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Sonntag, 13. Mai 2018

Ein Hilferuf der Laien

Natürlich ist es ein Hilfeschrei, den die bayrischen Politiker da ausgestoßen haben, indem sie die (neuerliche) Anbringung von Kreuzen in sämtlichen Amtsstuben und öffentlichen Einrichtungen beschlossen haben. Der so wie die Kreuze, die da bald überall wieder prangen sollen, ein wenig in der Luft hängt. Denn was die Kirche selbst davon hält haben die deutschen Bischöfe (allen voran der Münchner Kardinal Marx) auf erschreckende Weise klargemacht. Diesen Kreuzen fehlt also der Boden - die Kirche.

Nicht aber den Bürgern. Und wir wollen hier nicht von allen möglichen sonstigen Signalen (vor allem in Zusammenhang mit der Zuwanderung) sprechen, die mit dieser Geste verbunden sind. Wir wollen uns nur auf jenen Aspekt beschränken, der uns am wichtigsten scheint. Und den man, ob bewußt oder nicht ist hier gleichgültig, auf jeden Fall damit aufrührt.

Denn selbst wenn die Bayern es nicht wissen, so ahnen sie offenbar zumindest, daß ihr Leben ohne Fundament ins Chaos abdriftet. Und das wollen sie nicht. Instinktiv greifen sie deshalb die Zusammenhänge auf, die zwischen Religion und einem ruhigen, friedlichen Leben des Gemeinwohls bestehen. Zumal es nicht so ist, wie heute gerne behauptet wird, daß der Wohlstand zuerst es ist, der Ordnung braucht um sich zu erhalten, sondern umgekehrt: Es ist die Ordnung, die den Wohlstand bringt und dann trägt. 

Und diese Ordnung kann nur die Religion, ja kann eigentlich nur das Christentum geben. Denn der Katholizismus - wenn man denn von Religion bei ihm sprechen möchte - zielt auf die Natur der Dinge ab. Damit gibt er die Möglichkeit, die Welt mit der Vernunft (und dessen seiner Ebene, dem Verstand) zu verstehen und zu begreifen. Darauf konnte jene Wissenschaft, weil jener Arbeits- und Weltbegegnungs-Ethos aufbauen, die es gerade den südlichen Völkern Deutschlands ermöglichten, Dinge zu schaffen, die das Antlitz der Welt zu einem immer feiner verzierten, immer komplexeren, immer farbenfroheren Girlandentanz machen. Der beispielhaft im "Pfeiferlbarock" der Bayern immer noch so präsent ist. Auch wenn er seither zunehmend verwelkt und das heutige Bayern oft eher einer Anstalt von Leichenfledderern gleicht, die aus Särgen Türme bauen.

Die man dann gemeiniglich als Wohlstand, als Wohlleben bezeichnet. Wobei alles das in Wahrheit Relikt, noch nicht in allem tote Präsenz eines hohen Grades von Kultur ist. Und Kultur ist ein Grad der Ordnung. Ordnung aber kann nur eine Natur geben (weil vorgeben), deren Eigenschaften ihre unverzichtbare Relevanz deshalb haben, weil sie aus der Hand eines absoluten Schöpfergottes kommen. Ein Kreuz an der Wand ist also ein Hinweis, daß ein Ort, ein Raum unter die Ordnung der letztlich siegenden Vernunft gestellt wird. Und DAS macht das Kreuz so wichtig: Als liebevolles Zeichen der Hoffnung, des Vertrauens in die Vernunft, und als Zuspruch, wieder und wieder das täglich andrängende Chaos zur Welt zu ordnen.

Deshalb ist es auch immer eine Lüge gewesen, die Kreuze der (vor allem muslimischen) Zuwanderer wegen abzuhängen. Wie sollen die dann begreifen, was ein Land in einen solchen Wohlstand gehoben hat, daß es der ganzen Welt jetzt so begehrenswert vorkommt? Nein, eben nicht, weil Gott Abrakadabra die Wunschzettel erfüllt hat. Selbst wenn man berücksichtigt, daß sich letztlich alles Gelingen Gott verdankt. Sondern weil IN Jesus Christus jene Wahrheit Fleisch wurde, an der im Kult ein Volk teilhatte, das solcherart durchformt eine so großartige Welt aufbauen konnte.*

Die Wiederanbringung - denn von einer solchen muß man meist sprechen - von Kreuzen durch die Politik (sic!) ist dabei ein fast verzweifelter Versuch von Laien, wieder jene Vernunftbasis ihres Lebens zu etablieren, zu stärken, der sie alles verdanken. Und die heute (wobei: im Grunde täglich, seit je) so besonders bedroht scheint. Es ist der Versuch, eine - unsere - Religion in ihrer kulturbildenden und -erhaltenden Kraft wieder in die Welt zu heben. Die ja die Kirche selbst schon aufgegeben zu haben scheint, noch mehr aber den Menschen vorenthält, wenn nicht sogar entzieht.**  Indem sie nämlich Kult (als Maßstab wie Wirkebene des Glaubens, der Wahrheit, die welttragende Gestalt weil Person ist) hier, Vernunft dort, auseinanderreißt und damit die Freiheit zerstört. Dieselbe Freiheit, die sie einmal ins Land brachte, worauf dieses durch die Menschen aufblühen konnte.

Mehr als ein Anfang kann das, was Bayern nun vormacht, freilich nicht sein. Mehr als eine Bitte, ja eine Aufforderung an die Kirche, ihren Platz wieder einzunehmen, ihre Aufgabe wieder zu erfüllen, ist es nicht. Aber das ist es immerhin.



*Man muß es wieder und wieder betonen: Über eine Wirtschaftsentwicklung Afrikas (beziehungsweise anderer Gegenden der Welt) als angeblicher Schlüssel zum Stop der Zuwanderung nach Europa nachzudenken ohne zu begreifen, daß ZUERST eine MISSIONIERUNG notwendig, ja unverzichtbar wäre, ist ein völlig sinnloses Unterfangen, das nur nächste Milliarden und Abermilliarden verschlingen wird, ohne daß das gewünschte Ergebnis jemals eintritt. Wohlstand, Wohlleben, Gemeinwohl ist NICHT zuerst eine Frage von "Ausbildung" oder der Ausstattung mit Maschinen und Infrastruktur (die auch eine Maschine ist), sondern ZUERST eine Frage der Sittlichkeit, der seelischen Formung als Tugendhaltung, die erst ein Zugehen auf die Welt bedeutet. DANN erst werden alle anderen Dinge - im Maß des Wachstums der Sittlichkeit, gewissermaßen - sinnvoll.

Das gibt dem Anbringen der Kreuze in Bayerns Amtsstuben noch eine weitere Bedeutung: Es ist das richtige Ahnen, daß unser Wohlstand heute durch den fast schon allgemeinen Atheismus und Glaubenslosigkeit bedroht ist, denn das ist der Fall. Es ist somit auch ein Versuch, diesem drohenden Absturz zu begegnen.

**Neuerdings wurden sogar an der theologischen Fakultät in Wien die Kreuze abgenommen. Was für ein Begriff von Theologie steht aber hinter einer Theologie - einem Sprechen von Gott - die sich nicht mehr als betende Theologie begreift? Von welcher Empirie, von welchem Erfahrungsgegenstand will diese dann ausgehen? Dabei wäre das sogar das wissenschaftliche Prinzip, demgemäß nämlich die Methode dem Gegenstand entsprechen muß. Ohne Heiligen Geist läßt sich also Theologie gar nicht betreiben. Eine solche Theologie kann Gott nur in der Welthaftigkeit auflösen. Theologie ohne Frömmigkeit ist somit die seltsame Reduktion auf eine Welt, in der Gott offenbar schon ganz aufgegangen ist. Das ist ein Widerspruch in sich. Deshalb muß ein Raum, in dem Theologie vorgetragen wird, auch ein "Heiliger Raum" sein. Und das ist er nur durch konkrete, äußere Zeichen.





*030518*