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Donnerstag, 20. Dezember 2018

Eine katholisch-jüdische Debatte (4)

Teil 4)




Erneut relativiert Morse. Denn genau dasselbe kann man über linksgerichtete Katholiken sagen. Warum wird ein Joe Biden (demokratischer Vizepräsident unter Obama) nicht exkommuniziert, der sich öffentlich für Abtreibung ausspricht? Es ist falsch zu sagen, daß Juden für die Abtreibung sind. Es sind einige linksgerichtete Juden, die sich dafür aussprechen. Gut, ja, die generelle jüdische Position ist hier liberaler als die im Katholizismus. Das geht auf einen Beschluß von Rabbinern im Mittelalter zurück. Nachdem man die Sache ein Jahr lang diskutiert hatte, kam man zum Entschluß, daß der Fötus erst nach vierzig Tagen im Mutterleib beseelt wird. Wenn man darüber nachdenke, wer die Abtreibung propagiert habe, müssen man doch auch Katholiken nennen, die maßgebend waren?!

Das weist Jones zurück. Es sind Zeugnisse von Juden selbst, die bestätigen, daß die Liberalisierung der Abtreibung in den USA von Juden ausging. Ohne sie hätte es das nicht gegeben. Dasselbe sei vom Bolschewismus zusagen: Ohne Juden hätte es ihn nicht gegeben. Sie betrieben seinen Durchbruch. Und das Problem beginnt genau dort, wohin sich Morse immer wieder zurückzieht. Wenn er sagt, daß all das nicht jüdischer Theologie entspreche. Wer aber legt das fest? Wo ist "das Judentum" definiert und erfaßbar? Wer bestimmt es? Chuck Morse? Das Judentum ist schlicht und ergreifend nicht definierbar. Also kann es auch keine Seite geben, die "unjüdisch" ist, denn jede sagt das von jenen Juden, die nicht ihren Ansichten und Interpretationen zustimmen. Das Argument, daß die Tora einen Grundstock vorgebe, der eindeutig ist, ist in dem Moment hinfällig, wo es nicht auch eine Auslegungstradition gibt, die eindeutig ist. Das aber hat es im Judentum nie gegeben.

Freilich, es zeigt sich das ganze Dilemma des gegenwärtigen Pontifikats. Denn es ist ein Jude, der darauf hinweist, daß diese Eindeutigkeit auch bei der Kirche - trotz ihrer Strukturen, durch Hierarchie klar bezeichenbar - nicht mehr gegeben ist. Und zwar durch diesen Papst. Dabei hat sogar er, der Jude, in moralischen Fragen immer wieder auf die Kirche hingehört. Es bleibt Jones nur das historische Argument: Die Kirche hat früher eine klare Position gehabt. Und dieser widerspricht das Judentum zwar, aber die Kirche hat immer festgehalten, daß das alles kein Recht darauf gibt, Juden etwas Böses zuzufügen. Umgekehrt gibt es keinem Juden das Recht, die Moral, den Glauben, die Ordnung einer Gesellschaft zu attackieren. An sich ist aber das Evangelium klar "anti-jüdisch", man lese nur das Johannes-Evangelium. Es gibt zwischen Judentum und Katholizismus einen Konflikt, der niemals beseitigt werden kann.



Morgen Teil 5)







*021118*