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Sonntag, 27. Mai 2018

Warum sich Deutschland so verändert hat (1)

Eine flammende Rede, die Willy Wimmer, seines Zeichens Staatssekretär der CDU im Außenamt unter Helmut Kohl, Ende April 2018 hielt. Und die die fünfzig Minuten wert ist, sie ist sehr gehaltvoll. Wimmer kommt dabei auf einen interessanten Punkt: Daß Deutschland politisch so schwach geführt wird, daß es auf eine Situation zusteuert, die Kriege anderer auszufechten. Die Anzeichen sieht er in den Vorgängen rund um Trump und Macron, die in seinen Augen vierzig Jahre Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich auslöschen. Wimmer spricht von einer "Wiederkehr der Hasardeure", einer Situation ähnlich wie vor 1914.

Dazu noch Großbritannien, das eigentlich nächstes Jahr seine Truppen aus Deutschland abziehen müßte - und das nicht will. Das sei ein Teil des Hintergrunds im Fall Skripal! Heute sind die wirklichen Feinde nicht mehr die Feinde, sondern die Freunde. Es findet derzeit ein Ringen um die deutsche Seele statt - Deutschland zum Kriegsfeld im Kampf der USA gegen Rußland vorbereitet. Vielleicht um es in vierzig Einzelstaaten zu zerschlagen. Denn es fehlt eigentlich nur noch, daß der Westen die Panzermotoren startet.

Während sich Deutschland seinen eigentlichen Verbündeten - Staaten wie Polen oder Ungarn - wie ein Gutsherr in Altbrandenburg begegnet, und sie mit der Knute züchtigt, weil sie sich der Unrechtssituation, die in Deutschland herrscht, nicht fügen wollen. Und sie damit gegen sich aufbringt. Den deutschen Bürgern ist das vielfach nicht klar, weil sie seit langem nicht so sehr falsch, sondern gar nicht informiert werden. Denn das Desaster der Medien ist eines der Weglassungen.

Interessant auch, was er über die USA erzählt. Noch lange vor den letzten Wahlen, die Trump nach oben brachten, habe es Beratungen gegeben, was man tue, weil die Wut unter den Bürgern so groß ist. Die Leute wollten es nicht mehr hinnehmen, daß Massen an Zinksärgen in die Gemeinden gebracht werden, daß Millionen Arbeitsplätze abwandern, daß die Infrastruktur zusammenbricht. Gleichzeitig stieg der Antisemitismus auf neue Höhen. Es roch nach Revolution. Diese Wut hat Trump kanalisiert. Darüber hat sogar vier bis acht Wochen nach der Wahl CNN ganz offen berichtet. Nun steht Trump vor der Situation, völlig umgeben von einem Washingtoner Establishment, gegen das er angetreten war, überhaupt einen Ausweg zu finden. Auf wen soll er sich verlassen? Die ständigen Personalwechsel seines Teams zeigen das.

Und dann hat er noch einen mächtigen Feind: BBC. Die ihn seit er im Amt ist mit Schmutzkübeln überschüttet. In grotesker Umkehrung dessen, was zuvor geschah, wo Putin der Gottseibeiuns war. Dahinter steht die NATO. Und von dort geht direkt die Verbindung zum Kanzleramt in Berlin. Wo wir erleben, so Wimmer, daß sich die USA offensichtlich ganz eigene Vorstellungen von Europa nach dem Fall des Eisernen Vorhangs gemacht hat. Und zieht es durch.

Die soziale Marktwirtschaft wurde nur so lange geduldet, als es den Eisernen Vorhang und die DDR noch gab. Sie wurde aber ab 1992 durch "shareholder-value" abgelöst. Durch den Verzicht auf Einflußnahme auf Betriebe durch radikale Privatisierungen wurde unser Leben radikal geändert. Es wird heute von den Kuponschneidern (Anm.: Man beanspruchte früher Dividenden durch Kuponbögen, die es pro Aktie gab, und von denen man jährlich einen Kupon abschnitt und einlöste) in New York und Los Angeles. Damit hat sich das Interesse weg vom Gemeinwohl hin zu persönlichen Gewinninteressen verlagert. Mit dem Erklärbüro in Gütersloh (Anm.: Wo der Medienkonzern Bertelsmann mit seiner Bertelsmann-Stiftung sitzt, die den Deutschen erklärt, "was zu denken ist", und warum globaler Kapitalismus gut sei.) Einzig die Wasserwerke halten da noch eine letzte Front. Wer aber vertritt noch nationale Interessen?

Mit dem Übergang von Bonn nach Berlin hat sich das Klima in Deutschland schlagartig geändert. Der entscheidende Punkt war die Unterzeichnung der Maastrichter Verträge 1992. Damit wurden 80 Prozent der nationalen Kompetenzen auf Brüssel übertragen, und 20 Prozent auf Berlin. Sowohl in Brüssel wie auch in Berlin war dasselbe: Ab nun wurde die Politik den Lobbyorganisationen zum Fraß vorgeworfen. Seither braucht man keinen "Staatsbürger" mehr. Denn der Einfluß liegt durch die Umgestaltung auf technische Vorgänge, der mit dem Umzug erfolgt ist, in den Händen von Lobbys und Regierungen. Während in Bonn die Politik noch in gewachsene Strukturen eingebettet und mit dem Volk verbunden war. Bürger sind nur noch technische Faktoren, Momente einer Maschine.


Morgen Teil 2)






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