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Samstag, 23. Mai 2020

Wer Eigentum vernichtet, vernichtet das Ich (1)

Eigentum bedeutet die Integration der äußeren Welt in die eigene Persönlichkeit. Es ist damit kein einfach geistig bleibendes Etwas, sondern eine reale Handlung, und nicht rein mit äußerer Verfügbarkeit legitimiert. Denn dieser Sinn der Welt, die vom Menschen in seinen Besitz genommen werden soll, um ihn zu bereichern, macht Eigentum zu einem tief anthropologischen Wesensbestandteil des Menschseins. 

Etwas muß deshalb (eine gewisse Zeit) wörtlich-real "be-sessen" werden, oder "er-standen", oder jemand "legt seine Hand auf etwas" (was die Handauflegung egal zu welchem Zweck noch weiter ausleuchtet), "er-greift von etwas Besitz" (das Wort Emanzipation kommt von ex-mani-cipere, "aus der Hand geben", zugleich auch der generelle Freilassungsritus in der Antike). In der längeren Verweildauer von Etwas in der persönlichen Sphäre eines Menschen drückt sich der Verweischarakter von Zeitdauer und dem (eigentlich alle Zeit querstehenden, aber zeitlosen, also immer dauernden) Ewigen als geistigem, ontologischen Tatbestand aus. 

Eine Sache muß sohin, soll sie Eigentum sein, soll sie auch als Eigentum von der Mitwelt anerkannt sein, auf eine Art mit dem Körper verbunden sein. Sie wird als Eigentum "kundgetan", jemand legt sein Wort auf etwas.
Siehe den "Vatersname" in vielen Kulturen "Viszarjonno-vitsch/vic" oder "-ovna/icova" in allen Formen; siehe "Josef" oder "Josefi-ne" (im ungarischen direkt "Jozsefne"; nö=die Frau); "Männ-i-n", vom Manne genommen, hieß Adam die "E-va" - hört man da nicht im Laut dasselbe wie in "-vna"?; "Frau" kommt von "Frouwe" kommt von "Fron" kommt von Frow-n = "dem Herrn (zu-gehörig)" (idg., noch in "-row/-ow" im slaw.), somit von "dem Leib des Mannes zugesprochen"), oder "Björns-son" oder "-dottir"; siehe aber auch einfach den gebräuchlichen Familiennamen, der zumindest früher vom Manne oder von einer (auch Ort etc.) Zu-gehörig-keit (Wort/Eigentum/Hören ...) ausging.
Wie sehr der Zusammenhang zwischen Ding und (sprechendem beziehungsweise das Wort darstellenden) Mensch besteht und real ist, zeigt das von jedem Gekannte "stellvertretende Objekt", wo man in einer Gefühlsaufwallung (egal welcher Art) ein Ding "für" den Besitzer setzt. Man denke an das "sich an etwas auslassen". Und wie oft läßt sich die Wut gegen eine Person an deren Besitz aus. Dahinter ist keineswegs das an sich sehr sachliche, nüchterne Motiv der Eigentumsschädigung anzunehmen, sondern weit eher tatsächliche Vernichtungsreaktion gegen das Ich des anderen.

Dieser an sich geistige Zusammenhang wird in der Magie verdinglicht und technisiert. Weshalb an und für sich die Wirkung der Magie (man denke an Voodoo) auf die Bereitschaft des von ihr Betroffenen abhängt. Der Christ, um es vereinfacht zu sagen, muß sich vor der stellvertretenden Schädigung durch einen anderen also keineswegs fürchten, er ist immunisiert.

Vorsicht (aber nicht Angst!) ist aber deshalb angeraten, weil der Mensch gerne einmal Schwächen vielfältigster Art hat, in denen eine Einbindung in die Besitzsphäre des anderen (etwa durch Wünsche, oder durch aufrechte, nicht verziehene Verletztheiten, oder man denke an Neid) rascher entsteht als man denken könnte.

Endgültig Flügel bekommt der Geist, wenn man an die Weiterverflechtung zu den Begriffen "einsetzen" oder noch mehr "sich für jemanden einsetzen" denkt, mit welchen Worten (sic!) man sich sogar unter das Eigentum (Verfügbarkeit) jemandes stellt.

Und man erkennt die Bedeutung des Begriffs "Gabe" - als sich (sic!) einmal unter das Eigentum des Beschenkten stellen, andererseits dessen Sphäre anzugehören, wird die Gabe angenommen.
Es gibt kein vom Menschen (als Idee auf die sich das Ich hinüber ausstreckt, also transzendiert) hervorgegangenes Ding (sogar an Körpergliedern/-organen sieht man es), das nicht zumindest prinzipiell keinen Eigentümer und keinen Träger von Rechten daran hat.
Man kann die Zubehörigkeit von Eigentum zur Sphäre des Ich nach vielen Seiten (und ganz undramatisch) weiterdenken, etwa indem man an die ontologische Stellung von "Rechtsanwalt - Klient" denkt. Oder Auftraggeber - Auftragnehmer generell. Diese bilateralen Angelegenheiten von dieser Seite durchzudenken, erhellt sogar viel an sehr realen Fragestellungen und Problemen darin.

Eine Sache trägt eben (in irgendeiner Form) die Marke (also auch eine Form von Prägung, oder Mitgestaltung) des Besitzers. Was ein Wort sein kann, eine buchstäbliche Marke oder Kennzeichnung (man denke da an die beliebte Form von Initialen als "Name", als "Wort", oder das Symbol in einem "ex libri") in kleinen Gesellschaften natürlich auch die kollektive Erinnerung als Anerkennung sein kann.

Im Recht, das erst ab größeren Gesellschaften eine Explizierung braucht, spielt diese Erinnerung übrigens eine große Rolle. Man denke an das auch in unseren Ländern noch lange, ja manchmal das bis heute gebräuchliche Abschreiten des Besitzes als Zeichen nach außen wie als Vertiefung der Erinnerung. 

Daran wird noch deutlicher, was nur ein geistig Ding ist: Daß nämlich Eigentum ein "gemeinsamer Ort" ist, auf dem die besessene Sache wie der Besitzer sich aufhalten. Anerkennung von Eigentum bedeutet somit immer die Anerkennung eines "Ortes in einer Ordnung", einer Landschaft des Sozialen als Landschaft von Welt. Somit IST Besitz äußere, beziehungsweise eine außenseiende Welt, und zwar im eigentlichsten Sinn. 
Sodaß man Welt als "ge-äußertes", lebendiges und als solches, wirkendes Wort gut verstehen kann.
Doch nie ist es das bloße Äußerliche, das den wahren Kern des Eigentumsbegriffes ausmacht, sondern die innere, seelische, geistige Integration. Man denke an das "Merken" eines Gedichtes (das nun zum Eigentum, zur realen Erweiterung wird), oder an den Eigentumsverlust, wenn eine Sache "vergessen" wird, sich niemand "er-innert", daß ein Ding und ein Besitzer zusammengehören.


Morgen Teil 2) Warum Freiheit ein höheres Gut ist als Gesundheit



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