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Samstag, 1. Dezember 2018

Ein Archetyp, nur in je anderem Kleid

Noch einmal Fred Astaire, diesmal mit Rita Hayworth, in einer legendären Tanzszene aus einem Film, dessen Verwertungsrechte wohl eine Veröffentlichung der Originalszene auf Youtube verhindert hätten. Was den VdZ erst verärgerte, entpuppte sich bald als verblüffende Metapher. Denn wo ließe sich die Archetypik der Bewegung, des Rhythmus besser ablesen als an einer Tanzszene, zu der eine völlig andere, später komponierte Musik paßt, als wären beide füreinander geschrieben? Sagt das nicht etwas aus: Daß nämlich das Leben eine einzige Folge von Archetypen, seine Konflikte, seine Geschichte ein Fortgang eben dieser selben Archetypen ist, vom Anfang bis zum Ende 

So daß es also eine rechte Täuschung ist, in der heute so viele meinen, ach wie originell zu sein. Und in der faktischen Geschichtskleidung der Gegenwart etwas "ach so Eigenes" zu erblicken. Ist nicht der heutige Individualismus überhaupt eine lächerliche Illusion? War irgendetwas denn nicht schon längst da?

Herrschaften von der Millenniums-Generation, mit dem Anspruch, die Tradition ablehnen zu dürfen, weil das alles überholt sei und dem Neuen im Wege stünde - also denn: Neues, bitte, liefert endlich Neues! Nicht nur aus Unkenntnis einen Abguß von bereits stinkendem, abgestandenem Alten. Das vom Alten weit übertroffen wird, weil es dort viel perfekter war. Unseren "verstaubt denkenden" Generationen war wenigstens noch klar, daß wir erst einmal das Vergangene übertreffen müssen, um dann - wenn - etwas Neues schaffen zu können. Wir waren im Gegensatz zu Euch aber nicht dumm genug, um das Alte zu verwerfen, das wir selber nicht einmal bis zum Saum erreicht haben. Wir wußten, daß man nur entwickeln kann, was man eignet.

Wer sich die Vergangenheit nicht angeeignet hat, der ist eben verurteilt zum Epigonen. Zum lächerlichen, nachlaufenden Rad, das im Staubbeutel der Geschichte endet. Nur eine Kunst, die das Vorhandene kennt, versteht, also nicht ablehnt, sondern schätzt und achtet, wird nicht simpel vom immer gleichen, aber unbekannten Material überwältigt, sondern kann wirklich Neues schaffen.

Das gilt bei weitem nicht nur für die Kunst, übrigens.

Aber noch etwas kann gesagt werden: Daß man die Kunst nicht einfach nach Etiketten, nach verbalen Äußerungen etc. beurteilen sollte und darf.  Der Mensch sucht sie nicht - zumindest nicht primär - wegen der Detailaussagen. Sondern wegen dem, was sie archetypisch in sich trägt. Und diese Archetypik, die vor allem eine Struktur des dramaturgischen (=erzählerischen, also letztlich grundlegend vermittelten) Aufbaus ist, hat sich allen Unkenrufen zum Trotz bis in die späten 1960er Jahre, in manchen Bereichen noch 10, 20 Jahre länger, nicht verändert. Das vergißt man gerne in der realen Beurteilung. Auch des Rock'n Roll. Wer die Songs eines Elvis Presley unter diesem Gesichtspunkt ansieht, könnte sich wundern, wie "konventionell" sie waren. Vergessen wir also die Inhalte, sozusagen, zumindest die, die nicht Englisch als Muttersprache haben. Denn das ist das Entscheidende an Inhalten und ihrer Wirkweise bzw. als Kunstelement.

Die Formenzerstörung und -ignoranz (als letztlich unkünstlerisches, nur noch effektives Element) erst war das eigentliche, globale und revolutionäre Moment, und das setzte erst später ein. Aber dann radikal. Heute haben wir es in der "Musik"-Kultur der Gegenwart gar nicht mehr mit Musik oder Kunst, sondern mit psychedelischen Trancezuständen zu tun.








*210918*