Fall. Also muß ich für mein Leben auch keine Verantwortung übernehmen. Ich bin ja o.k. Nicht jemand, der etwas aus schöpferischer Eigenkraft werden könnte!

Deshalb spielt die "Opfermentalität" eine so katastrophale Rolle in dem ganzen Spiel. Denn sie setzt die Nicht-Reaktion wegen angeblicher "Schwäche" zum Maßstab, und nimmt jede Verantwortung für das eigene Leben. Denn es sind ja immer andere "schuld". 

Es gibt keine notwendige Entwicklung aus bestimmten psycho-sozialen Konstellationen, die zwangsläufig homosexuell "machen" würden. Aber es gibt individuelle Reaktionen, die eine kleine Minderheit homosexuell "werden" läßt. Die sich den Herausforderungen nicht stellt. (Aardtweg nennt ja mit Recht die Homosexualität ein Theater der narzißtischen "Selbstdramatisierung".)

Jede sexuelle Tätigkeit reißt die sexuell tätige Person "mit sich". Das Erlebnis ist zu stark. Deshalb ist der entscheidende Punkt, sagt Nicolosi, der Moment, wo ein schwankender oder unsicherer oder schwacher Jugendlicher mit dieser Art von gleichgeschlechtlicher Sexualität in Kontakt kommt. Das ist der Punkt, der alles entscheiden kann. Er hat später kaum noch die Kraft, dagegen aufzustehen, so sehr er die Selbstzerstörung und Unerfülltheit spürt. Zu sehr wurde er zunehmend davon geprägt, und zu sehr hat er bereits begonnen, sich, sein innerstes Ich, mit dieser Tätigkeit zu identifizieren. Umso leichter, umso rascher geht das, je weniger er sich mit dem Vater identifizieren konnte (meinetwegen auch, weil dieser das verweigert hat), also in Kombination mit der "Vaterwunde", und deshalb ohne Selbstbewußtsein, ohne Mut zur wirklichen eigenen Empfindung heranwuchs. Das führt zu der Selbsttäuschung, daß man "immer schon so gefühlt" habe. Homosexualität als Erklärung hilft gewissermaßen (zum Schein), die eigene Vergangenheit zu verstehen! Denn die Vaterwunde reicht ja in der Regel bis in die früheste Kindheit zurück. Plötzlich "weiß" man, warum einen der Vater so ablehnend behandelt hat - weil man ihm und seiner Art des Weltseins nicht "zugehörte."


Morgen Teil 2) Geschlechtsidentität ist Rolle. 
Und für Rollen gilt: Ich bin König. Ihr müßt mich spielen.




*040219*