Eine flammende Rede, die Willy Wimmer, seines Zeichens Staatssekretär
der CDU im Außenamt unter Helmut Kohl, Ende April 2018 hielt. Und die
die fünfzig Minuten wert ist, sie ist sehr gehaltvoll. Wimmer kommt dabei
auf einen interessanten Punkt: Daß Deutschland politisch so schwach
geführt wird, daß es auf eine Situation zusteuert, die Kriege anderer
auszufechten. Die Anzeichen sieht er in den Vorgängen rund um Trump und
Macron, die in seinen Augen vierzig Jahre Freundschaft zwischen Deutschland
und Frankreich auslöschen. Wimmer spricht von einer "Wiederkehr der
Hasardeure", einer Situation ähnlich wie vor 1914.
Dazu
noch Großbritannien, das eigentlich nächstes Jahr seine Truppen aus
Deutschland abziehen müßte - und das nicht will. Das sei ein Teil des
Hintergrunds im Fall Skripal! Heute sind die wirklichen Feinde nicht
mehr die Feinde, sondern die Freunde. Es findet derzeit ein Ringen um
die deutsche Seele statt - Deutschland zum Kriegsfeld im Kampf der USA
gegen Rußland vorbereitet. Vielleicht um es in vierzig Einzelstaaten zu
zerschlagen. Denn es fehlt eigentlich nur noch, daß der Westen die
Panzermotoren startet.
Während sich Deutschland seinen
eigentlichen Verbündeten - Staaten wie Polen oder Ungarn - wie ein
Gutsherr in Altbrandenburg begegnet, und sie mit der Knute züchtigt,
weil sie sich der Unrechtssituation, die in Deutschland herrscht, nicht
fügen wollen. Und sie damit gegen sich aufbringt. Den deutschen Bürgern
ist das vielfach nicht klar, weil sie seit langem nicht so sehr falsch,
sondern gar nicht informiert werden. Denn das Desaster der Medien ist
eines der Weglassungen.
Interessant auch, was er über
die USA erzählt. Noch lange vor den letzten Wahlen, die Trump nach oben
brachten, habe es Beratungen gegeben, was man tue, weil die Wut unter
den Bürgern so groß ist. Die Leute wollten es nicht mehr hinnehmen, daß
Massen an Zinksärgen in die Gemeinden gebracht werden, daß Millionen
Arbeitsplätze abwandern, daß die Infrastruktur zusammenbricht. Gleichzeitig stieg der Antisemitismus auf neue Höhen. Es roch nach
Revolution. Diese Wut hat Trump kanalisiert. Darüber hat sogar vier bis acht Wochen nach der Wahl CNN ganz offen berichtet. Nun steht Trump vor der
Situation, völlig umgeben von einem Washingtoner Establishment, gegen
das er angetreten war, überhaupt einen Ausweg zu finden. Auf wen soll er
sich verlassen? Die ständigen Personalwechsel seines Teams zeigen das.
Und
dann hat er noch einen mächtigen Feind: BBC. Die ihn seit er im Amt ist
mit Schmutzkübeln überschüttet. In grotesker Umkehrung dessen, was
zuvor geschah, wo Putin der Gottseibeiuns war. Dahinter steht die NATO.
Und von dort geht direkt die Verbindung zum Kanzleramt in Berlin. Wo wir
erleben, so Wimmer, daß sich die USA offensichtlich ganz eigene
Vorstellungen von Europa nach dem Fall des Eisernen Vorhangs gemacht
hat. Und zieht es durch.
Die soziale Marktwirtschaft
wurde nur so lange geduldet, als es den Eisernen Vorhang und die DDR
noch gab. Sie wurde aber ab 1992 durch "shareholder-value" abgelöst.
Durch den Verzicht auf Einflußnahme auf Betriebe durch radikale
Privatisierungen wurde unser Leben radikal geändert. Es wird heute von
den Kuponschneidern (Anm.: Man beanspruchte früher Dividenden durch
Kuponbögen, die es pro Aktie gab, und von denen man jährlich einen Kupon
abschnitt und einlöste) in New York und Los Angeles. Damit hat sich das
Interesse weg vom Gemeinwohl hin zu persönlichen Gewinninteressen
verlagert. Mit dem Erklärbüro in Gütersloh (Anm.: Wo der Medienkonzern
Bertelsmann mit seiner Bertelsmann-Stiftung sitzt, die den Deutschen
erklärt, "was zu denken ist", und warum globaler Kapitalismus gut sei.)
Einzig die Wasserwerke halten da noch eine letzte Front. Wer aber
vertritt noch nationale Interessen?
Mit dem Übergang
von Bonn nach Berlin hat sich das Klima in Deutschland schlagartig
geändert. Der entscheidende Punkt war die Unterzeichnung der
Maastrichter Verträge 1992. Damit wurden 80 Prozent der nationalen Kompetenzen
auf Brüssel übertragen, und 20 Prozent auf Berlin. Sowohl in Brüssel wie auch
in Berlin war dasselbe: Ab nun wurde die Politik den
Lobbyorganisationen zum Fraß vorgeworfen. Seither braucht man keinen
"Staatsbürger" mehr. Denn der Einfluß liegt durch die Umgestaltung auf
technische Vorgänge, der mit dem Umzug erfolgt ist, in den Händen von
Lobbys und Regierungen. Während in Bonn die Politik noch in gewachsene
Strukturen eingebettet und mit dem Volk verbunden war. Bürger sind nur
noch technische Faktoren, Momente einer Maschine.
Morgen Teil 2)
*160518*