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Freitag, 28. Dezember 2018

Aufsparen von Risiken durch deren Vermeidung (1)

Was sich im Finanzwesen zeigt, ist nur eine der vielen Anwendungen, in denen sich ein gesamtgesellschaftliches Phänomen zeigt - das Leitbild der Risikovermeidung, indem man die Volatilität von Prozessen unterdrückt (d. h. ihre Abläufe gewissermaßen "manisch" kontrolliert und eingrenzt.) 

Aber Risiken vorzubeugen führt nicht dazu, daß die Risiken abgeschafft werden. Es führt vielmehr dazu, daß sich Risiken kumulieren, "aufsparen". Denn man kann Risiken gar nicht abschaffen.  Das ist die Grundthese des Ökonomen und Publizisten Markus Krall, die er hier vorträgt und in zahlreichen Büchern vertritt. Denn die Volatilität, das Risiko eines Scheiterns, gehört untrennbar zum Versuch dazu. Ohne den Versuch aber gibt es keine Lebensdynamik. Jede Entwicklung, jedes Reiferwerden wird dann unterbunden. Das führt zu Spannungen in den Gesamtsystemen, weil es damit zu Ungleichgewichten im Zueinander der Teilsysteme kommt. Es kommt dann zu Entladungen, die umso dramatischer und als Großereignisse ablaufen, je mehr Volatilität aufgespart wurde.

Solche Einschränkungen der Volatilität ortet Krall in fünf Bereichen: Dem Finanzsystem, dem Internet (sic!), der Parteiendemokratie, dem Unternehmertum und schließlich in der Geopolitik. Überall hier wird es zu Diskontinuitäten kommen, wo sich aufgesparte Spannungen eines Tages entladen werden. Vor allem, weil man die Realität nicht zur Kenntnis nehmen will. Diese Entladungen bleiben aber nicht isoliert, sondern wirken auf die jeweils anderen Bereiche. Die abzusehenden großen Entladungen sammeln sich in Problemwolken, die Krall "schwarze Schwäne" nennt.

Der erste große schwarze Schwan

Daß es dazu kommt läßt sich auch daran erkennen, daß der Aufwand dafür, diese Bereiche kontinuierlich (unverändert bzw. kontrolliert) zu halten, immer größer wird. Was dann als "Erfolg" gefeiert wird, ist aber in Wahrheit nur die Verschleierung von Verlusten, die nur nicht sichtbar gemacht werden sollen. Der Staat macht das über Subventionen. Direkt, oder indirekt, durch die Zinspolitik der EZB. So hat man zwei Prozent Wirtschaftswachstum auszuweisen, bei gleichzeitigem Ansteigen der Beschäftigung von zwei Prozent. Was aber niemand dazu sagt ist, daß das anzeigt, daß es zu keinem Zuwachs in der Produktivität kam. Die Wirtschaft wird also in sich schwächer, nicht stärker. Ausfälle schwacher Unternehmen werden sogar verschleppt, damit aber wertvolle Ressourcen gebunden. Auf Zuwächse innerer Stärke durch Produktivitätssteigerung aber bauen sämtliche unserer Zukunftsmodelle auf, vom Rentensystem angefangen. 

Kommt es nun zu einer Krise egal welcher Art (etwa durch Zinserhöhung, um Inflation zu verhindern), werden die aufgesparten Unternehmenskonkurse mit einem Mal virulent. Krall geht von mittlerweile zehn Prozent aus! Damit aber werden die Banken mitgerissen, deren Kredite geballt ausfallen. Mit einem Male werden dann die Sicherheiten auf den Markt kommen, aber nicht mehr viel wert sein. Es kommt also schlagartig zu einem Preisverfall (vor allem im Immobiliensektor). Während die Sparer schlagartig die Hälfte ihrer Ersparnisse verlieren werden.

Der zweite Risikofaktor nämlich, der daraus erfolgt, ist die Erodierung der Verdienstspannen für Banken bei Krediten. Vor allem langfristigere Kredite werden vermieden, weil die Zinsen irgendwann wieder steigen könnten, dann wäre der Verlust für die Bank einzementiert. Doch die Bank muß "Geschäft" machen, also Kredite vergeben. Das tun alle Banken. Damit sinkt erneut der Preis für Geld, und die Verdienstmargen bleiben klein. Krall sagt deshalb voraus, daß es ein vorhersehbares Ereignis sein wird, daß die Banken ab 2020 in große Schwierigkeiten kommen werden, weil sie operativ rote Zahlen schreiben werden. Aber der Politik bleibt dann kaum noch Handlungsspielraum, denn wie sollte sie nun reagieren? Die Zinsen kann sie nicht mehr senken. Diese Perspektive wird umgekehrt Banken dazu verleiten, zu "zocken", also hoch spekulativ vorzugehen. 

Die EZB (bzw. die Politik) wird also genau das Gegenteil von dem erreichen, was nach 2008 der Plan war. Unternehmenskredite werden ebenso zurückgehen wie Sparguthaben, aber die Spekulationsvolumina werden ansteigen. Die Wirtschaft wird nicht "angekurbelt", sondern stattdessen werden deren Ressourcen fehlgelenkt und am falschen Ort (s. o. Unternehmen) gebunden. (Krall zeigt damit auch den eigentlichen Wahnsinn der sogenannten "Energiewende" auf, die genau das bewirkt, aber noch dazu durch direkte Subventionierung.)

Der zweite große schwarze Schwan

Die zweite Großkrise, die Krall "Technogeddon" nennt, wird sich im technischen Bereich abspielen. Das hat zwar nicht direkt die Politik "gemacht", aber sie hat es begünstigt. Der Grund liegt darin, daß wir uns in einer Sicherheit wiegen, die wir gar nicht haben. Es hat zu tun mit dem "Quantencomputer". Dadurch werden die Rechenleistungen der Computer exponentiell ansteigen. Binnen eines jeden Jahres wird sich die Rechenleistung um 40 Millionen Prozent erhöhen. "Irgendwann zwischen heute und 2025 wird irgendjemand einen Computer bauen, der alle Türen auf dem Planeten öffnet." Dann gibt es für nichts und niemanden mehr Privatsphäre, auch für keine Geheimdienste mehr. Dieser eine hat dann alles in der Hand.

Der dritte große schwarze Schwan

Hier nennt Markus Krall die Parteiendemokratie. Es ist ein Irrtum, wenn wir glauben, daß unsere Demokratie "stabil" sei. Auch dieser Fehler ist absehbar, er ist systemimmanent und hat mit dem Wesen des Politikers zu tun, der aus Karriere- oder Einkommensgründen in die Politik geht. Das bedeutet, daß in die Politik zu gehen nur für jene einen Anreiz bedeutet, die "es sich verbessern können". Wer bereits mehr verdient, wem es gut geht, der würde sich ja sein Leben verschlechtern. Nun ist es aber so, daß Einkommen und Intelligenz miteinander zu tun haben. Somit haben wir es mit einer Situation zu tun, daß nur Menschen mit geringerer Intelligenz in die Politik gehen wollen. Während der intelligentere Teil der Bevölkerung durch unser Demokratie- und Parteiensystem (prinzipiell) abgehalten wird, sich politisch zu engagieren. Die Art also, wie wir Politiker bezahlen, führt zu einem qualitätsmindernden Effekt. Es kommt zur Bildung einer falschen Elite.

Solange es ein Zwei-(einhalb)-Parteien-System gab, ging das gerade noch. Mittlerweile aber zersplittert sich in hohem Tempo die Parteienlandschaft. Damit muß sich ein Abgeordneter nicht mehr in seinem Wahlkreis etablieren, die sind kaum noch sicher. Die Wahrscheinlichkeit einer Verschiebung der Mandatsverteilung ist also hoch. Somit muß ein Politiker, der Karriere machen will, sich IN SEINER PARTEI festigen. Dazu muß er sich mit der Parteispitze gutstellen, nicht mit der Wählerbasis.  Das System bringt also Personen nach oben, die zwei Qualifikationen haben: Sie sind erstens unterdurchschnittlich intelligent, und sie sind zweitens angepaßte Karrieristen. Krall sieht das nicht als Polemik, sondern aus objektiven Tatsachen abgeleitet. Die Auswahl- und Anreizstrukturen sowie die Selektionsprozesse führen aus ihrem ökonomischen Sachverhalt heraus zu diesem Phänomen.

Das muß zu einem Kollaps führen. Denn die Politik ist der Hauptmotor beim Unterdrücken der Volatilität, auch in allen übrigen Bereichen. Wenn also diese übrigen schwarzen Schwäne auftauchen, wird die Politik kollabieren. Die Menschen werden bei der absehbaren Kulmination der schwarzen Schwäne sagen, daß "das System" versagt habe. Denn die Deutschen werden sich die Katastrophen an allen Ecken und Enden nicht gefallen lassen. Spätestens, wenn es an ihre Ersparnisse und vor allem an die Rente geht. Angesichts solcher Perspektive bleiben der Politik nur zwei Wege: Mehr direkte Demokratie (wie in der Schweiz) oder eine Art sozialistischer Einheitsbrei. Dieses letztere Stadium können wir derzeit bereits (in Deutschland) beobachten. Auch, daß in solch einer Phase eine totale Polarisierung mit der einzigen echten Opposition (die sich als außerhalb des Systems stehend betrachtet) nicht mehr aufzuhalten ist.


Morgen Teil 2)




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