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Erneut gilt der Dank Leser B, der auch dieses Video "abschrieb" und den (spontan) gesprochenen Text somit dem Leser auf diese Weise zugängig macht.
Wir haben also, wenn wir
davon sprechen, daß das Wort, die Sprache damit, auf einen Eid
zurückgeht, auch davon gesprochen, daß damit alles Sprechen und
damit alles Denken auf ein persönliches Verhältnis zurückgeht.
Jetzt könnte man sagen, ja, wie kommt man dazu? Wir glauben ja heute
doch etwas anderes, wir glauben, daß das Denken doch eine Art Summe
aus irgendwelchen rationalen Gegebenheiten, Tatsachen ist.
Wir kommen auf den Punkt,
zu überlegen, woraus setzt sich Rationales denn überhaupt zusammen?
Und werfen wir hier einen Mann ein, der sehr wenig bekannt ist, und
das hat einfach damit zu tun, glaube ich, daß sein Denken sehr sehr
korrekt war, aber damit eine hohe – wir greifen vor – eine hohe
Sittlichkeit voraussetzt und damit eine ganz große Anstrengung
bedeutet. Eine ganz große momentane Prüfung von Moment zu Moment –
Prüfung – ob das, was ich denke, wirklich wahr ist, mit der
Wirklichkeit übereinstimmt. Denn das ist ja Wahrheit, eine
Adäquatio, also eine Adäquatheit des Denkens der Begriffe
des menschlichen Denkens mit der Wirklichkeit, mit dem Sein.
Wir kommen also auf einen
Österreicher zurück, der Kurt Gödel geheißen hat und der seine
Hauptwerke Ende der 1920er, Anfang der 1930er Jahre im Rahmen des
sogenannten Wiener Kreises, verfaßt und gedacht hat. Aber auch
innerhalb des Wiener Kreises, aus dem Leute wie Karl Popper oder Kurt
Wittgenstein hervorgegangen sind, nicht wirklich die große Karriere
gemacht hat, dann noch nach Amerika gegangen ist, geflohen vor Hitler
usw. und dort ein sehr enger Vertrauter von Albert Einstein war. Wie
man den Biographen glauben kann, haben sie sich täglich auf ein
mehrstündiges Gespräch getroffen und Einstein, so heißt es, war
sehr beeindruckt über Gödels Gedanken. Gödel hat nämlich mit
einer mathematischen Präzision nachgewiesen, daß alles Denken auf
ein persönliches Verhältnis, ja, auf ein persönliches Annehmen
zurückgeht.
Er ist damit nicht der allererste, es gab schon andere,
mehrere, Henry Poincaré zum Beispiel. Aber er hat gezeigt, daß das
Denken aus sich selbst heraus, nicht begründbar ist, damit auch
nicht die Mathematik begründbar ist, auf den sich unser heutige
Wissenschaftsanspruch so gerne beruft, sondern, daß auch alle
Mathematik, also die angeblich oder scheinbar oder präziseste aller
möglichen Denkarten auf Persönlichem bzw. auf Annahmen beruht und
eigentlich damit auf einem Glauben beruht, auf einer Annahme, wie die
Welt ist, also auf eine Gesetztheit - und damit auf einen
persönlichen Akt.
Ich habe, um diese
Gedanken nachzuvollziehen, ich sage es ganz ehrlich, zwei Wochen
gebraucht, zwei Wochen nur mich mit dem zu befassen, um das
nachzuvollziehen, und ich würde heute wieder zwei Wochen brauchen,
um es Ihnen oder egal wem auseinandersetzen zu können, warum das so
ist.
Man muß da wirklich sehr
sehr genau vorgehen. Aber dann läßt es sich nachvollziehen.
Gödel ist sehr tragisch
geendet. Er ist verhungert im Grunde, in Amerika, aber nicht, weil
man ihn hat verhungern lassen, sondern weil er in einen ganz
seltsamen Obskurantismus gefallen ist, in Spiritismus, das heißt, er
hat alles Mögliche geglaubt, geistiger Seelenspuk usw. Er hat halt
kein Glaubensgebäude gefunden, indem er das Geglaubte in eine
rationale Form bringen konnte.
Wir haben hier etwas sehr
Wichtiges. Glaube muß gegeben werden und damit muß auch das Denken
gegeben werden. Das widerspricht unserem heutigen Anspruch, indem wir
voller Stolz sagen, wir können alles selber denken, wir können auf
alles selber kommen, jeder einzelne kann das alles aus sich selbst
heraus. Nein. Wir verdanken uns, wir verdanken unser Denken unseren
Eltern, unseren Vorfahren, unserer Umgebung, der Allgemeinheit. Und
das, was wir dazu beisteuern, ist meist nur etwas ganz ganz ganz ʹwas
Kleines - meistens eigentlich, ganz etwas Kleines, aber darauf kommt
es auch gar nicht an.
Nächsten Sonntag 3. Teil
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