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Freitag, 11. Januar 2019

Es gibt doch noch kluge Linke

Da kann man nicht viel bemäkeln an dem, was da der österreichische Historiker Hannes Hofbauer zum Thema Migration zu sagen hat. Der Mann hat offenbar Ahnung von Geschichte und Zusammenhängen. Und verbindet die Migrationswelle, die Europa trifft, mit Kapitalismuskritik. Darin wirkt er recht kompetent und außerdem - informiert. Denn schon daran mangelt es so vielen. 

Hofbauer versteht nicht, wo der Sinn - im Sinne der Linken - liegen soll, Migration nach Europa zu begrüßen. Die sozialen Folgen für die Herkunftsländer sind katastrophal. Hofbauer nennt das beim Namen: Die syrischen jungen Männer, die Europa überschwemmt haben, waren doch im Grunde Deserteure. Die davor davongelaufen sind, in Syrien die IS zu bekämpfen. Was soll es aber für einen Sinn haben, wenn Männer aus ihren sozialen Zusammenhängen der Heimatländer herausgerissen werden, um hier untergeordnete Positionen zu bekommen (wenn sie sie überhaupt bekommen). So werden auch hiesige Arbeitnehmer gehörig unter Druck gesetzt. Das kann - bitte schön - doch keine linke Agenda sein?

Und es kann auch nicht linke Agenda sein, die Hauptakteure "pro Migration" - die Großunternehmen! - unter der Decke der "Flüchtlingshilfe" zu verbergen. Merkel, so Hofbauer, ist doch nicht zufällig Vorsitzende einer (Groß-) Unternehmerpartei. Die sind an einer Lohnsenkung interessiert, der mit der Zuwanderung verbunden ist. In diesen Migranten, die noch dazu unter falschem Vorwand ins Land kommen (bzw. kamen), als Migranten "Asylstatus" beanspruchten, hat man noch dazu ein äußerst willfähriges Arbeitskräftepotential. Denn man kann hier leicht mit Ausweisung und Existenzentzug drohen. Der IWF (Internationaler Währungsfonds) hat sogar an Berlin die Empfehlung gegeben, die Mindestlohnregel für Migranten außer Kraft zu setzen. Wem soll das dienen? Den Migranten, deren Hoffnungen doch so gut wie nie aufgehen, weil sie hier die Unterschicht bilden?

Aufs Inland wirkt diese Zuwanderung außerdem deregulierend, und zwar sowohl für den Arbeits- als auch den Wohnungsmarkt. Und insgesamt wird das soziale Gefüge zerstört. Das beabsichtigt der Wirtschaftsliberalismus, der die staatliche Einheit und Souveränität aushebeln will, um schalten und walten zu können, wie es den Interessen des Großkapitals genehm ist. Dem isolierte, auf sich geworfene Menschen viel nützlicher sind. Sie sind leicht beherrschbar.

Alle diese jungen Männer, die hier in Massen zuwandern, fehlen aber doch den Herkunftsländern! Bulgarien etwa hat in den letzten 15 Jahren 20 Prozent Bevölkerungsverlust gehabt. Noch dazu bei der produktivsten Bevölkerung. Wie soll das Land je auf die Beine kommen? Auch die Ost-Bundesländer Deutschlands hatten 16 Prozent Bevölkerungsverlust, dasselbe Problem also.

Warum war und ist die Linke dennoch so für Zuwanderung? Weil sie, so der österreichische Historiker, das individuelle Schicksal der Menschen mit den wirklichen Zusammenhängen verwechselt hat. So zählte die "Caritas" mehr als das objektive Geschehen. Noch dazu hat man gar nicht berücksichtigt, daß die vielzitierten "Ursachen für Migration" hauptsächlich in kapitalistisch-liberalistisch ausgerichteten, unfairen Handelsverträgen mit den sogenannten Herkunftsländern bestehen, die die dortigen Sozial- und Arbeitsbedingungen zerstört haben. Denn die Voraussetzungen für wechselseitige Marktöffnung sind ja unverhältnismäßig unterschiedlich. 

Beispiel Ghana. Wo europäische Exporte die ansässige Landwirtschaft nahezu ausgelöscht hat, weil die vielen Kleinbetriebe dort mit den europäischen Preisen nicht konkurrieren konnten. (So nebenbei: Sämtliche Argumente, die die Segnungen dieser Marktöffnung - im speziellen Fall - feiern, sind ... statistischer Natur.) Wo sollen also die jungen Ghanaer noch Arbeit finden? In Europa ... so hoffen sie zumindest. Man schuf also die Fluchtursache, die man jetzt bekämpfen will, selbst!

Zum UN-Migrationspakt sagt Hofbauer, daß das zum einen ein recht theoretisches Gefasel ist. Denn solange die sozialen Unterschiede auf der Welt so groß sind, kann so ein Abkommen gar nicht funktionieren. Zum anderen aber ist ein "Recht auf Migration" nur Unterfütterung des liberalen Großkapitalismus, dem alleine es dient. Es gab ja schon mit der Migration nach Amerika ab dem 18. Jahrhundert, die mit Menschen in Abhängigkeit (und auch Schleppern) arbeitete, aber auch mit der ersten Gastarbeiterwelle seit den 1950er Jahren ein Vorbild für die Gegenwart.*

Im Grunde arbeitete Hofbauer bestätigend heraus, was auf diesen Seiten seit je zu lesen ist: Die Verlagerung der Linken auf "Identitätsfragen" (freie Sexualität, LBGT, Gender etc. etc.) ist eine elegant gesteuerte Umlenkung der politischen Energie auf Subjektives, Höchstpersönliches, öffentlich aber Wirkungsloses. Weil das Objektive, die großen Vorgänge, die erst das Leben wirklich zwingen, völlig ins Hintertreffen gelangen, ja vergessen wird. Hauptsache, das Leben bleibt süffig. Hauptsache man fühlt sich subjektiv wohl. Hauptsache, der Drogenpegel durch "Soma" (A. Huxley) stimmt. Der Kapitalismus sichert dieses Wohlgefühl, dafür überlassen die Menschen das eigentliche Leben, das objektive Leben und dessen objektiven Sinn, anderen.

Tja, da könnte man sich fast wieder als Linker fühlen. Es lohnt sich, diesem Gespräch zu folgen.






*Man könnte es doch auf einen einfachen Nenner bringen: Die europäische Industrie sieht sich mit Niedriglohn-Konkurrenz in Asien etc. konfrontiert. Also versucht sie, auch die Löhne in Europa auf dieses Niveau zu drücken. Deshalb ergibt die Migration - gar noch beschränkt durch Nützlichkeitskriterien, Stichwort "Facharbeiter" - vielleicht für jene Unternehmen Sinn, denen es nützt. Aber nicht für die Länder, aus denen die Migranten kommen, und jene, in die sie einwandern.





*211118*