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Freitag, 5. April 2019

Zur Illustration - Nordirland heute (1)

Man muß es als seltsam und Treppenwitz der Geschichte sehen, daß ausgerechnet Nordirland 2016 mit 56 Prozent gegen den Brexit stimmte. Denn damit stellten sich sogar die mehrheitlich protestantischen Briten, die dort seit etwa zwei-, dreihundert Jahren leben, gegen jenes Mutterland, das ihnen ihre kulturelle Identität gibt, aber mit insgesamt 52 Prozent für einen Austritt aus der EU stimmte. 

Dieser Bericht aus dem heutigen Nordirland (Dezember 2018) belegt einiges von dem, was in den letzten Tagen hier zu lesen stand: Da stehen sich zwei unterschiedliche Kulturen, zwei Identitäten gegenüber. Die britischen Protestanten und die irischen Katholiken. Und im Bericht sieht man auch, wie ein "friedliches" Miteinander dieser unterschiedlichen Kulturen unter einer Regierung möglich war - durch Mauern (wie in Belfast zu sehen), durch Segregation also.

Beide Gruppen stehen sich nach wie vor sehr identitär gesinnt gegenüber, und beide Gruppen sind nach wie vor bereit, für ihre Identitäten und Zugehörigkeiten - England/Irland - zu kämpfen. Die Jahre seit 1998, dem berühmten "Karfreitagsfrieden", waren zwar ruhig verlaufen, die Anschläge und Blutbäder endeten. Aber für die Iren entstand etwas wie eine Illusion, ein Lebensgefühl, daß Irland wieder "vereint" sei. Wenn nicht auf dem Papier, so doch durch die alltägliche Lebensweise. Denn die Grenzen verschwanden ebenso wie die zuvor als Okkupation empfundene britische Armee aus dem Bewußtsein. Außerdem sind die Währungen mehr oder weniger ineinander verschwommen, Euro (Irland) und Pfund (England) waren parallele Zahlungsmittel in Nordirland gewesen.

Wenn auch das Selbstbewußtsein - Iren als Teil einer einigen irischen Republik - nie verschwand, eher sogar gestärkt wurde. Wirklich von "Frieden" zu sprechen ist also verfehlt. Die beiden Gruppen blieben einander fremd, ja feindlich, und getrennt. Und speziell manche irische Gebiete sind für die nordirische Polizei (= britische Okkupationsmacht für überzeugte Iren) sogar No-Go-Areas geblieben, denen man lieber fern bleibt, zumindest um nicht zu provozieren. 

Vielfach hat sich deshalb eine Paralleljustiz aufgebaut, in der verschiedenste Gruppen ein Rechtsgefühl durchsetzten, wie es auch irischen Bevölkerungsteilen entspricht, die englische Gesetze nie akzeptierten. Weil die Autoritäten ihrer Ansicht nach illegitim sind und britischer Okkupation entspringen. So entsteht ein Rechtsvakuum, und das füllen diese paramilitärischen Gruppen aus. Die "anti-soziales Verhalten" (also Kriminalität) ahnden.*

Daneben kommt ein weiterer Aspekt zum Tragen, der meist zu wenig beachtet wird. Daß nämlich speziell die IRA ihren Kampf gegen England auch immer als Kampf gegen die Moderne ansah. Und das heißt - gegen den englischen Kapitalismus, in dessen Folge sich die traditionellen sozialen Gefüge auflösen (wie bei uns). Mit allen negativen Folgen, wie wir sie kennen, nicht zuletzt dem Drogenmißbrauch und Drogenhandel. Wobei die Gerüchte nicht verstummen wollen, daß sich diese paramilitärischen "Ordnungskräfte" selbst mit Drogenhandel finanzieren. Aber das könnten auch gezielte Verleumdungen sein.

Es geht und ging seit je also auch um einen Kulturkampf, und beide Seiten wissen das und sehen es so. Sowohl die Iren wie die britischen Nordiren sind jederzeit bereit, für ihre Zugehörigkeit zu Irland/England zu kämpfen. Alle sagen, daß Irland und das britische Nordirland zwei verschiedene Länder weil Kulturen sind. Das ist mehr als ein Gefühl. Auch die Nordiren bestätigten somit: Gelöst wurde das Nordirlandproblem nie. Alle Risse wurden nur oberflächlich zugeschmiert, in der irrationalen Hoffnung, die Zeit und der Sozialstaat (sic!), an den sich vor allem die Nordiren so gerne gewöhnt haben, also Brot und Spiele, würden schon alle Identitäten auswaschen. Das haben sie ja immer getan.

Nun, mit dem Brexit, müßten aber die alten Grenzen zu Irland wieder aufgerichtet werden. England "kann" nicht anders handeln, es hätte sonst seine Hintertür weit offen, und darüber würde jeder Eigenkurs ins Schlingern gebracht. Außer es würde sein historisches Unrecht - die Okkupation von Irland, die Besiedelung mit protestantischen Briten - eingestehen und zumindest die Okkupation rückgängig machen. Um dann, zum Beispiel, mit der gesamtirischen Regierung ein Abkommen aushandeln, das den britischen Nordiren Autonomie (etwa wie in Südtirol) zugesteht. Sie auszusiedeln würde hingegen nur neues Unrecht bedeuten. Werden die Briten das aber machen? Sicher nicht. Werden die britischen Nordiren das zulassen? Sicher nicht.

Also müssen Grenzen errichtet werden. Und da werden die Iren etwas dagegen haben, denn eine "harte" Grenze durchfurchte lange genug ihr Land und teilte (oft grotesk: es gibt z. B. einen Grenzabschnitt, wo man innerhalb von sechs Meilen auf derselben Straße fünfmal die Grenze wechseln mußte) ihr Volk.

Die Iren haben über so viele Jahrhunderte genug unter der oft unglaublich brutalen britischen Herrschaft gelitten, in der das Land bis aufs Blut - wörtlich - ausgesaugt wurde. Und wo dem Londoner Parlament oft genug der Spruch auskam, daß es nur darum gehe, diese irischen Bastarde auszulöschen. Aber auch wir Mittelländler sollten nicht vergessen, daß dieser Kampf gegen dieses Volk vor allem ein Kampf gegen den Katholizismus, gegen die metaphysische Substanz einer Gemeinschaft von Menschen war und ist. Dem Resteuropa im Grunde alles - alles! - zu verdanken hat. Denn es waren die Iren (neben den Schotten), die Europa nach der Völkerwanderung bis nach Polen und Ungarn remissioniert und damit - damit! - wieder aufgebaut haben. Und der VdZ ist sogar ein Anhänger jener Theorien, die sagen, daß der Höhepunkt dieser Kultur, die Gotik, das Aufblühen dieses irischen Geistes und seines Formgefühls war.


Morgen Teil 2)



*Das weist auf etwas ganz Wichtiges hin. Nämlich darauf, daß jedes Volk, jede Kultur auch die ihr gemäße Justiz (und Exekutive) unbedingt braucht. Somit sollte man noch einmal gründlich darüber nachdenken, was es bedeutet, daß in unseren Ländern Paralleljustizsysteme durch und in Migrantenkreisen auftritt. Die Art, wie das (auch oder gerade von der sogenannten "Rechten", aber noch mehr natürlich von dem unsäglichen Establishment, das uns bestimmt) skandalisiert und abgelehnt oder als Beispiel für verfehlte Migrationspolitik gewertet wird, hat etwas ziemlich Geistloses, ja Verblödetes. Paralleljustiz gibt es überall, auch in Irland. Na warum wohl? Wie entsteht so etwas wohl?

Das Problem reicht sogar hinein bis in die medial so hervorgestrichenen Gewaltausbrüche gegen Frauen. Wenn das Rechtssystem nicht mehr dem individuellen Rechtsempfinden entspricht, was macht ein Mensch mit Verantwortung dann? Na? Und ist damit ER schuld? Oder hat das nicht ganz andere Implikationen? Und wer ist dann "schuld"? Trottelgesocks, mit dem wir es heute zu tun haben, leere Quatscher, überall.

Der VdZ zögert nicht länger um so manche angeblich wunderbare Volksbewegung - wie die, beim Mord an einem Mädchen in Wiener Neustadt nach schärferen Gesetzen zu schreien - als Greinen luftig-verwöhnter Kindleins einzuschätzen, die den Ernst des Lebens nur nach Kriterien des Internetpornokonsums einschätzen. Lauter irrelevante Hysteriker und Träumer, überall und allerorten. Ihr Lufthammer trifft einen Luftnagel. Zu hart? Nein. Denn gerade oft das aufgebrachteste auftretende "politische Engagement" ist direkt mit dem zu vergleichen, was im Internetpornokonsum passiert. Leer. Wertlos. Wirklichkeitsfern.

Jawohl, Herr Sellner, damit sind (auch) Sie gemeint. Der VdZ hat Sie eine Zeit mit gewisser väterlicher, fast nostalgischer Sympathie begleitet. Aber immer mehr stellt er fest, daß sich in Ihrem politischen Wirken (das sich auf reine Virtualität beschränkt, ohne die alles überhaupt in Nichts aufginge) alles nur noch nach Kriterien der Ablaufoptimierung vollzieht. Aber auf welcher Basis!? Von ein bißchen Heidegger-Lektüre? Kein Wunder, daß Sie der Wirklichkeit immer ferner werden. Sehen Sie das nicht alleine an der Verfehltheit ihrer Prognosen, alleine im vergangenen Jahr? Mehr als Teenager-Gekreische ist das nicht. Wäre der VdZ (der Sie kennt, da haben Sie noch nicht einmal die Tischplatte mit ihrem Scheitel erreicht) Ihr Vater, würde er sie zuerst einmal gehörig abwatschen. Und vier Tage in den Karzer sperren. Dann wird man weitersehen. Von einem über 30jährigen würde er mehr erwarten als ewige Konservierung der Pubertät.






*260119*