Teil 2)
Zur Kritik an der monarchischen Regierungsform läßt sich sagen, daß einerseits 90 Prozent der angeblichen Schwächen des Systems auf persönliche Fehler zurückgehen. Einer dieser Fehler ist, daß demokratische Prozesse von Monarchen oft zu gering bewertet werden. Monarchen haben aus persönlichen Gründen gerne eine Neigung zu absolutistischen Regungen (wie die Geschichte zeigt). Das spielt dem Umstand in die Hand, daß das Wesen der Monarchie den meisten Menschen kaum bewußt ist, und deshalb in der Wahrnehmung verschwimmt, wo die Nachteile einer bloßen Republik liegen. Stattdessen stehen in der Kritik an Monarchen etwa persönliches Fehlverhalten oder persönliche Skandale im Vordergrund. Dazu kommen oft überzogene Erwartungen der Öffentlichkeit gegenüber einer königlichen Familie. In Monarchien entsteht deshalb gerne einmal das Gefühl im Volk, daß das, was der Herrscher könne, auch jeder andere könne.
Daß
das persönliche Fehlverhalten in Demokratien und unter Politikern nicht
nur nicht anders, sondern weit schlimmer ist, geht leicht unter. In
einer gemischten Monarchie hingegen (für die Wiszowaty eintritt) hätte
aber dennoch jeder Einzelne die Möglichkeit, sich entsprechend zu
beweisen, indem er einfach als Kandidat für das Amt des
Ministerpräsidenten antritt.
Was
das Thema von Familienklüngelei anbelangt wird in Demokratien gerne
vergessen, daß solche Klüngeleien in Demokratien um nichts weniger eine
Rolle spielen.* Wenn man nun einwendet, daß Herrschaftspositionen in
einer Monarchie nicht auf Verdienst, sondern auf Erbfolge beruhen, wird
seltsamerweise vergessen, daß auch Talente vererbt werden, und daß sie
zu ihrem Aufblühen auch ein bestimmtes familiäres, soziales Umfeld
brauchen, das sie fordert.
Wiszowaty
geht dann dazu über, die Ängste zu analysieren, die mit der Vorstellung
eines Monarchen zusammenhängen. Deren eine ist, daß kraft Erbfolge auch ein unfähiger Herrscher an die Macht kommen könnte. Und noch dazu
in Verbindung mit der Vorstellung, daß die Monarchie zu viel Macht in
die Hand eines Einzelnen lege, was einer Tyrannei Tür und Tor öffne. Das
aber ist in einem gemischten System - "demokratische Monarchie" - gar
nicht möglich, weil in dieser Form der Monarch gar nicht genug reale
Macht hat, um eine Tyrannei zu installieren. Er steht dem
parlamentarischen System gegenüber, hat andere Wirkmöglichkeiten und
-bereiche, aber keine reale Macht, in Regierungsgeschäfte einzugreifen.
Das
vielleicht größte Problem der Monarchie könnte freilich sein, daß ein
Staat zu einer "Gerontokratie" wird, also zu einer Herrschaft der Alten
führt. Etwa, wenn der Herrscher zu sehr am Thron klebt, den Weg für
einen jüngeren Thronfolger damit nicht freigibt, weil sein Amt nicht
von ihm zu lösen ist. Liechtenstein zeigt, wie es dennoch geht: Der
regierende Fürst hat seinen Sohn zum Prinzregenten eingesetzt, der
sämtliche Geschäfte führt, während er sich zurückgezogen hat, und nur
noch mehr oder weniger von außen beteiligt ist.
Ein
weiterer Kritikpunkt wäre aber gewiß auch, daß den heutigen Herrschern
vorgeworfen werden könnte, daß sich eine gewisse geistige Leere
breitgemacht hat. Daß heutige Herrscher wirklich nur noch Pomp und
Gloriae zelebrieren, "Berühmtheiten" sind, aber nichts Wesentliches mehr
zu sagen haben.
In
einem letzten Punkt geht Wiszowaty auf Herausforderungen für die
Zukunft ein. Denn es stellt sich die Frage, wie weit sich monarchisches
Bewußtsein ändern müßte, um heute noch Akzeptanz zu finden, will die
Monarchie als Staatsform überhaupt überleben. Was an natürliche Grenzen
stößt, denn wenn sie sich zu sehr dem heutigen Denken angleicht,
zerstört sie sich selbst. Wiszowaty führt drei Beispiele an, wie solche
Adaptierung gelingen kann.
Hier
wird es nun ein wenig seltsam. Denn der Pole meint, daß es ein erster
Überlebenspunkt ist, auch Frauen in die Thronfolge zu lassen. Weniger
als Reaktion auf den Feminismus, sondern als Chance, Akzeptanz zu
finden. (Der VdZ hält das für eine contradictio in adiecto.) Immerhin
ist auffällig, daß in Europa vor allem die Monarchien überlebt haben,
wo Frauen auf den Thron kommen konnten. Und was macht man in Spanien
und Holland, wo die heute noch männlichen Könige nur Töchter haben?
Der
nächste Punkt für Monarchien ist, näher ans Volk zu kommen. Wenn das zu
weit geht besteht die Gefahr, daß der Grund, wozu man eine Monarchie
überhaupt braucht, verloren geht. Denn man steht vor der Frage, ob
Monarchen eine "bessere Ausführung von uns selbst" sein sollen, oder ob
sie nicht Ideale (in Reinform) vertreten sollen, denen das Volk als
Anforderung zur Hinspannung nachzustreben hätte.
Dazu
kommt das Problem der Religionsvielfalt, die wir überall bereits haben.
Denn mit dem Monarchen sollte sich im Normalfall auch eine Religion
verbinden, die ihn und seine Ideale identifizierbar (in Wahrheit auch
korrigierbar; diesen Aspekt bringt der Pole überhaupt nicht, was fast
verwundert; Anm.) macht.
Einen
weiteren Punkt ist die EU, und wie sie sich in ihren
Demokratisierungsbestrebungen auf das Wesen von Monarchien auswirkt.
Denn die einen meinen, daß es die Monarchien aushöhlt, durch ihren
Egalitarismus abschafft, die anderen, daß gerade in der Monarchie
nationale Identität bewahrt bleiben kann.
Eine
riesige Herausforderung dabei stellt sich durch die Medien. Die im
Grunde bei Monarchen sogar einfache Menschenrechte (auf Privatheit)
mißachten, um Sensationen zu liefern. Das hat bewirkt, daß sich selbst
unter Mitgliedern von Herrscherhäusern eine gewisse Scheu ausgebreitet
hat, diese Würde überhaupt noch anzunehmen, um "leben" zu können. Denn
sie müssen in gewisser Hinsicht das aufgeben, was wir heute jedem
Einzelnen als Menschenrecht zugestehen: Sie haben keine Privatheit mehr.
Sie können nicht heiraten, wen und wie sie wollen, das muß von den
Parlamenten bewilligt werden. Sie sind sogar in ihrer finanziellen
Existenz von diesen abhängig.
Der
entscheidende Punkt aber ist, daß die königlichen Familien die
Öffentlichkeit überzeugen müssen, daß sie nicht sich und ihren privaten
Interessen dienen, sondern der Öffentlichkeit. Das ist aber die Realität
eines Herrscherhauses, es ist die einzig legitime Wirklichkeit einer
Monarchie.
Zusammenfassung:
In der Analyse der Vorteile einer Monarchie - als Mischform von
Demokratie und Monarchentum (was im übrigen die allermeiste Zeit auch in
unserer Geschichte so war! die absolute Monarchie ist eine relativ junge
Entwicklung gewesen; Anm.) - durch Prof. Marcin Wiszkowaty aus Polen
stellt sich eine solche Staatsform der heutigen Republik als deutlich
überlegen heraus. Und zwar aus rein sachlichen Gründen. Nicht zuletzt
das Fürstentum Liechtenstein zeigt, wie es gehen kann. Wiszkowaty läßt dabei einen Monarchen wie eine sinnvoll korrigierende Ergänzung zu heutigen Demokratien erscheinen.
Wenn
man aber über die Frage nachdenkt, wie eine solche Form von den
Menschen akzeptiert, ja gewollt werden könnte, so daß man
"zurückwechseln" wollte, wird einem die Kluft zwischen der monarchischen
Idee und den heutigen allgemeinen Anschauungen deutlich. Die zu
überwinden Adaptierungen bräuchte, die der Pole auch vorschlägt, die
aber dem Wesen der Monarchie glatt zuwider stehen. Was übrig bliebe wäre,
daß man das Beste an der Monarchie - und das ist das personale Element
als Fundament der Einheit eines Volkes, in seiner religiösen Rückbindung
aber auch unter einer dem König selbst übergeordneten Instanz, nicht
nur der Verantwortung, sondern vor allem der Stellvertretung, und damit
Legitimität eines ganzen Staates bzw. Volkes! - zugunsten einer
"besseren Funktionalität" aufgäbe. Damit würden aber Monarchen
tatsächlich zum bloßen Schein absinken.
*Ja
man spricht heute sogar von Oligarchien, also von der effektiven
Herrschaft Weniger, die die Politik sogar in der Hand haben. Und
Demokratien haben keine Instrumente, solche Machtkonzentrationen zu korrigieren.
*071118*