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Sonntag, 9. Dezember 2018

Splitter zum Tag (1)

Was ist die Postmoderne im Grunde? Sie ist der Ersatz der Gestalt (und der Wahrheit, die in ihr liegt) als Wesen und Ort durch Funktionen. Oder, wie Rosmini es einmal schreibt, verdinglicht ein Abstraktum. Also: Da heißt es, daß die Präsenz des Vaters entscheidend für die Entwicklung eines Kindes ist. Aber anstatt den König König sein zu lassen - präsent, aber nie anwesend (im Sinne von "zugehörig", weil alles ihm gehört, von ihm bestimmt wird), damit Punkt und Richtungsbild der Selbsttranszendierung - kuscheln Väter, spielen und wickeln und fahren den Kinderwagen spazieren. Und teilen sich die Hausarbeit "gerecht". (Aha, also doch: Ein neuer Gerechtigkeitsbegriff, sieh an.) 

Heinz Christian Strache in der Rolle als neuer Vater. In zweiter Ehe, übrigens. Nun plötzlich laut Zeitung (wieder) "verheiratet", nächstes Jahr sogar "kirchlich", wie die Kronen Zeitung in einem liebdienerischen Portrait anläßlich der bevorstehenden Geburt des dritten Kindes von H. C. Strache schreibt.

Oh nein, wir wollen nicht richten, nicht verurteilen, das Leben ist komplex und kompliziert. Das geht uns alles nichts an. Aber es geht uns etwas an, wenn sich der Chef der Aufmischerpartei FPÖ als Softie präsentiert, der allem widerspricht, was überhaupt ein Land kurieren könnte. Und aber genau das meint, dem Land verordnen zu können: Eine Kur zum Besseren. Und dabei den Postmodernismus nicht einfach verkündet, wie die kastrierten Linken vorgeben, sondern tatsächlich als gelingen könnendes Modell des Neuen Menschen vorlebt. Ohne Gestalt, ohne Wesen, ohne Ontologie, nur mit Verhalten und Wuschelkuschelgefühlen.

Denn Mann und Frau sind ja gleich. Sagt H. C. Strache wörtlich. Laut Kronen Zeitung. Wenn es zu "Ungleichheiten" kommt, sind es höchstens persönliche Launen, man versteht, so ein Mann der Politik, der ist eben mal auch überlastet und mit den Nerven am Ende. Drum machen wir auf neuen Politiker, indem wir vollenden, was die Postmoderne vorgetanzt hat: Perversion. Umkehr. Pervertere. Nun ist das subjektive Gefühl wichtig. Nicht die Selbstüberschreitung auf ein Amt, ein hohes Amt (Vizekanzler und Minister!), sondern das schmeißen wir, wenn es uns ins Gefühl paßt. Und nehmen Vati-Urlaub. Heim zu Mutti und Butzi. Ach wie lieb! Genau das hat uns gefehlt. Die neue Art. So gefühlig. Wird sicher beliebt, der HC. So viel Herzwärme wäre nicht einmal den Linken eingefallen, das hätte sich kein Linker getraut.

Naja, aber gut, diesmal ist es wirklich die Frau, oder keine, wie Strache sagt. Moment. War das nicht schon vor ein paar Jahren auch eine? Die eine Boutique (oder sowas) hatte? Der Leser möge dem VdZ helfen, er erinnert sich manchmal schwach an Details. Auch damals gab es doch einen langen Artikel in der Kronen Zeitung. Na, also gut. Diesmal stimmt es ja. Beim dritten Anlauf. Oder so.

Wundert es da noch, daß eine der ersten Mitverantwortlichkeiten, die die FPÖ trug, kaum war sie an der Regierung, die der (zumindest mitgetragenen) Zustimmung zur "Ehe für alle" galt? (Natürlich, es war "alternativlos".) Jetzt wissen wir endgültig warum. Weil es dem FPÖ-Chef auch in den Kram paßt. So ganz persönlich sozusagen. Na wenn der Verfassungsgerichtshof (links qua Bestellung dominiert, die SPÖ ist weit weniger blöd, als man meinen könnte, wenn es um Realia geht, die Gesellschaft substantiell zu verändern) das sagt ... wer sind wir, um zu urteilen, oder so? Daß ein Herr Kurz dasselbe äußerte, fällt da nicht mehr ins Gewicht. Schicksal, nicht?

Hollareidulliöh. Da ging es doch nie um etwas anderes als darum, endlich auch am Tisch der Fetten und Reichen und Anerkannten mitnaschen zu können. Jede Pointierung, jede Abhebung war da nur Mittel zum Zweck. Oder der Trotz des Fünfjährigen. Wie das Scheinthema Migration. Bis heute hat die FPÖ kein substantielles, der AfD vergleichbares Positionenpapier. Das Sekundärproblem (auch weil es direkt fühlbar ist, schon gar, wenn man darauf - via Kronen Zeitung, übrigens - aufmerksam macht; wie das Wetter, übrigens, als Ausflucht für "Klima" gilt; und: War der heurige Sommer nicht supertoll heiß?) Migration reicht. Und alle sind zufrieden.

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Denn was macht H. C. Strache da? Herrschaften, genau das, was sämtliche "konservative" Parteien seit vier, ja fünf Jahrzehnten (und länger, und länger!) machen, und zwar je mehr "christlich" ihr Anspruch (nominell) ist, desto mehr: Sie versuchen - Konvertiten, allesamt: Konvertiten! - der Welt zu beweisen, daß sie die besseren Linken sind. Sie sind ans linke VORBILD gebunden, hängen an denselben Ikonen und Anbetungsbildern. Und denen wollen sie genügen - freilich mit der Quasi-Ration der Konvertiten. Selber aber im selben Sumpf, ja noch tiefer - siehe den Homosexuellen Jörg Haider (der immer einen Sozialisten als Vorbild und politischen Ziehvater hatte, den ehemaligen Landeshauptmann von Kärnten, Wagner), siehe Hans Christian Strache, den Streichelzoo- und Wickel-Vater. (Vielleicht wird er nun täglich um halb sechs aus dem Büro gehen, um "das Aufwachsen seines Sohnes mitzuerleben"; was sind das nicht doch alles für Menschen, wie Du und ich!)

Und auch das ist klar. Wo innen die Substanz des Eigenen fehlt, eben das Außenbild, muß die Grenze umso willentlich-ideologisierter, prononcierter gestützt werden. 

Nun können, nun dürfen, ja nun "müssen" sie (aus "ach wie tiefer politischer Weisheit und notwendiger praktischer Einsicht") ihre eigene Vernichtetheit hervorstreichen.  Sie waren nie mehr als Teil der linken Zerstörtheiten, und sie versuchen nun - egal aus welchen Gründen - INNERHALB dieser Zerstörtheit das "Gute" nominell zu retten. Nominell. Verbal. Positivistisch. Die wirkliche Substanz fehlt der FPÖ seit je. (Wie schon die Mutter des VdZ immer sagte: "Dieselben Buberlgesichter wie 1933 ..."). Wenn es welche gab, dann durch (wenige) Getäuschte.

Niemand hat linke gesellschaftspolitische Forderungen derartig konsequent und brutal umgesetzt, ja durch "Wirtschaftspolitik" (die seltsamerweise nur Industriellen-, Großkapitalpolitik war, die Mittelschicht wurde weiter ausgerottet) wie die ÖVP seit den 1980er Jahren, als sie gegen Kreisky (SPÖ) chancenlos war. Mit der FPÖ haben wir dieselbe Größe ins Kartenblatt bekommen.

Wer "die Werte des Abendlandes verteidigen" möchte sollte aber vor allem einmal versuchen, diese Werte selbst zu pflegen. Denn sonst wird diese Verteidigung flugs zur Verteidigung der Un-Werte.

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Genau darum geht es auch beim Besuch von Kanzler Kurz (für die, die es nicht mehr wissen: Ein Buberlgesicht aus Österreich) in Addis Abeba. Ach was für ein Schub in der Entwicklung spielt sich dort derzeit ab! Und alles ist der Demokratie zu verdanken! Und einer neuen Generation, die am Werk ist. Der "jüngste Kanzler Afrikas (auch er ein Buberlgesicht) begrüßt den jüngsten Kanzler der Welt" heißt es in der Kronen Zeitung. Einem der perfidesten Oligarchenmedien der Welt, ausersehen, ein ganzes Volk unter die Fuchtel zu kriegen, weil es das Kraft seiner Verbreitung einmal konnte.

Auflösung der Form, Auflösung der Gestalt als Rezept zur Weltrettung. Genau das spielt sich da offenbar ab. Und wie viele Frauen da in der Regierung sind! Bewundernswert. Das muß ja in ein neues Zeitalter münden. Lösen wir die Gestalten auf, deren Wahrheit, deren Wesen, machen wir auf "technische Eigenschaften", machen wir auf "zuerst Handeln, dann Denken", und alles wird gut.

Erfolg ist Ablaufoptimierung, schon vergessen? Welchen Ablaufs? Ach, ist doch gleichgültig. Kurzfristig muß es sein. Und irgendwelche statistischen Wohlfühl-Zahlen nach oben schubsen. Dann ist alles gut. Unter uns, uns dauerpubertierenden Kuschelwuschels.

Lieber Gott (flehentlich!) - bewahre uns vor dieser Generation von "Jungen"! Denn dann ist wirklich Jüngster Tag. Und wir lieben die Welt, das Leben doch so! Freilich, Du hast Recht. Wir haben Strafe, ja schwere Strafe verdient. Du läßt deshalb nur noch Geißeln aufkommen. Du läßt uns diese Geißeln begrüßen. Sich etablieren. Aber eines Tages werden wir auch spüren (müssen), was sie bereits heute an Schlägen austeilen. Die wir in unserer Gefühligkeitswolke nur nicht merken.


Morgen Teil 2) Das nächste Buberlgesicht, die nächste Geschichte - 
Emmanuel Macron






*081218*