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Mittwoch, 5. Dezember 2018

Wie denn Katholiken noch leben können

Der Grund, warum der VdZ dieses Interview mit E. Michael Jones hier einstellt liegt in seinen Aussagen der letzten Viertelstunde. Denn sie decken sich mit den Schlüssen und Erfahrungen, die auch der VdZ gezogen bzw. gemacht hat. Die Interviewer fragen ihn, was man als Katholik heute machen solle. Die Partei (Republikaner) reformieren, sich in großen Bewegungen (Latin Mass) engagieren? Jones weist auf die Gruppe hin, die sich in Indiana zur Alten Messe regelmäßig einfindet. Sie kommen oft aus weiten Entfernungen, und sehen sich jeden Sonntag. 

Aber das führt zu nichts. Das ist eine Gesellschaft, nicht das, was wirklich katholisches Leben und katholische Familien brauchen. Katholische Familien brauchen eine gemeinsame Kultur, sie brauchen "ethnic-religious neighbourhood". Sie brauchen also ein alltägliches gemeinsames Leben. Aber seltsamerweise sind kaum Leute dazu wirklich willens. Alle Ansätze, die er bisher kennengelernt hat, haben sich wieder aufgelöst. Denn sie wollen den Kulturkampf in ihrem lokalen Raum nicht durchstehen. Klarerweise haben sie da nämlich mit allem zu tun, was eben heute die Gesellschaft so destruiert. Vor allem mit Politikern, die ganz sicher nichts für sie tun werden, weil ihnen dann der Wind des Zeitgeists ins Gesicht bläst. 

Los aber, los sagt Jones, und engagiert Euch auch politisch in der unmittelbaren Gemeinde, wenn es sich ergibt. Engagiert Euch in den Pfarren und Gemeinden, auch wenn man Euch dort nicht lieben wird. Aber dort muß es durchgestanden werden. Engagiert Euch auch in der Politik, und zwar in der Gemeindepolitik. 

Nicht in den großen Dingen, großen Verbänden, landesweiten Organisationen. Große Entwürfe haben heute keinen Sinn mehr, diese Zeit ist vorbei. Lokal muß man handeln, lokal muß man ein katholisch geprägtes Leben führen, in das auch die Familie eingebunden ist. Auch er geht zumindest wochentags jeden Tag in die Messe in seiner geographischen Heimatpfarre. Obwohl er dort sicher keinen guten Stand hat. (Nur am Sonntag fährt er in die Notre Dame Kathedrale, weil es dort so schöne Musik gibt.)  Darüber hinaus hat er freilich einen Kreis von gleichgesinnten Menschen, der nicht nur lokal ist, wo jeder frei sagen kann was er denkt, ohne Angst haben zu müssen, dafür angefeindet zu werden. 

Aber jede andere Lösung ist sinnlos und wird zu keiner Erneuerung führen, vor allem aber wird er die Sehnsucht jedes Katholiken nicht erfüllen, ein ganz normales Alltagsleben führen zu können, das nicht im Widerspruch zu seinem Glauben steht, wo er nicht pausenlos Kompromisse eingehen und Kämpfe führen muß. Mehr ist heute nicht möglich, von der großen weiten Kirche ist schon gar nichts zu erwarten. Aber diese lokale Form ist möglich. Und sie entspricht auch dem Prinzip der Kirche: 

Ein "Leben, das katholisch ist" und über den Kult zur Kultur wird, deshalb lokal verwurzelt sein muß. Nicht ein universalistisches "katholisches Leben". Kirche ist keine Gesellschaft. Sie ist eine Gemeinschaft.

Auf die Frage, ob sich die gegenwärtig sehr bemüht initiierte Gentrifizierung der Altstädte nicht bestens eignen würde, solche Gemeinschaften und Räume aufzubauen, antwortet Jones verneinend. Gerade diese Gebiete sind oft die Domäne von Linken und Homosexuellen, und werden auch von den Stadtverwaltungen ("Stadterneuerung") entsprechend forciert. In ihnen aber steht ein sehr aggressives Potential solchen Lebensversuchen direkt entgegen. Obwohl man sich vor ihnen nicht fürchten sollte. Denn auch das ist oft zu beobachten: Daß Katholiken diesen Strömungen gegenüber stark zurückweichen, und damit viel Terrain kampflos hergeben.

***

Ein Punkt aber denn doch noch. Zumal der VdZ festgestellt hat, daß sich viele "konservative Katholiken" (die alle mit denselben Problemen kämpfen) sehr für Mel Gibson interessieren. Der ja in einigen seiner letzten Filme, aber auch durch andere Äußerungen, recht interessante Fragen stellt. (Man nehme "Die Passion Christi" oder "Apokalypto", und angeblich bastelt er derzeit an einem Film über die Auferstehung Christi.) Die einen Katholiken betrachten ihn deshalb als "einen der ihren". Die anderen aber lehnen ihn strikt ab wegen seiner fallweisen Skandälchen und Eskapaden.

Jones wird hier gefragt, was nun er von diesem Mann halte. Und er bringt es sofort auf den Punkt: Mel Gibson ist ein Schauspieler. Schauspieler sind aber ein Vakuum. Sie brauchen ständig eine Rolle. Und in diesem Vakuum kämpft Gibson gegen den Einfluß seines etwas starrsinnigen Vaters (den Jones, wie er sagt, ganz gut kennt; Mel sei er aber noch nie begegnet), der sich einer schismatischen Gruppe (wie man hört: Sedisvakantisten) angeschlossen hat, und zu allem und jedem eine vorgefaßte Meinung hat, von der ihn niemand abbringen kann. Gibson geht einen anderen Weg, kämpft aber mit seinen Unbeherrschtheiten und Leidenschaften. Das tun wir zwar alle, aber Gibson hat niemanden, der ihm inneren Halt gäbe. Ihm fehlt deshalb Vernunft, ihm fehlt der die Vernunft tragende logos. Der erst kann auch in diesem Vakuum Halt - also eine Rolle im Leben - geben.








*221018*