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Dienstag, 15. Januar 2019

Benedict XVI. IST zurückgetreten. Warum Ann Barnhardt irrt. (2)


Teil 2) Warum deshalb der Rücktritt von Benedict XVI. rechtsgültig ist. 
Oder liegt ein Irrtum im Vollzug?




Der Kern des Rücktritts - der also den "Rechtstatbestand des Rücktritts" erfüllt - ist im mittleren Abschnitt hervorgehoben. Er wird auch nicht relativiert oder ähnliches. In den Augen des VdZ IST das ein rechtlich gültiger Akt, der alle Elemente enthält und nichts ausschließt oder einschließt, das eine Ungültigkeit bewirken würde: Er verzichtet auf die Ausübung des Bischofs von Rom (der traditionell der Erste unter allen Bischöfen, also der Papst ist), und er nennt den Tag ab dem er zurücktritt. Er macht sogar deutlich, daß ein neuer Papst gewählt werden muß. Auch das ist der klare Hinweis darauf, daß Benedict XVI. Ratzinger genau wußte was er tat, und sein Rücktritt deshalb rechtlich gültig ist, sonst hätte er selber nicht die Notwendigkeit einer Wahl eines neuen Papstes (ohne Einschränkung) erwähnt.

Was immer später dann noch nachgeschoben wurde, und was tatsächlich die Sachlage vernebeln könnte (und Ann Barnhardt scheint darauf auch hereinzufallen) ist dann das, was Barnhardt richtig als irrelevant abtut. Dazu gehören die vielen später gemachten Äußerungen, dazu gehört auch das seltsame Verhalten des ehemaligen Papstes, der tatsächlich so tut, als wäre er ein Nebenpapst. Aber das Fehlverhalten liegt dort, nicht im Rücktritt selbst! Alle Erklärungen (etwa über die Ungebrochenheit seines Dienstes an Christus etc.) sind als Allegorien keineswegs rechtliche Akte, sie sind eben fromme Umdeutungen. Oder auch - Irrtümer, glatte Irrtümer.

Ein Rechtsakt wird auch nicht ungültig dadurch, daß sein Vollzug unvollständig oder nur allmählich geschieht. Auch als das könnte man ja manches am Verhalten em. Papst Benedict XVI. sehen: Vollzugsvernebelung. Sein volles Potential lag in der Erklärung (siehe oben), und alles andere ist ein (einklagbares, einzuforderndes) Säumnis, aber keine Ungültigmachung. Wenn Sie, geneigter Leser, ein Auto verkaufen, aber die Sitze nicht herausgeben, weil die so gut in Ihr Wohnzimmer passen, macht das den Autoverkauf nicht ungültig. Es wäre also an Franziskus, den vollständigen Vollzug des Rücktritts seines Vorgängers einzufordern. Warum der jetzige Papst das nicht macht, liegt aus ganz anderen Gründen auf der Hand.

In solche Verschlampungen und Verwischungen läßt ja sogar ein philosophischer Irrtum erkennen, wie er sich sowohl in der Theologie des vormaligen bzw. frühen Josef Ratzinger findet. Wie überhaupt in kirchlichen Dokumenten und Handlungen, die seit dem Zweiten Vatikanum (aber auch schon vorher, als Strömungen) in Massen die Gläubigen verwirrt haben. Es ist die Frage nach der Ontologie, nach dem das Sein Begründenden des Seienden. Das in der "nouvelle theology" in ein graduelles Sein verschoben wurde. Wo die Dinge nicht mehr in einem punkthaften (wobei dieser Punkt als dinghafter, welthafter, fleischlicher, materialer Punkt noch nicht vorhanden ist, er ist ein Akt des Wortes), aber entscheidenden, einmaligen Akt "geboren" sind, sondern in ihrer Existenz "graduell" sind. 

Seit dem Zweiten Vatikanum ist die Kirche (um das soeben Gesagte zu illustrieren) nicht mehr die Kirche, sondern ein allegorischer Begriff, der den "anonymen Christen" ebenso kennt, wie alle Getauften, selbst wenn sie sich (wie im Protestantismus) von der Kirche abgewandt haben. (Aufgehängt am "subsistit in", wie es irrtümlich formuliert wurde.) Damit hängt eng zusammen eine theologische Entwicklung, die den "Stellvertretungsbegriff", also die Universalia (die auch die begriffliche Klärung der Erlösung durch Jesus Christus ist), neu definiert, wir haben darüber schon hier gehandelt, und werden es wohl noch weiter versuchen.

Kurz gesagt: Man trennt dabei Eigenschaftlichkeit und ontologischen Bestand, stellt deren Verhältnis auf den Kopf. Ein Ding kann also dann auch ein Ding sein, wenn es zwar nicht das Ding IST, aber seine oder manche seiner Eigenschaften aufweist. (Im Fall der Kirche hat das mit einem Mißverständnis in der Anthropologie zu tun, die die Freiheit des Menschen nicht mit-konstitutiv sieht.)

Aber Dinge werden eben nicht durch Eigenschaften gegründet, sondern die Eigenschaften kommen aus der Gründung, und sind in ihr enthalten. Agere sequitur esse - Das Handeln folgt dem Sein. Nicht umgekehrt. Viele der heutigen Irrtümer hängen an diesem einen Irrtum.

Richtig liegt Bernhardt deshalb in manchen Punkten schon, betrachtet man sie isoliert. Denn man kann tatsächlich nicht - posthoc in diesem Fall! - eine ontologische Sachlage einfach verändern. Auf den Punkt gebracht sieht das so aus, daß em. P. Benedict XVI. aus bestimmten Gründen den Schock, den sein Rücktritt bei manchen Kreisen ausgelöst haben mag, abzuschwächen versucht hat, die mit dem neuen Papst alles andere als einverstanden waren. 

Alle diese Äußerungen von em. P. Benedict XVI. (und anderen) wirken wie der (praktisch-taktische) Versuch, einem Auseinanderbrechen der Kirche vorzubeugen. Auch den "Konservativen" soll damit Futter gegeben werden. Die mit Benedict XVI. in seinem theologischen Verständnis von Kirche und Glaube einverstanden waren, ihn also für orthodox hielten. Eine Einschätzung, die sich mittlerweile bei so manchen aber schon etwas relativiert hat.  

Wenn man so will: Man könnte sie auch als Akt der Täuschung begreifen, mit dem ein desaströses Pontifikat Akzeptanz "erschleichen" will. Und würde insofern perfekt in das Charakterbild von Jorge Bergoglio passen, wie es auf diesen Seiten schon vor Jahren portraitiert wurde (und sich vollauf bewahrheitet hat.)

Alles andere, wie die Mutmaßung, daß Benedict XVI. unter Zwang abgedankt hätte, sind reine Spekulationen. Em. P. Benedict XVI. hat sie immer zurückgewiesen und nichts deutet darauf hin, daß er das - vielleicht in einer heimlichen Bemerkung, was auch immer - nie so gemeint hätte, sondern aus weiterer Furcht heraus diesen Zwang oder Erpressungstatbestand etc. (der seinen Rücktritt tatsächlich ungültig machen würde, so wie auch jeden weltlichen Rechtsakt) so täte, als wäre dies nie der Fall gewesen. Also lügen würde, und sei es aus Angst.


Morgen Teil 3) Aber was ist, wenn sich Benedict XVI. woanders geirrt hat?





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